sich im Hause vorfinden würden. Zn der Tbat stand in einem i Zimmer auch ein einfacher Sarg bereit, ein schwarzes Babr- > luch lag gleichfalls in Bereilschast, und sogar die Veranstaltung des Leichenschmauses war gewissenhaft Vorsorge getroffen worden, l Auch die üblichen Wachskerzen batte der vorsichtige Feuerwerker ' nicht vergessen — es fände» sich ihrer zwanzig von vorzüglichster ! Qualität in einer Cvmmobe des seltsamen Erblassers. Tie I höchste Ueberraichung war jedoch den Tbeilnehmcrn deS Leichen. I degängnisseS für die kirchlichen Ceremonien bei der Einsegnung Vorbehalten. Es ward die Tedlenmeffe gelesen, und die düsteren Grabgesänge erschallten im Ebore. als plötzlich ein lautes Krachen und Knalle» um de» Katafalk die Anwesenden in Aufregung setzte. Sämmtliche Wachskerzen waren unter heftigem Geräusch kMlodirt, und ein feuriger Funkenrege», der ihnen immer starker und stärker cntsprnhle, brachte eine unbeschreibliche Verwirrung in der Kirche hervor. Doch berubigte» sich die Gemüther bald wieder, denn da« unvermuthete Feuerwerk war zu Ende, und man konnte trotz deS ansgestandeiiku Schreckens und der Würde des Ortes sich eines lauten Ausbruches der Heiterkeit über den Mann nicht erwehre», der die künstlerische Eitelkeit so wei, getrieben, seine Freunde noch nach dem Tode durch einen eklatanten pyrotechnischen Streich zu verblüffe». Da plötzlich knallte die letzte Kerze, welche sich bisher in bescheidenes Schweigen gehüllt, mit verdoppelter Gewalt los und entwickelte ein prachtvolles Feucr- Farbtiisplel, das zur grossen Verwunderung der Anwesenden einige Minuten andauerke. Es war das die Schlnßfrvnte, und wahrscheinlich hatte der ehrgeizige Pylrolechniker cS ans seinem Todrcn- bette nicht wenig bedauert, bei diesem brillanten Knalleffekt kein enthusiastisches „Bravo! Supeibe! ' mehr vernebmc» zu können.
Was für Scheusale bringt die Natur hervor! In einem Hause in Turin hatten die Nachbarn schon längst das klägliche Wimmern eines mehrjährigen Kindes vernommen. Das dort wohnende Weib, damit wir nicht de» Namen Mutter entweihe», hatte diesen armen Wurm vor sich unter dem Tisch, um bei der geringsten Bewegung das ziisammengekrümntte Kind mit Fußtritten zu behandeln. Die gräuzenlose Vernachlässigung in allen Lebensbedürfnisse» ist nicht zu beschreiben. Als die Behörde sich von dem Tbatbestand überzeuge» wollte, bot sich ihr in der Wohnung dieser Megäre ein ei schrecklicher Anblick dar. Das gewaltsam verthierte krüppelhafte Kind wurde aufgefunde», wie es — von der Mutter genöthigk — Menschenkolb verschlang! —
Die Redensart: Ungarn erstickt in seinem Fette! ist Heuer nicht ganz unwahr. In manchen Gegenden werde» die Schweine mit Getreide gefüttert, weil es nickt verkauft werden kann, d. h. weil Elsenbahneu re. zum Transporte fehlen.
Der Delinquent.
-Fortsetzung.)
Als Marie am vorige» Abend aus ihrer Ohnmacht erwachte, war ihre erste Frage nach dem Geliebten.
„Mein Gott! rief sie vcrzweiflungsvoll, ist es denn auch wahr? Ist er wirklich in de» Händen der Franzosen? Sie werden ihn ganz sicher erschießen, ja, ja, sie werden mir ihn nicht wieder geben. Ach, Vater, rettet — helft
So schrie und bat sie in einemfort, dis ihr der Vater gelobte, alles daran zu wende», um Heinrich zu befreien, und sollte sein ganzes Vermöge» darauf gehen.
„Glaube mir, mein Kind, sagte er, nickt ich allein werde mich für ihn verwenden. Heinrich hat noch mehr gute Freunde."
Bei diesen Worten richtete sich Marie wie neu belebt auf. Ihre Angen strahlten einen Moment vor Freude und das hastige Wesen, womit sie sich auzukleiden begann, zeigte von einem plötzlich gefaßten Entschlüsse.
„Ja, Vater, rief sie dem Erstaunten zu, seine Freunde sollen ihn retten, sicherer retten, als es durch Worte und Anerbietungen geschehen kann."
Damit eilte sie ohne ein Wort mehr zu sagen fort.
Hold schüttelte bedenklich den Kopf und, dem wahrscheinlich romanhaften Einfälle seiner Tochter keinen besondern Erfolg zutrauend, begab er sich zum Bürgermeister Ferling.
Wie wir schon wissen» waren die gemeinschaftlichen Schritte beim General fruchtlos.
DaS Mädchen aber eilte beflügelten Schrittes der Draustraße
zu und überraschte den jungen Stander, als er eben ausgehen wollte.
Bon der Freundschaft desselben für ihren Geliebte», von dessen jugendlichem Mnihe glauote sie sich viel mehr versprechen zu können, als von dem gewöhnlichen Wege der Bitte». Sie war überzeugt, daß Siander jedes noch fo gewagte Unternehmen mit Vergnügen ergreifen werde, um seinen Freund Kn»; zu retten.
Zudem wußte sie auch, daß ihm im Falle der Noch stets eine gehörige Anzahl von tüchtigen und verw genen Männern zu Gebote stand, mit deren Hilfe ec de» Feinden schon bei früheren Gelegenheiten manchen tollen Streich gespielt hat.
Der junge Mann war über die Neuigkeit, daß Heinrich gefangen, erst ganz außer sich, dann aber brach er in eine solche W»lh gegen de» rothen Fritz wie auch gegen die Franzosen a»S, daß es Marien »nr >nit vieler Mühe gelang, ihn z» ruhigerer Ueberlegung zn bewegen.
Er schwur hoch und thener, de» Schurken von einem Ber-
- räkher diese Thal furchtbar büßen zn lassen, wenn ihm anders gelingt, ihn in seine Hände zn bekommen — feinen Freund aber mitten ans de» Schaa-en der Feinde gewaltsam heranSznreissen oder mit ibm sterben zu wollen.
Nachdem er etwas ruhiger geworden, fing er an, auch auf das wie und wann zn denken.
Vor allem aber begleitete er Marie wieder nach Hanse. Er versprach ihr dabei, in jedem Falle noch während der Nacht in ihr Hans zu komme», um das Nähere mikzutheil-n, und, wenn es erforderlich wäre, ihre Mikbüfe in Anspruch zn nehmen.
Man kann sich leicht denken, daß Marie kein Auge schloss. Sic legte sich auch gar nicht nieder »nd blieb angekleidet, wie sie war.
Ein Dienstmädchen leistete ihr Gesellschaft und stand abwechselnd mit der Herrin am Fenster, um den Erwarteten sogleich cin- lassen zn können.
Ewig lang währte die Nacht, die Angst Mariens wurde immer größer, je mehr es dem Morgen zuging und Stander noch immer nickt z» sehen war.
Endlich kam der so heiss Ersehnte.
Er Ibeüle der Hockaufhorchenden den ganze» Pia» mit, den er während der Nackt mit seinen Freunden vorbereitet batte.
> „Heinrich aus dem Kerker heraus z» betreuen, wäre eine Unmöglichkeit, iheils wegen der festen Maneen und Gitter, theils
- weil die vielen Wachen zu sehr aus ihrer Hut wären. Zur List j zu greisen, sei es zu spät, und so bliebe nichts übrig, als gegen
^ die Franzose» eine» kleinen Gewallstreich zn führen und im An- ! genblicke der Uebecraschung den Delinquenten vom Richlplatze weg zn entführen."
„Damit Letzterer auch sogleich in den Plan eingehen könne, müßte er davon denachnchiigl werde». Alles hing ja davon ab, daß der rechte Augenblick nicht versäumt werde."
Nachdem Marie in Kürze das Briefchen geschrieben, beeilte sie sich, mit Stander sorlzukoinmen.
Sie musste persönlich den Soldaten um Uebergabe des Schreibens bitten — da derselbe durch einen Mann sich schwerlich zur Uebcrtrctung seiner Dienstespflicht würde verleiten lassen.
Den süßen Tönen seiner Muttersprache in dem fernen feind- lichcn Lande, aus dem Munde eines schönen Kindes — so wie dem Liebesschmerz, der ans deS Mädchens Gesicht deutlich ausgedrückt war — konnte der Franzose nicht widerstehen.
Während er aber mit dem Mädchen sprach und den Brief mittels seines Bajonetts dem Gefangenen hinaiisreichte, übersah er, wie von der entgegengesetzte» Seite ein junges Bürschchen daher swlich, an der bewussten Pforte des Kasernenhofes mit einem Stückchen Wachs einen Abdruck des Schlüsselloches nahm und eben so schnell wieder verschwand.
Fortsetzung folgt.
Ein Müsterchen deutscher Orthographie: Ein uns zu Gesicht gekommener Liebesbrief schließt: allein ich versichere sie hoch und t Heuer sollange in meinen Puzen einen Blutztrofen schlägt daß ich sie nicht verlaßen werce rc.
Auflösung des Räthsels in Nro. 84: Leder.
Druck UN» Vertag der G. W. Za Ist r'scheu Buchhandlung. Redatil'au: Hö lzle.