Zeichen der Annäherung zwischen den beiden Kabinetten zn er­zielen. Viele Wege führen nach Nizza, nich! dies der über Lyon.

Newyork, 24. Sept. General Lhermann verfolgte den General Early bis Slraßbnrg, schlug ihn bei FishecSbill und er­beutete 16 Kanonen. Die Verfolgung dauert fvit. Es heißt, bei Petersburg finde eine Schlacht statt. Die Friedendemokraten sind zur Unterstützung Mac-Clellaus entschlossen. (T. d. St -A.)

Der Delinquent.

Erzählung aus rem Jahr 1809 von Jvh. Pinterich.

Es war am 23. Mai des verhänguißvolleu Jahres 1809, als sich in der an der Drau in Unlersteierniark gelegenen Stadt Marburg die Nachricht verbreitete, daß die Franzosen abermals im Anrücken seien und wahrscheinlich schon den nächsten Tag den während den lange» KriegSjahre» ohnehin sehr hart mitgenom­menen Bewohnern einen Besuch machen dürste».

Man kannte bereits von früher her diese schlimmen Gäste, die allgemeine Bestürzung war daher um so größer, als noch vor wenigen Tagen die günstigen Nachrichten über Oestreichs Waffen- thaten einliefen, und ganze Transporte französischer Gefangenen durch die Stadt geführt wurden denen gegenüber sich das Volk gleichsam zum Hohne einer maßlose» Freude überließ.

Kein Wunder also, daß sich trotz des heiteren Abends die sonst so lebenslustigen Mardnrger zeitlicher als je in ihre Woh­nungen zurückzvgeu. Jeder wollte noch für alle möglichen Fälle sein Haus bestellen, wollte »ach Thunlicbkeit sein besseres Habe beiseite schassen und zugleich die unerläßlichsteu Vorkehrungen zu einer guten Bewirthnug der feindlichen Einquartierung treffen; wodurch allein dem Uebermuthe der siegestrunkenen Franzosen einigermaßen Schranken gesetzt werden konnte.

Nur in der beliebten Leberschen Bürgerschenke in der Dran- straße saßen noch zahlreiche Gälte, obschon am Rathhansthurme bereits die cilfte Nachtstunde geschlagen.

Doch herrschte auch hier nicht die gewöhnliche frohe Wein- lanne. Tie Gesichter der alten Burger waren in gar düstere Falten gezogen, die der jüngeren drohend und herausfordernd, und auch die lauteste» Wortführer waren heule verstummt. Keiner getraute sich recht, seinem Unmnthe freien Lauf zn lassen; obwohl man eS jedem leicht ansah, daß er nur auf eine Anregung von Seite seines Nachbars warte, um mit einer Fluth von Verwün­schungen über die ungebetenen Gäste herzufallen.

Es schien gerade, als seien selbe bereits inner den Mauern der Stadt, und hätten ihre Spione auch hieher gesendet. Wußten ja alle recht gut, wie leicht ein einziges Wort Hab und Gut, wenn nicht gar das Leben bewirkt.

Ein anderes Gespräch aber in Gang zn bringen, war ge­radezu unmöglich. Aller Gedanken vereinigten sich aus einem Pnnke. Aller Sinn war auf den morgigen Tag gerichtet.

So saßen sie den ganzen Abend verdrießlich und meistens stumm da, und konnten sich doch wieder nicht entschließe», nach Hanse zu geben. Dort waren sie ja allein mit ihrer Sorge, mit ihren Befürchtungen, während sie hier beim Anblicke so vieler Leidensgenossen gewissermaßen Trost fanden.

Auf einmal kam über die ganze Gesellschaft neues Leben bei dem Eintritt eines »nerwartelen Gastes.

ES war dies ein großer schlanker Mann von höchstens vier- unduvanzig Jahren, in der Tracht der Bauern; kurze Hosen und Jacke anS grauem Loden, grüne Strümpfe, hohe Bundschuhe und einen breikrändigen grünen Hut auf dem Kopfe. Die fei­nen, regelmäßigen Gesichtszüge, wie die kleinen weißen Hände wollten jedoch nicht recht zu dem groben Anzüge passen, und verriethen gleich den gebildeten Städter, um so mehr, als der­selbe sich in dieser Gesellschaft kcinen Zwang im Benehmen an- zulhnn für »ötbig hielt.

Heinrich Kunz'" rief es von allen Seiten und ein Dutzend Hände streckten sich den seinigeu entgegen. Den freudigsten Ein­druck aber machte sein Kommen auf einen der jüngeren Gäste, auf Len Lederer Stander, welcher ihm jubelnd au den Hals flog, ihn herzte und küßte, als wenn er ihn eine Ewigkeit nicht gesehen.

Aber lieber Freund", fragte dieser,wie kommst denn Tu »ach Marburg, und in der Verkleidung? Wir glaubten Dich Gott weiß wo bei unfern Freiwilligen!"

Laßt mich doch vorerst ein wenig erholen und meine auS- getrocknete Kehle mit einem Glase Lnlhenbergcr anscuchten, dann

will ich euch gerne meine Abenteuer zum Besten geben", erwiderte Heinrich, und nahm gleich das erste beste Glas von den vielen, die ihm angeboten wurden.

Nachdem er sich gesetzt und gehörig erfrischt hatte, begann ec seine» Bericht, dem man allerseits mit der größten Spannung enlgegensah.

AtS sich unsere Truppen vor dem nachdrängenden Feinde znnickzvgen und an das rechte Drannser warfen, lag ich in Kla- gensurt an einer leichten Slreisschnßwnnbe, welche, so unbedeu­tend sie auch war, mich doch einige Tage an das Bett fesselte. Während dem waren die Franzosen bis weit über Mahrenberg herabgerückt, und, ich war mit noch mehreren unserer brave» Landwehr vom Vaterland«: sowohl als auch von unserem Korps abgeschnikten.

Unter meinen Schicksalsgenossen hatte ich es am besten. Ich war durch unser» edlen Kommandanten Grasen Thnrn an den dortigen Bürgermeister anempsohlen, welcher mich auch glück­lich von der Gefangenschaft rettete, indem er mich mit Eivilkiei- dern versah und als seinen Sekretär ansgab.

Vor drei Tagen ließ mich mein zeitweiliger Vorgesetzter noch Abends um 10 Uhr rnfen und vertrante mir, daß er brin­gend eines Bolen benöthige, welcher eS übernehme, nach Mar­burg mit einer höchst wichtigen Mittheilung sich dnrchznschlagen. Da ich vollkommen bergcstellt sei und mich wahrscheinlich »ach meiner Vaterstadt sehne, so wählte er mich dazu indem er mir wie der Herr Gras vollkommenes Vertrauen schenke.

Ihr könnt euch leicht verstellen, wie begierig ich diese Ge­legenheit ergriff, mein liebes Marburg wieder zn sehen. Der gute Bürgermeister versah mich mit dieser Bauerntraebk, mit hin­länglichem Gelbe, und übergab mir die Schreiben mit dem Be­deuten, noch in der Nacht nuszubrechen.

Ich mußte mich stundenlang abseits in den Bergen verbor- gen Hallen, wenn gerade größere Abtheilnngen der Franzosen in Bewegung waren mußte, trotz dem Gelbe, das ich bei mir trug, diese zwei Tage hindurch Hunger und Durst leiden weil ich mich nicht in allzu große Nabe der Feinde wagte und nur durch Berg und Wald meinen Weg sortsetzte.

Tie einzelnen Slreifwachen, denen ich begegnete, gelang es mir, durch meine Rolle als Bauer zu lauschen und ich kam so glücklich bis Zellnitz. Da erhielt ich bei einem Winzer zuerst wieder etwas zn essen und einen ordentlichen Krug Wein, wor­auf ich mich ein paar Stunden anSrnhle.

Da ich von dem Manne erfahren, daß die Franzosen noch nicht weiter als bis Zellnitz gerückt seien, und auch schon zn dämmern anfiug, wie ich von ihm anfbrach, so vergaß ick meine frühere Vorsicht und begab mich um den Ort herum auf die Fahrstraße, um schneller Marburg zu erreichen.

Ich war jedoch kaum eine halbe Stunde marschirt, als mir plötzlich eine französische Streifpatronille zu Pferde enlgegenkam. Zur Flucht mar es zn spät, sie waren beritten, ick aber zu Fuß, zudem hatten sie Waffen, ich keine. Es blieb mir also nichts übrig, als mich wieder mit der Rolle eines Bauers zn behelfen.

Aber ich hatte es dicßmal mit einer weit feineren Spürnase zn thnn, als früher. Der Ofstger ließ sich durch meine zur Schau getragene Blödigkeit nicht täuschen. Auf die Versicherung, ick sei nur ein armer Bauer, lächelte er boshaft und wies aus meine Hände. Daß ick es kurz sage, ich mußte mit der Patrouille rechts um und hart neben dem Pferde des Offiziers einher traben.

Es war mir allerdings nicht gar selig zu Mulde, als ich so statt gegen Marburg, wieder zurück nach Zellnitz mußte, und alle Augenblick vonSpion" undfnstlirt" hörte. Doch, so leicht wollte ich mich nicht fügen. Ich that zwar anscheinend willig, was man mir befahl, und wiedersetzie mich meiner Festhaltung nicht im mindesten. Diesem Umstande hakte ich es auch wahr­scheinlich zn verdanken, daß ich nicht gebunden wurde oder - glaubten sich meine Wächter, weil sie zn Pferde waren, ihrer Beute mehr als sicher, wenn sie mich nur in ihrer Mitte hatten genug ich hakte beschlossen, zu entfliehen, auf die Gefahr hin, bei dem Vorhaben zusammeugehaueu zu werden. Was hatte ich viel zu wagen. Die Franzosen machen mit uns nicht viel Feder­lesens also, so oder so, wen» es schon einmal gestorben sein muß! Uebrigens, vielleicht gelingt es. (Forts, f.j

Druck und Berlag der G. W. Zatser 'scheu Buchhandlung. RedaNto«: Hetzte.