Hannover, 4. Okl. Die Wirkungen des kirchlichen Strei­kes auf das kirchliche Leben in den Gemeinden und auf das Verhältniß zu ihren orthodoxen Predigern möge folgendes Bei­spiel aus dem Lüneburgischen vor Augen führen, welches die Z. f. N." einem Prwatbrjefe entnimmt: In St.... geht kein Mensch mehr in die Kirche; auch die Kinder werden weder zur Schule noch zur Kindcrlehre geschickt, sondern die ganze Gemeinde ist sich einig und jeden Sonntag müssen vier Bauern der Reihe nach Wagen und Pferde hergeben, um nach W.... zu fahren. .... Vor etwa drei Wochen ging unser Prediger selbst zum Abendmahl nach W . ...; einige Mitglieder der Gemeinde kom- municirten mit ihm zugleich. Nach beendigter allgemeiner Beichte setzt sich der Prediger von W .... neben den Altar; unser Pre­diger flüstert ihm einige Zeit in die Ohren, worauf jener ein höchst bedenkliches Gesicht macht. Das Flüstern dauert fort, das Gesicht wird immer bedenklicher.... die Leute sitzen und lachen.... Der Beichtvater erhebt sich und stellt der Gemeinde vor, daß sein Herr Amtsbruder soeben die Privatbeichte abgelegt habe; er bittet Alle insgesammt, diesem schönen Beispiele zu folgen, und fordert Jeden, der dazu geneigt sei, auf, vorzutreten. Aber wie auf das KommandoKehrt Euch!" geht es lärmend zur Kirche hinaus, und die beiden geistlichen Herren stehen allein. Welche Heiligung der Sakramente!"

In Hamburg ist die Trennung der Schule von der Kirche nunmehr definitiv ins Leben getreten.

Berlin, 4. Okt. Graf Eulenburg ist zum Handelsminister ernannt. Der Kronprinz und die Kronprinzessin werden am Montag früh von Coburg aus eine längere Reise nach Italien und der Schweiz antreten. (A.Z.)

Berlin, 8. Okt. In der gestrigen Sitzung des Abgeord­netenhauses wurden sämmtliche Amendements mit größten Majo­ritäten abgelehnt und dagegen der Ausschußantrag in namentlicher Abstimmung mit 251 gegen 36 Stimmen angenommen. (Der­selbe erklärt: 1) die K. Staatsregicrung wird aufgefordert, den Etat pro 1863 dem Hause der Abgeordneten zur verfassungsmä­ßigen Beschlußnahme so schleunig vorzulegen, daß die Feststellung desselben noch vor dem 1. Jan. 1863 erfolgen kann; 2) es ist verfassungswidrig, wenn die K. Staatsregierung eine Ausgabe verfügt, welche durch einen Beschluß des Hauses der Abgeordne­ten definitiv und ausdrücklich abgelehnt worden ist.) tS.M.)

In der Nacht vom 16.-17. Sept. fuhren mit dem Courier- zuge zwischen Fürstenwalde und Berlin in einem Wagen zweiter Klaffe drei Herren, die sich insgesammt dem Schlafe überließen. Einer von ihnen, ein Herr aus Breslau, träumt so lebhaft von einem Eisenbahnunglück, daß er im Schlafe die Thüre des Wa­gens öffnet und trotz der rasenden Schnelligkeit des Zuges hin- insspcingt. Durch die eindringenbe kühle Nachtlufl werden die >eiden andern Schläfer geweckt, vermissen ihren Reisegefährten ind melden bei ihrer Ankunft in Berlin dessen Verschwinden. Sofort wird nach Hirschselde telegraphirt, wo man bereits den chlaftrunkenen Passagier aufgefunden hatte, der glücklicherweise iur mit einigen Quetschungen davongekommen war. Ein Augen- euge berichtet, daß der Herr eine Geldtasche mit 1500 Thlrn. und seine übrigen Reisesachen im Eisenbahnwagen zurückgelassen habe. Der glücklich davon Gekommene versichert, daß er nicht jrisse, wie er aus dem Wagen herausgekommen sei.

Das Budget der östreichischen Armee beträgt in diesem Frie­densjahr 92 Millionen Gulden und der Gesammtauswand für die Armee 118 Millionen. Welche Erfolge könnte man mit solcher sabelhaften Summe zum Wohie des Volkes erzielen!

Der Verfassungsrath von Baselland hat einen Artikel an- ,enommen, welcher Die Advokatur völlig frei gibt, wodurch cs edem Bürger gestattet ist, ohne vorgängige Prüfung uud ohne tzatent vor jedem Gericht als Sachwalter aufzutreten.

Papst Pius IX. ist der Taufpathe der Königin Pia von Portugal, der Tochter Victor Emanuels. Nebst dem schon er­wähnten schönen Brautgeschenk bat er zum Hochzeitsgeschenk der Prinzessin einen kostbaren Rosenkranz von 315 Perlen und Dia- 'nanken, eine äußerst künstlich gearbeitete Uhr. wo jede Zahl des Zifferblattes eine Reliquie cinschließt, ein Album mit den Abbil- ungen, Wappen und Lenksprüchen der Päpste u. a. geschenkt. ,Nan schätzt die Geschenke auf 4500,000 Franks. Das heißt inan Kohlen auf dem Haupte des Gegners sammeln.

London, 4. Okt. M. Post meldet: Gras Bernstorff über­nimmt definitiv wieder den hiesigen preußischen Gesandschafts- posten, und wird in ungefähr 14 Tagen hier eintreffen. (A.Z.)

London, 6. Okt. Gestern wurde im Hydepark ein Gari« baldi-Meeting abgehalten, wobei es zwischen den Anhängern Gari« baldi's und den Irländern zu einem Kampfe kam. Soldaten waren unter den Streitenden. Zahlreiche Verwundungen und Arrestationen haben stattgefunden. Durch das Einschreiten der Polizei wurden die Unruhen beendigt. Die Journale tadeln es, daß die Polizei nicht eher eingeschritten ist.

Newyork, 24. Sept. Eine Proklamation des Präsidenten Lincoln spricht die Befreiung der Sklaven aller von der Union sich lossagenden Staaten vom nächsten 1. Januar an aus. Sodann hat der Präsident die Rabeas-eorpus-Akte suspendirt und über die gesummten Vereinigten Staaten den Belagerungs­zustand verhängt. (Fr. P.)

Newyork, 24. Sept. Die Bundestruppen haben mehrere Versuche gemacht, den Potomac zu überschreiten, wurden aber jedesmal znrückgewicsen. Der secessionistische General Stuart ist bei Williamsburg über den Potomac gegangen. Im südstaat­lichen Congreß hat Foote beantragt, zu erklären: Die seitherigen Erfolge der Südstaaten gestatten der Regierung derselben, einen Commissär mit ehrenvollen Friedensvorschlägen nach Washington zu schicken. ' (Fr. P.)

New-Uork. Der föderalistische Kongreß hat unlängst ein Gesetz angenommen, welches die Vielweiberei der Mormonen ab- schaft. New-Iorker Blätter empfehlen dem Präsidenten Lincoln, den Mormonen noch einige Zeit durch die Finger zu sehen, da sie, von der Polygamie abgesehen, getreue Anhänger der Union sind.

Privatbriefe ans Hongkong schildern die Verwüstungen, welche der große Juli-Orkan in Canton und Whampoa ange­richtet hat, als entsetzlich. Die letztgenannte Stadt wurde voll­ständig zerstört, und in Canton sollen nicht weniger als 40,000 Menschen ihr Leben eingebüßt haben. Am schlimmsten erging eS demjenigen Theile der Bevölkerung, der jahraus jahrein auf Booten lebt; sie ertranken zu Tausenden. Ein jGleiches geschah in Whampoa; aber auch auf dem flachen Lande soll die Ver­wüstung eine grauenvolle gewesen sein. (K. Z.)

.Allerlei.

Die Volkszahl in Nom, der ewigen Stadt, welche das neue Italien zu seiner Hauptstadt machen will, beträgt 194,000, darunter 40 Bischöfe, 1385 Weltgeistliche, 2474 Ordensgeist­liche, 2032 Nonnen, 2613 Klosterzöglinge, 4226 Juden. Die Zahl der Fremden schätzt man auf 25,000, dazu 12,000 Fran­zosen und Italiener als Garnison (jetzt mehr). Auf 34 Men­schen ungefähr kommt 1 Geistlicher, auf 16 Menschen 1 Soldat.

Was kostet das Tuch? fragte eine etwas schwerhörige Dame einen Kaufmann. Sieben Groschen, Madame. Was, siebzehn? Ich will Ihnen dreizehn geben. Ich sagte sieben, rief der Kaufmann lau­ter. Ach so, sieben! Nun, dann will ich fünf geben.

Preis-Räthfel.

Wer die Auflösung des nachstehenden Näthsels in Monatsfrist findet, dem werden von der Redaktion 2 Kronenthalcr blank ausbezahlt.

Ich bin ein Ding, bald groß, bald klein,

Wohl überall zu Hause.

Bei dem Gebet im Kämmerlein,

Wie bei dem ärgsten Schmause- Ich steh im Glauben sestiglick.

Jedoch noch mehr im Zweifel.

Der Satanas der hasset mich.

Dafür liebt mich der Teufel.

Im Rcichthum klein und groß in Ehr,

Leb ich doch stets im Jammer,

Beim Landstand bin ich nimmermehr Doch in der Ständekammer.

Bin nicht im Land, bin nicht in Staat,

Leb still in meiner Klause,

Doch sitz ich im Ministcrrath Und wohn' im Narrenhause.

Beim Exerzieren vornen dran.

Bei der Parade hinten.

Bin keine Frau ich und kein Mann,

Doch in der Eh zu finden.

Dem Trunk o nein, den lieb ich nicht Ich häng nur an der Flasche.

Was starrst so fremd mir ins Gesicht?

_ Ich bin in deiner Tasche.

Druck und rl-erta» der Ä. W. Z°,!er'sck>en Buchhandtun,. Redakt,-«: Hot,1c.

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