Berlin, 12. Mai. Die Geschäftskommisston dcS Abgeord­netenhauses hatte das Staatsministerium zu ihrer heutigen Sitzung eingeladen. Herr v. Bismark hat daraus ablehnend geantwortet, auf sein heutiges Schreiben und die darin enthaltene Darlegung der Verhältnisse verweilend, welche einer Beteiligung an den Verhandlungen cntgegenstehen. Die sachliche Enlscheidung der Kommission ist unzweifelhaft.. Z.)

Berlin, 13. Mai. Die GeschäftsordnungSkommisston be­schloß einstimmig zu beantragen. DaS Hans wolle erkläre», 1) daß der Präsident jeden Redner, auch die Minister unterbrechen kann; 2) daß durch solche Unterbrechung das verfassungsmäßige Recht der Minister, jederzeit gehört zu werden, nicht beeinträch­tigt wird; 3) daß es hingegen verfassungswidrig ist, wenn die Minister ihre Gegenwart willkürlich von Vorbedingungen abhängig machen; 4) daß demnach das Haus sich nicht veranlaßt findet, aus das in dem Schreibe» des Ministers ansgesvrochene Verlan­gen einzngehe». Die Fortschrittspartei beschloß fast einstimmig die sofortige Einbringung einer Adresse über die Lage des Lan­des nach dem Virchow'scken, von Vertrauensmännern der beiden großen Fraktionen modistcirten, Entwurf. Das linke Centrum ist fast einstimmig gegen die sofortige Einbringung und will erst die schwebende OrdnungSfrage erledigen. Die Fortschrittspartei beharrt und hat den Adreßentwurf eingebracht.

Berlin, 15. Mai. Abgeordnetenhaus. Der Antrag der Geschäftskommission in Bezug auf das ministerielle Schreiben wurde mit 295 gegen 20 Stimmen angenommen. Die Minori­tät bilden die konservative und die katholische Fraktion, welche für vermittelndes Amendement des Abg. Reichcnsperger stimmen. Hr. Grabow will dem Ministerium bis Montag Zeit lasse», dann unter Mitiheilung des heutigen Beschlusses wiederzukommen er­suchen. Abg. Forckenbeck beantragt die ausdrückliche Aufforde­rung an das Ministerium zu erscheinen laut Art. 60. Der An­trag wird mit 167 gegen 138 Stimme» angenommen.

Oestreich und Preußen haben sich zu einem gemeinsa­men Antrag auf Exekution gegen Dänemark geeinigt, jedoch mit Stellung einer Präklusivfrist.

Neuenbürg. Bei der Ziehung der 10-Frankenloose der Stadt Neuenburg am 1. Mai erhielten folgende Nummern höhere Preise: 67,210 20,000 Fr., 104,648, 117,297 je 500 Fr., 66,791, 79,584, 114,180, 118,822 je 100 Fr.. 6461, 21.275, 27,903, 65,530, 73.972, 90,907,96,624, 106,358, 106,900, 118,675 je 50 Fr. und 37,206, 43,574, 44.895, 66,897, 85,513, 92.342, 97,310, 112,348, 113,431, 122,955 je 25 Fr.

Ein Pariser Brief in der Augsburger Allgemeinen Zeitung sucht den Nachweis zu führen, Napoleons Hauptzweck bei dem ganzen polnischen Handel sei die R Hein li n je, sei es die ganze Wiedereroberung dieser deutschen Rheinlande, sei es vorerst nur die Verwandlung der preußischen Rheinlande in einen französischen Vasallenstaat und das Verschwinden der Nachbarschaft eines Mi- litärstaats wie Preußen. Mit deu andern deutschen Staaten, die dort am Rhein verzettelt seien, mit Baiern, Baden, Hessen und Nassau wäre dann leicht fertig zu werbe». Als Mittel zu diesem Hauptzweck werden ausdrücklich die Handelsverträge mit Belgien und Preußen angeführt.

Paris, 8. Mai. Der Blitz hat vor einiger Zeit in Pe- rigueux ein eigenlhümlichcs Unheil angerichtet. Eine Dame kehrte Abends in Gesellschaft mehrerer anderer Personen aus einer Abend­gesellschaft nach Hause zurück. Mittlerweile brach ein Gewitter los, und der Blitz war boshaft genug, in die Reife der ziem­lich umfangreichen Krin v line der bewußten Dame einzuschlagen. Welch ein Schrecken für den jungen Herrn, der der Dame den Arm geboten, diese auf einmal in durchaus paradiesischem Zustand neben sich zu erblicken! Zum Glück war es dunkel. Der Blitz hatte die Stahlreife und Alles, was daran und darum ist, über 100 Fuß weit geschleudert, ohne die Dame selbst zu beschädigen. Zur Warnung für Damen, welche während eines Gewitters mit einer Krinoline ausgehen.

Paris, 11. Mai. Was auch gesagt, berichtet, versichert werden mag, das Eine wird von Niemand geleugnet, der dem Hofe nahe oder näher steht, daß der Kaiser Napoleon zur Be­freiung Polens Krieg zu führen Len Wunsch hegt und daß er nicht aufhört, sich eine günstige Gelegenheit zu diesem Kriege vor­zubereiten. Er soll abermals ein Handschreiben an den Kaiser Franz Joseph geschickt haben, um denselben zu einer Allianz mit

Frankreich gegen Rußland zu bewegen. In diesem Schreiben soll der Beherrscher der Franzosen Oestreich Gegendienste ange- boten haben, welche die deutschen Interesse» nickt eben sonder- sich fördern möchten. Nach der Meinung der Diplomaten wird sich Oestreich schwer dem vereinten Einfluß der Westmächie ent­ziehen können. Zu einer Allianz mit Frankreich gegen Rußland, wenn nicht auch England derselben beitritt, werde'es sich aber schwerlich hecbeilassen. (D. A. Z>)

Paris, 9. Mai. Wie verlautet, gibt man sich hier hö­heren Orts der Hoffnung hin, daß die englische Regierung bei den ferneren Schritten zu Gunsten Polens, die sie in Gemein­schaft oder wenigstens in Uebereinstimmung mit Frankreich zu thun sich geneigt zeigt, von der Bezugnahme aus die Verträge von 1815 abstehen werde. Die Kriegsbesürchtungeu dauern, beson­ders in den Höhen der Gesellschaft, fort, die Börse ist zaghaft und unsicher. Die Haltung Englands, das Ungestüm der Mor- ning Post und Times, die beide, wenn es sich um wichtige Dinge handelt, Eingebungen von Lord Palmerston erhalten, beunruhi­gen und erschrecken. Hr. v. Budberg sprickt zu seinen Freunden mit Ernst über die kritische Bedeutung des Moments und sendet, wie man verflchert, wiederholte Warnungen nach Petersburg, da­mit mau daselbst nicht wie im Jahr 1856 von den Ereignissen überrascht werde.Es unterliegt keinem Zweifel", soll er dem Fürsten Gortsckakow geschrieben haben,daß der Kaiser Napo­leon den polmschen Aufstand zu einem Populären Krieg benutzen will, und daß ec alles aufbieten wird, »m die Hindernisse ans dem Wege zu räumen, welche einem solchen Kriege eutgegenstehen."

Wenn mau gewissen zarten Anspielungen a»f Kaiserin Eu< genie trauen darf, treibt Napoleons Dynastie ein neues Zweigleiu.

London, 13. Mai. Die Vertreter der griechischen Schutz- mächle unterzeichne» hier in den nächsten Tagen die Protokolle in Bezug auf den neue» König von Griechenland. Die Haupt­sachen sind, einiges Finanzielle ausgenommen, geordnet. Des Königs Nachkommen sollen die griechische Religion annehmcn. Baiern wirb, um abzudauken, formell zur Konferenz eiugeladeu, die Ablehnung desselben aber wahrscheinlich wirkungslos sein.

Die Frist für die Amnestie in Polen läuft ab, an Nieder« leguug der Waffen ist nicht zu denken und der Krieg ist jetzt schon ein furchtdarer Vertilg»,igskrieg. Der russischen Regierung stehen nur noch Soldaten, keine Beamten mehr zur Verfügung; denn die geheime Regierung Polens hak jeden Beamten in Po­len mit dem Tode bedroht und sic hält Wort. In Warschau selbst sind auf ihren Befehl 6 Hinrichtungen erfolgt und 5 davon wurden auf offener Straße durch den Strang vollzogen. Jeder Leichnam trug den Zettel mit dem Befehl der geheimen Regierung.

Der Gerichtshof zu Granada hat die Protestanten Mata- moros,' Alhama und Trigo zu 8-9 Jahren Kerkerhaft vcrur- theilt, weil sic die Bibel gelesen und verbreitet haben. Ob die Königin Gnade für Recht ergehen läßt, steht dahin.

Konstantinope l, 15. Mai. Die Pforte hat die Ein­ladung Moustiers abgelehut, sich den Schritten der Mächte zu Gunsten Polens auzuschließen. (T. d. N.-Z.s

New-Iork, 1. Mai. Die Bundesarmee unter General Hooker hat den Rappahannok überschritten und überall die Con- föderirten überrascht. Die Bunbestruppen haben 400 Gefangene gemacht.

Allerlei.

Die Strecke von Hannover nach Cöl» bereist häufig ei» junger Kaufmann, welcher sich mit der Vermittlung von Ehe»

! beschäftigt. Er besitzt ein Album, indem sich Photographien von. heirathslustigen Damen befinden, und sucht unter Vorlegung der Verschiedenen Bilder unter einem jeden Porträt steht die Mit­gift verzeichnet Geschäfte abznschließen. Es soll ihm bereits mehrere Male gelungen sein, einen heirathslustigen Candidaten glücklich zu machen.

Dr. Hoffman», der Direktor der bekannten Irren­anstalt in Siegburg, hat sich aus Trübsinn in Köln in den Rhein gestürzt und den Tod gefunden.

Auflösung der Charade in Nro. 39:

Nachthaube.

Druck und Vcrlaz der Ä. W. Zalscr'schen Buchhandlung. Redaktion: Hölzlt.