nicht als Pathen zulassen. Man hat einen Tclegirten vorgeschlagen, welchen anzunehmcn der Erzbischof von Paris ermächtigt werden sollte. Der Prinz Napoleon will aber davon nichts hören.
London, 10. Nov. Bei dem gestrigen Lord-Mayor-Bankel erklärte Lord Palmcrston wiederholt, daß England sowohl Rußland als Amerika gegenüber neutral bleibe. In der polnischen Frage habe England seine Schuldigkeit gethan; in Amerika habe es versucht, durch freundliche Bermittlung Friede» zn stiften, es sei ihm dieses aber unmöglich gemacht worden.
Konstantinopel, 29. Okt. Fürst Cusa gedenkt, wn die Zukunft seiner Dynastie sicher zu stellen, da seine gegenwärtige Ehe kinderlos ist, sich von seiner Frau zu lcenucu. Eine neue Partie ist bereits beschlossen. Die Wahl fiel auf die Tochter des moldauischen Fürsten .Alexander Maronsi, Erb>u großer Güter, die vorderhand als Mitgift eine jährliche Rente von 20,000 öst- reichischen Dukaten bekommt. Als Entschädigung erhält die scheidende Fürstin Helene eine jährliche Rente von 10,000 Dukaten. Letztere ist bereits nach Paris abgereist. — In Montenegro herrscht Hungcrsnolh. Durch den letzten für Montenegro sehr unglücklichen Krieg ist die männliche Bevölkerung decimirt worden. Sehr wenige Felder wurden bestellt, die Saat gedieh nicht der heurigen großen Trockenheit halber. Ein Drittel der Bevölkerung ist gezwungen, auszuwandern, wahrscheinlich nach Serbien, da Fürst Nikolaus die Auswanderung in die Türkei oder nach Rußland seinem Volk untersagt hat.
Warschau, 5. Nov. Man schreibt der „N. A. Z." aus Warschau vom 4. d. M.: Die Polizei hat wieder eine geheime Druckerei entdeckt, in welcher sich eine große Anzahl revolutionärer Schriften, Publikationen und Journale befand. Von besonderer Wichtigkeit für die Beurtheilung der Mittel, mit denen die Aufstandspartei Europa täuscht, war die bei dieser Gelegenheit aufgefundenej, im Voraus angefcrtigte und vom 10. d. M. datirte Schilderung der Grausamkeiten, welche sich die russische» Soldaten besonders gegen Frauen in Folge des Verbots der Trauerkleider erlaubt hätten. Ein trefflicher Beitrag zur Lehre, wie heut zu Tage Politik nach Belieben gemacht und aus die Gefühlsnerven der Zcitungslescr spekulirt wird! Ich will Ihnen mit der Aufzählung aller in diesem Schriftstück notirten Grausamkeiten nicht lästig fallen; aber bi? Kategorie der Gewaltthaten schien darin so ziemlich erschöpft zu sein.
Newyork, 30. Okt. General Hoocker hat in der Nacht vom 29. aus 30. Okt. einen Angriff gemacht. Es erfolgte eine blutige Scklacht, welche von Mitternacht bis Morgens 7 Uhr währte. Die südstaatliche Armee wurde geschlagen und aus allen Stellungen geworfen.
Wohlthun trägt Zinse».
Erzählung vom Pflanzcnjäger.
Es war Winterzeit. De Straßen von A., einer Bergstadt in Thüringen, waren hie undi da mit Glatteis überzogen. Denn es hatte TageS zuvor geregnet und über Nacht gefroren. Die liebe Schuljugend hatte ihre innige Freude daran; und mancher Knabe, welcher eilen mußte, zum Anfang der Schulstunden noch zurechtzukommen, nahm sich vor, nach dem Schlüsse derselben Nachzuholen, was er jetzt nothged rungen versäumen mußte. Vorausgesetzt, daß ihm die liebe Sonne nicht einen Strich durch die Rechnung mache, indem sie das Eis schmelze oder doch seine glatte Oberfläche zerstöre. Aeltere Leute, Männer und Frauen, fanden dagegen das Glatteis,, dem sie. doch nicht überall auswei- chen konnten, da es hie und da die ganze Breite der Straßen einnahm, nicht nur höchst unbequem , sondern sogar gefährlich, und wünschten, daß die Sonne recht bald mit aller Macht darauf scheinen und es zerstören möge. Sie hätten es gern gesehen, wenn die Hausbesitzer vor ihren Hause rn Sand oder Asche gestreut hätten, um es unschädlich zu ma chen. Da aber die Polizei noch nicht auf diesen Gedanken gekom men war, und die Bürger die Mühe und Ausgaben scheuten, we »n sie ihnen nicht direkt anbesohlcn wurde» blieb es, wie so manches andere, ein frommer Wunsch, zu dessen Ausführung vor der Hand keine Aussicht war. Wäre einer der angeseheneren Väter der Stadt ausgeglitten und gefalle», so wäre es gewiß dazu gekommen- Das aber war Noch nicht geschehen, un d so den glcitlustigen Knaben die ihnen so liebe Hoffnung auf den Genuß einer flohen Eisfahrt ans glatten Stiefelsohlen erhalten worden >-- eine Hrfuiua, die in den
Schulstunde» hinter dem Rücken derzLehrer heute oft Gegenstand der Unterhaltung war.
Die Thurmuhr schlug eben eilf, da kam ein schon ältlicher etwas gebückt gehender Mann in abgetragener Kleidung die ziemlich abschüssige Straße herab. Vor einer besonders glatten Stelle angelangt, gerade der Stadtschule gegenüber, blieb er einen Augenblick stehen, und sah sich »m, ob er nichk irgendwo einen eisfreien Durchgang erspähen könne, wie der Missionar im grönländischen Weibcrboot, wenn er auf einer Bernfsfahrt plötzlich ein Feld von dicht znsammengesclftossenen, Treibeis vor sich sieht und der Steuermann ihm erklär!, daß der Weg völlig versperrt, nirgend offene» Fahrwasser zu sehen sei. Das Glatteis »ahm die ganze Breite der Straße ein: es blieb dem Man» nichts übrig, als entweder umzukehren oder den Gang übers Eis mit Vorsicht zn wagen. Er entschloß sich nach einigem Besinnen zu letzterem. Eben halte er die glatte Fläche betreten: da öffnete» sich die Thüren der Stadtschule, und die Hoffnung künftiger Zeile», die muntere Schaar der männlichen Schuljugend stürzte heraus, wie immer lärmend und fröhlich.- einmal, weil die Stunden deS e-Msitzens endlich vorüber wäre», sannnt der obligaten Angst vor des Lehrers Stock oder strafenden Worten, und dann wegen de» gehofften, im Stillen schon im Borans genossene» Vergnügens auf dem Eile. Während die lustigen Knaben sich drängte» und stießen, — denn jeder wollte gerne der erste sein — und dazu durcheinander sprachen und schrien, daß einer kaum sei» eigenes Wort verstehen konnte, wandte der alte, etwas griesgrämige Herr, den wir ans dem Eise verließen, das Hauvt »m, zn sehe», woher der ungewöhnliche Lärm komme, der sei» Ohr traf. Die Regel aber stand damals so fest, wie Jahrhunderte zuvor und noch heute, daß Niemand zweien Herren zugleich dienen kann, d. h. in diesem Falle, seine Neugierde befriedigen und zugleich vorflcbtiglich auf glattem Eise wandeln; während das Haupt einen Augenblick seiner Pflicht vergaß, des Leibes Lenker z» sein, glitt der unbeaufsichtigte Fuß ans, und der Mann thal einen schweren Fall, der ihn fast betäubte. Im nächste» Augenblick war die ganze Rotte mnthwilliger Knaben um ihn versammelt und lachte und schrie laut durch einander. Ist es doch eine bekannte Sache, daß wer den Schaden h..t, für den Spott nicht sorgen darf — wie betrübend auch die Wahrnehmung ist, zumal für de» Betreffenden. Zwar wollen wir zur Entschuldigung, wo nicht zur Ehrenrettung der Kn..ben annehmen, baß es ihnen nicht in den Sin» kam, der alte Herr könne sich Schade» gethan haben, und daß nur die Bewegungen, welche dem Falle unmittelbar vorausginge», das Umsichwerfen der Arme und Greife» nach einem Halte, da keiner war; das Hin- und Herrecken des ganzen Körpers, die angstvollen Mienen cs waren, welche ihre Lachlust rege gemacht hatten; indeß ihr lautes und anhaltendes Gelächter hatte doch für den armen Gefallenen, als er von seiner Betäubung bald wieder zn sich gekommen war, etwas rechr Verletzendes, was sich zeigte, als er die „dummen Jungen" mit Ernst und Eifer zu schellen begann. Daß er das in einem ihnen fremden und ungewohnten Dialekt that — denn er war ein Preuße und sprach wie ein ächkeS Berliner Stadtkind, — und daß er in seinem großen Eifer ein wenig ins Stottern gerieih, war eben nicht geeignet, ihre einmal angeregte Lachlust zu dämpfen. Jedem neu hervor- sprudelnden Scheltwort des noch immer auf dem Eise kauernden Mannes, der schon einige vergeblich Versuche gemacht hatte, sich aufzurichten, folgte ein neuer Ansbruch ihres Gelächters. Nur einer der Knaben, ein einziger, stimmte nicht mit ein; er rief vielmehr einigemale, so laut er konnte: Schweigt doch! — Schämt ihr euch denn nicht, des armen Mannes zn spotten? Pfui über euch!" Aber seine Worte verhallten ungehört, wenigstens unbe- achtet; nur der Gefallene schien sie zu bemerken. (Forts, f.)
Allerlei.
— In einem Privatbriefe aus Amerika warnt ein „Nagolder" seine Landsleute, sich durch die Vorspiegelung geheimer Agenten, daß Auswandernden 160 Morgen Feld fast unentgeltlich überlassen werden, sich ja nicht überreden zu lassen; denn dieses Glück werde nur denen zu Theil, die sogleich als amerikanische Bürger sich unter das Militär stccken und als Kanonenfutter, verwenden lassen.
Truck und Verlag der G. SL. Zaiser'schen Buchhandlung. Redaktion: Höljle.