gehören, wenn e» ihm gelänge, sich von Jouvenet gemalt zu sehen. Die marktschreierische Schlauheit, welche der stolzen Prahlerei des Franzosen zu Grunde lag, trug also ihre schönsten Früchte. Jouvenet verweigerte Anfangs vielen selbst hochgestellten Personen rundweg, ihre Portraits zu malen und wurde durch diese Weigerungen nur um so mehr mit Aufträgen bestürmt, so daß es ihm leicht fiel, sich die lohnendsten und bequemsten auszusuchen und dabei natürlich immer nur den höchsten Adel vorzugsweise zu berücksichtigen.
Tie Baronesse Aurora von Seeheim war keine der Letzten, welche den kecken Franzosen zu sich bescheiden ließ, denn auch ihr hatte sein auffallendes Benehme» vollkommen imponirt und sie war entschlossen, sich von diesem Modemanne jedenfalls portraitiren zu lassen.
Die „französischen Maler," beruhigte sie sich hierbei, „sind ohne Zweifel galanter gegen das schöne Geschlecht, als unsere deutschen Bären von Künstlern, welche aus ihren Bilder» Effectes wegen in einem Gesichte Falten anbringen, wo in der Wirklichkeit keine existiren oder doch — kaum zu bemerken sind. Und Jouvenet wird und muß galant sein, denn das beweist sein häufiger Verkehr mit den Edelsten des Landes."
Als der Kammerdiener jenen Auftrag an Jouvenet übcr- brachte, fragte dieser höchst gleichgiltig erst nach dem ungefähren Alter der Bestellerin und dann wo möglich noch gleichgiltiger nach deren Stand.
„Nur Baronesse?" wiederholte der Franzose achselzuckend und fügte lächelnd hinzu: „Dann sage er seiner Herrin, daß ich noch mehrere hundert Bestellungen auf Portraits von herzoglichen und fürstlichen Häuptern habe, hierauf jedoch mindestens die doppelte Anzahl Grafen malen muß, ehe ich noch daran denken kann, meine Zeit auf Barone und Baronessen zu verwenden."
Der Kammerdiener überbrachte den Bescheid Jouvenets möglich wortgetreu, doch hatte derselbe zur Folge, daß die Baronesse nicht aus den heftigsten Krämpfen und Ohnmächten herauskam. Anfangs beschloß sie, Jouvenet beim Kaiser selbst zu verklagen und was dergleichen Strafen, die nur ein in ihrem Stolze beleidigtes Weib zu ersinnen vermag, noch mehr waren; allein bei ruhiger Ueberlegung fand sie dennoch, daß mir Gewalt gegen den hochmütbigen Franzosen auch nicht das Mindeste auszurichten sei. Nach einigen Tagen hatte sich ihre ganze Wuth gelegt und nur das Verlangen war noch geblieben, um jeden Preis von Jouvenet gemalt zu werden.
Der Kammerdiener wurde also abermals mit einer noch viel verbindlicheren Bestellung an den französischen Maler abgesandt und hatte zugleich den Auftrag, ihm eine wahrhaft fürstliche Belohnung dafür zu verheißen.
Jouvenet fertigte den Besteller eben so kurz ab, als das erste Mal. Er hatte dießmal sogar noch die Unverschämtheit, der stolzen Kokette sagen zu lassen, daß er die Ausführung aller Portraits von Personen unter dem Grafenstande aus Grundsatz den deutschen Malern überlassen wollte.
DaS Entsetzen der Baronesse bei dieser neuen abschlägigen Antwort war grenzenlos und sie war im Begriffe, die ganze Welt zur Rache gegen Jouvenet aufzurufen. Diesen selbst bekümmerte jedoch die Wuth der beleidigten Dame nicht im Geringsten; ersuchte im Gegcntheil einen Triumph darin, diesen Vorfall so viel als möglich bekannt zu machen, da er dadurch nur neuen Ruhm für sich erwartete.
Wigand und Kupetzky erfuhren jene Abfertigung der stolzen Baronesse Seehcim ebenfalls und lachte besonders Kupetzky herzlich darüber.
„Du flehst, lieber Freund," sagte Kupetzky zu Wigand, „daß mich der Franzose, ohne es zu wollen, glänzend an der alten Kokette gerächt hat."
,,Und damit willst Dn Dich begnügen? rief Wigand höchst aufgebracht. „Soll dieser Cbarlatan von deutscher Kunst so sprechen, als ob es eine Taglöhner Arbeit sei? Kupetzky, lange halte ich es nicht mehr aus, wie es dieser französische Windbeutel hier treibt. Ich könnte dem Schufte auf der Stelle den Hals brechen, wenn ich nicht dächte, durch solch eine Berührung der deutschen Künstlerehre Eintrag zu thun."
„Nickt so heftig, guter Wigand," beruhigte Kupetzky. „Glaube mir, des Franzosen Stündlein wird schon noch zeitig genug schlagen und dann ist die Reihe zu triumphiren an uns."
„Bah, da sollen wir uns wohl von dem Herrn noch auf der Nase herumtanzcn lassen," warf Wigand verdrießlich ein.
„Nur nichts übereilt, kommt Zeit, kommt Rath, tröstet« Kupetzky.
„Wie schade, daß Dich jetzt der saubere Jouvenet nicht g». hört hat," spöttelte Wigand, „da könnte er eine treffliche Be. merkung über den deutschen Nationalcharakter in sein Tagebuck aufnehmen, wenn er ein solches führt. Ja. abwarten und nicht handeln, nicht dreinschlagen mit Händen und Füßen, so heißt eS immer bei uns. Wir werden erst warm, wenn wir geprügelt worden sind. Geh', Kupetzky, Dn bist ein braver Kerl, abe> vom Ungarblute fließt auch nicht ein Tröpflein mehr in Deine, Adern."
Kupetzky schwieg lächelnd, denn er widersprach seinem heftige- Freunde nicht gerne und dieser tobte auch noch eine geraume Weist im gleichen Tone fort. Wigand ließ auch nicht früher nach, bit ihm Kupetzky feierlich versprochen hatte, bei nächster Gelegenheit den Franzosen zu demüthigen oder ihm einen tüchtigen Streick zu spielen.
Weit ärger aber tobte noch die beleidigte Baronesse Aurore über diesen une>hörten Hochmuth des französischen Malers. Geri hätte sie denselben durch Gist und Dolch aus der Welt schaffe, lassen, allein hatte sie dann ihr Portrait von ihm gemalt erhalten- Denn darauf bestand ihr weiblicher Eigensinn jetzt inehr als jemals. Und dabei haßte sie den schändlichen Franzosen, durch den sie schon zum Gespräch der ganzen Residenz geworden war, so sehr, sie haßte ihn so glühend, daß, — daß sie ihn fast hätte lieben können, zumal seines Stolzes wegen, der ihr doch gewaltig im ponirte. Hätte er nur ein ganz einfaches „von" vor seinen Namen gehabt, die Baronesse wäre einer großen Thorheit fähi, gewesen, denn der heftige Wunsch nach dem Besitz ihres Bildet war im Stande, sie zum Aeußersten zu treiben, wobei ihr freilich ihr vorgerücktes Alter gar nicht in den Sinn zu kommen schien Hier war es jedoch ihr großer Adelstolz, der sie glücklicher Weis, in den Schranken der Vernunft so ziemlich festzuhalten suchte.
Kaum war aber nach einigen Tagen ihr größter Zorn ve, raucht und der Vorsatz, ihren Wunsch »m jeden Preis erfüllt z sehen, wieder fest in ihr geworden, so mußte auch schon der Kau merdieuer wieder hin zu Jouvenet, um eine Bresche in die Willem mauer des Malers zu rennen. Allein Jouvenet war noch imm> nicht geneigt, den Wunsch der Baronesse zn erfüllen und fertig,, stets den Boten auf die kürzeste Weise ab. Endlich aber versuch, die beharrlicke Dame das letzte Mittel, indem sie ein Billct a Jouvenet schrieb, worin sie ihm die ungeheure Summe von tanse», Dukaten versprach, wenn er sie malen würde.
Diesem Anerbieten konnte nun Jouvenet doch unmöglich wi^e, stehen, zumal da sein eigentlicher Beweggrund zur Verweigern», des Bildes bis jetzt meist immer nur in dem Alter der Bestellerin zu sucken gewesen war. Nach einer vorgespjegelten Ueberlegung von mehreren Minuten, sagte endlich Jouvenet dem Kammerdiener, baß er übermorgen früh der Baronesse seine Aufwartung machen würde, obgleich die verschiedenen Grafen und Fürsten, die deßhalb nur länger warten müßten, gewiß höchst aufgebracht sein würden.
Der Kammerdiener eilte froh nach Hause, denn auch ihn freute es, daß er nun des ewigen Hin- und Herschickens überhobcn sei, und meldete seiner Herrin den Entschluß Jouvenets. Die Baronesse war außer sich vor Vergnügen und verwandte die ganze ihr bis zum Besuche des Malers noch bleibende Zeit zu Schmuck- und Verjüiigungsvorbercitungen. Da wurden hundert verschiedene Haartouren versucht, ehe sic die richtige herausfinden konnte und über die Wahl des Costüms gcriekh sie womöglich iu noch größere Zweifel. Die Baronesse hätte iu nicht größerer Verlegenheit sein können, wenn ihr ein kaiserlicher Besuch zugedacht gewesen wäre. An Schlaf war in den dazwischen liegenden Nächten so viel als gar nicht zu denken. (Forts, folgt.)
Allerlei.
— Gegen die Kart offelkrank heit empfiehlt Jemand im „Schwarzwälder Boten" folgendes Mittel: Man entferne durch Abschneiden das untere herabhängcnde Kraut dort, wo cs den Boden verdeckt, und in der Nässe verfault, lockere die durch de» Regen hart gewordene und verkrustete Erde mit der Kartoffelhacke oder noch besser mit einem eisernen Rechen wieder auf, und zwar so, baß man die Erde hinauf zur Pflanze zieht, und gebe dieser dadurch wieder Luft und Licht. Das Verfahren soll stets guten Erfolg gehabt h aaen._
Diuck und Verlag der G. W. Ä a> ser'schen Buchhandlung. Reramon. H ö lzle.