Gebens, über Versuchungen aller Art, ja manche Erhebung zu Edelsinn und reinem Thun hatte in jenem Hörsaale zu den Fußen Gellerts Wurzeln gefaßt.

ES war, als ob Geliert fühlte, daß er diese Vorlesungen zum letzten Male halten werde, daß diese Worte, die er so oft und eindringlich gesprochen, nimmer wieder aus seinem Munde tönen würden; eine eigene Wehmuth, aber auch eine eigene Kraft war in seinen Darlegungen.

Er hatte heute so nachdenklich Bescheidenheit und Demuth empfohlen, und es schien ihm fast zuwider, daß man ihn wegen dieser Tugend jetzt auf Schritt und Tritt in Versuchung brachte; denn er hörte mehrmals: Das ist (Kellert!

Was ist Ruhm und Ehre? Ein Purpurkleid, kein wärmendes, deckendes, und jetzt buchstäblich fror den Dahinwandelnden das Herz im Leibe, denn er bekannte vor sich, daß er noch nichts gethan, nichts, was ihm das Gefühl wahrer Genugthuung geben könne. Die Menschen ehrten und liebten ihn, aber was half das Alles? sein innerstes Herz konnte sich nicht daran sättigen, er verdiente vor sich den Lobpreis nicht; und wo, wo zeigt sich denn sichtbar die Wandlung der Gemüther, die er bewirken möchte? Wieder wollte ihn der Geist trösten und ihm sagen: manches Samenkorn wird verweht, manches fällt auf den Felsen und manches auf frucht­baren Boden und wird siebenfach vermehrt. Seine innerste Seele hörte den Trost nicht, denn sein Leib war krank und schwer belastet von Jugend auf und in letzter Zejj noch mehr als je. Und es gibt Zustände unseres Leibes, wo die erhabensten Worte, die hell­sten Freudenklänge nur dumpf, kalt und schwer in die Seele dringen. Es gehört zu den herbsten Erfahrungen des Lebens, wenn man erkennt, wie wenig eigentlich ein Mensch dem andern sein kann. Wie jubelvoll ist jener jugendliche Frvhmuth, der da glaubt, durch einen Gedanken, hinübergeleitet in das Herz des Andern, diesen nun zu bestimmen, daß er anders werde, daß er dem nachlebe, was er als das Wahre erkennen muß, und abthue alle bisherige Täuschung und umkehre von aller Jrrbahn. Da gehen die Jüng­linge hin! Folgen ihnen deine Worte nach? Wo gehen sie hin? WaS denken sie jetzt? Wie werden sie leben? Mein Herz drängt sich ihnen nach, aber es kann nicht mit ihnen fein. O wie glück­selig waren jene Sendboten des Geistes, die einem Jünglinge, einem Manne das Wort des Geistes zuricfen und er mußte seinen bisherigen Weg verlassen und war von Stund' an ein Anderer. Verzeih', o Gott, daß ich es ihnen gleich thun möchte; ich bin zu schwach und niedrig, und doch, mir ist's, als müsse es Worte geben, un- gehörte, ungekannte, wo sind sie, die die Seele unmittelbar fassen?

In solcherlei schweren Gedanken ging Geliert dahin bis vor das Thor hinaus nach dem Nosenthale. Rur ein schmaler Fußsteig war gebahnt, aber die Begegnenden wichen ihm gerne ans und traten in den Schnee, um ihm den gebahnten Weg frei zn lassen; aber in sich war er traurig und es war ihm,als ob jeder Baum ihm etwas vorzuwerfen hätte."

Wie alle Männer wahrhaft reinen und nur dem Guten dienen­den StrebenS, so war Geliert nicht nur weit entfernt, sich an bereits Vollbrachtem genügen zu lassen; ja mitten im Drange, zu wirken, vergaß er cs fast, daß er je schon etwas gewirkt, und so war er im besten Sinne des Wortes bescheiden, er begann mit jedem neuen Tage neu sein Thun, als ob er jetzt zum ersten Male etwas zu leisten hätte. Und doch hätte er glücklich sein dürfen im Gedanken, wie seine Hellen Stunden fortleuchteten, während sein eigenes Leben oft verdüstert war. Denn wie die Sonne, die am Sommertage scheint, als fest gesogene Wärme im Weine lebt, und wer weißt an welchem Orte, in welcher Winternacht ein Menschenherz erwärmt, so auch der Sonnenblick im Leben eines Mannes, dem es zum Berufe geworden, das im Geiste Empfangene für Andere festzuhalten. Ja, es ist hier noch weit mehr; denn der Labetrunk, der hier geboten wird, mindert sich nicht durch Tausende, die sich sein erfreuen.

Die Abenddämmerung ward hereingebrochen, als Geliert wieder heimkehrte nach seiner Wohnung imSchwarzen Brett". Der alte Diener, Sauer mit Namen, nahm ihm den Mantel ab, und Famulus Gödike fragte, ob der Herr Professor etwas wünsche. Als dies verneinte wurde, zog sich Gödike zurück und Sauer zündele die Lampe aus dem Arbeitstische an.Es sind auch Briefe ange­kommen," sagte er, und zeigte auf mehrere, die auf dem Tische lagen.

Geliert nickte und auch Sauer entfernte sich. Draußen aber stand er noch eine Weile bei Gödike und Beide sprachen bejam­mernd davon, daß der Herr Professor sein Leiden wieder schwer

empfinden müsse. Gödike sagte : Es gibt eine Schwermuth, und die ist die häufigste, in der die innere Verdrossenheit leicht zum Unmuth gegen Alles und jegliches wird, und die Umgebung des Schwermüthigen leidet dadurch namenlos; denn gegen die kehrt sich der Unwille, Niemand thut etwas recht, nichts ist an seinem Platze. Wie ganz anders die Schwermulh Gellcrt's! Kein Mensch leidet darunter als er selbst, gegen sich allein kehren sich seine schwarzen Gedanken, und gegen jeden Menschen außer ihm ist er jederzeit freundlich, liebreich und dienstfertig; er beißt sich selber mit scharfen Zähnen in die Lippe, aber wenn er zu Jemand spricht, ist er lauter Güte, Schonung und Selbstvergessenheit.

«Fortsetzung folgt.)

Allerlei.

Die Schulden der S t adt Paris betragen 294 Mill. Francs. Die Zinsen erfordern 12^/r Mill., für Wohlthätigkcits- anstalten werden 9, für Schulen 2'/s, für die Nationalgarde 3 Mill. verausgabt. Die Promenaden kosten jährlich 2, das Stra­ßenpflaster 11, der Sicherheitsdienst 12 und die Erhebung des Octrois 7 Mill. Das ordentliche und außerordentliche Budget für 1860 beträgt 172 Mill. Frcs. Die Haupteinnahmen fließen aus dem Octroi (directe städtische Steuer), nämlich 71 Mill.; Eier, Butter, Käse werfen 2 Mill., Geflügel 2 Mill., das Wasser 6 Mill. ab. Jeder Pariser zahlt täglich außer den Staatssteuern 8 Centimes (2'/« kr.) städtische Abgaben.

In Bath, einer englischen Seestadt, wurden jüngst zwei feingekleibete Kinder aufgegriffen, ein Knabe von 10 und ein Mäd­chen von 9 Jahren. Sie hatten weder einen Nachweis über ihre Herkunft, noch Geld, außer einigen Pence. Das Mädchen hun­gerte und weinte, der Knabe aber schwieg wie ein trotziger Held. Endlich brachte ein Polizeikommissär heraus, daß beide Kinder aus einem fast 10 Meilen entfernten Dorfe kamen, wo der Vater des Knaben Edelgutsbesitzer und der Barer des Mädchens Pfarrer war. Der Knabe hatte durch Bücherlesen eine schwärmerische Nei­gung zum Seeleben gefaßt, war aber nicht allein fortgelaufen, um Schiffsjunge zu werben, sondern hatte auch das Mädchen, das sehr an ihm hing, verleitet, mit zu gehen, weil sie auf einer schö­nen Insel sich .heirathcn wollten. Nach zwei Tagen erschien der Wagen des Edelmanns, um die schwärmerlschen Flüchtlinge abzu- holen.

Die Grundlagen zu dem riesigen Gebäude für die Lon­doner Ausstellung des kommenden Jahres haben bis jetzt schon 100,000 Centncr Cemcnt verschlungen und werden bis zn ihrer Vollendung 18 Millionen Ziegel erfordern, die ihrerseits 440,000 Centner Mörtel in Anspruch nehmen werden. Man hat die Masse des im ganzen Gebäude zu verwendenden Eisens aus 200,000 Center veranschlagt und cbensogroß die Masse des zu verwendenden Bauholzes. Zu den Veranschlagungen untergeord­neter Gegenstände gehören 20004000 Centncr Nägel, 12,000 Centner Oelfarbe zum Anstrich, 6000 Centner Dachrinnen und sonstige Röhren.

Zwei junge Damen fragten einen unverheirathcten Mann, welche von ihnen die schönste Hand habe und welche er demgemäß am liebsten be­sitzen möchte. Ich gebe es auf, dies zu entscheiden, antwortete der Ge­fragte klug, aber fragen Sie einen Armen, er wird Ihnen sagen, daß die­jenige Hand die schönste sei, welche mit Gold gefüllt ist.

Kaiser Franz II. war ein so abgesagter Feind von Constitutionen, nach welcher seiner Zeit die Völker verlangten, daß er es seinem Leibarzt. Baron Stift, gewaltig übel nahm, als dieser sagte: Ew. Majestät haben eine gute Constitution. Drücken Sie stch aus, wie Sie wollen, sprach der Kaiser, aber eine Constitution habe ich nicht und will keine haben.

Die Menschen find Portemonnaies, manche mit Papier, manche mit Kupfergeld, wenige mit Gold gefüllt. Ledern find die meisten.

Vor der Hochzeit.

Plaudre mit mir, o Geliebte, nur Dir will ich lauschen. Deine Stimme zu hören ist Seligkeit für mich.

Ohne Dich kann ich nicht leben.

Dich oder die Pistole!

Für einen Kuß lcg ich Dir die Welt zu Füßen. Fordere mein Leben dafür und ich opfere es freudig. Ach, und wenn du erst mein ehelich Weib bist! Kein herbes Wort soll über meine Lippen kommen.

Druck und Verlag der S>. W. Za> scr'scheu Buchhandlung. Rcralrio»: H ö lzlc-

Nach der Ho chzett.

Es ist aber merkwürdig, daß Du überall mitredcn mußt, und entsetz­lich, daß ihr Frauenzimmer keinen Avgenblick schweigen könnt.

Wie glücklich die Junggesellen sind! Die Ehe ist wahrhaftig keinen Schuß Pulver werth.

O Himmel, gegen diese Ausgaben kann kein ehrlicher Mann arbeiten. Schon wieder ein neuer Besen! Kreuzschwerenoth! Donnerwetter!