mit den Mächten über einen Chef für den Libanon einigen, welcher unter allen christlichen Einwohnern der Pforte gewählt werden kann. Diese Maßnahmen sind definitiv. (A. Z.)
Ueber den Empfang des Czaren in Moskau erfährt man, daß über 30,000 Menschen Alexander II. im Bahnhof erwarteten, und daß der Kaiser unter begeisterten Zurufen wörtlich auf den Händen bis in den kaiserlichen Palast getragen wurde. Weniger günstig lauten die Berichte über die allgemeinen Zustände, denn die Aufregung ist eine große. In Kasan wurden 700 Personen gepeitscht und 70 nach Sibirien geschickt. Der Handel stockt, und die Ausfuhr ist auf Null.
Newyork, 31. Mai. Lincoln beabsichtigt die Einberufung von weiteren 100,000 Mann. Der nächste Bundeskongreß wird Einfuhrzölle auf Thee votiren. Die Bundestruppen haben die Batterien von Aquida Creek (kleine Bucht des Potomac, halbwegs zwischen Washington und Richmond) angegriffen. Das Resultat ist unbekannt. Die Separatisten bedrohen Alexandria. (T.d.S. M.)
Cavour.
Der Tod dieses Staatsmannes hat in ganz Europa Sensation gemacht, zum deutlichen Beweis, daß in ihm ein Mann geschieden ist, der ein bedeutendes Gewicht in die Wagschale der europäischen Geschicke zu werfen im Stande war.
Cavour's Größe liegt einfach darin, daß seine Politik eine durchaus nationale war. Um die Einheit und Freiheit Italiens zu gründen, setzte er geradezu Alles ein. Diesem seinem Zielpunkte steuerte er mit unwandelbarer Festigkeit entgegen, mit einer eisernen Charaktcrkrast, die sich durch keine Einflüsse, weder von Außen noch von Innen, weder von Links noch von Rechts, irre machen ließ. Das Alles wußte er aber mit einer Klugheit und Feinheit einzuleiten, daß man nicht weiß, ob man seinen Charakter oder seinen Scharfblick, seine wahrhaft staatsmännische Weisheit mehr bewundern soll. Cavour hat den italienischen Partikularismus vernichtet, der seit Jahrhunderten das italienische Land unglücklich machte, er hat der Papstmacht einen töbtlichen Schlag versetzt, indem er die ihr untergebenen Lande von dem Joch der traurigen kirchlichen Verwaltung befreite, das Pfaffenthum hat er mit Erfolg bekämpft, indem er ihm den Unterricht entriß und den Verkauf der Güter der todten Hand durchsetzte. Seine Verwaltung folgte durchweg den Grundsätzen der Neuzeit, Freiheit der Presse, der Gewissen, deS Verkehrs. Gegenüber dem Ausland verstand er es, wiewohl er fremder Hilse benöthigt war, doch eine Haltung zu bewahren, welche die bonapartistischen Gelüste nach italienischem Länderbesitz möglichst in den Schranken hielt. Wir Deutsche haben dem Grafen Nichts zu danken. Aber so wie die Dinge in Oestreich damals standen, fürchtete man selbst einen Sieg dieser Macht und die daraus entspringende Reaktion in ganz Deutschland. Wir finden vielleicht die bisweilen machiavellistische Politik deS Grafen nicht im deutschen Geschmack, aber wir haben zu bedenken, daß man in einer Zeit wie die unsrige, die jede That durch Klauseln und Cautelen zum Voraus unmöglich zu machen weiß, die Gewebe zersprengen muß, um etwas Großes zu Stande bringen zu können. Handelt es sich um die Ehre, Größe, Freiheit und Cultur einer Nation, so mögen immerhin die kleinen partikularen Interessen zu Boden fallen, wenn nur das Eine, das große Interesse der Nation florirt. Don diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, steht Camillo v. Cavour vor den Augen unseres Zeital- alteiS als ein wahres Musterbild, als ein Minister, wie Europa kaum je einen gesehen hat, als ein Mann, den die Geschichte zu ihren stolzesten Namen zählen wird.
Es versteht sich von selbst, daß die Legitimsten aller Sorten und die Pfaffen über den Tod des Grafen sich freuen; es ist aber sehr jrie Frage, ob ihnen die Freude nicht vergällt wird. Denn daß Alles aufgeboten werden wird, um die Bewegung vor dem Rückläufigwerden zu bewahren, darauf dürfen sie sich verlassen. Gerade hier scheint uns nun aber der Punkt zu liegen, wo die Gefahr anfängt. Es könnte der Fall eintreten, daß die Maz- zinisten die Oberhand gewinnen, daß sie Garibaldi wieder mit sich fortreißen, und daß dann die konservative Partei sich und das Land Napoleon noch mehr wie bisher in die Arme wirft. Hier liegt die Scylla neben der CharybdiS. Daß ferner eine derartige Stärkung Frankreich durch das unbedingte Vasallen.hum Italiens diesem selbst drückend und nachtheilig wäre, bedarf keines Beweises. Aber auch für Deutschland eröffnet sich eine düstere Aussicht, wenn wir bedenken, daß eine Zeit kommen kann, wo uns Frank
reich gegenübersteht, dessen Macht, durch Italien verstärkt, eine wahrhaft kolossale werde» würde.
Allerlei.
— Vor einiger Zeit kam vor dem Londoner Sheriff-Court folgender „Fall" zur Verhandlung: „Herr Rogers trat als Kläger gegen Herrn Havergal, einen Pfarrer in Bedsordshire auf, um eine Schuld von zwei Pfund Sterling zehn Schilling für zwanzig gelieferte Predigten einzutreiben. Der Anwalt des Klägers gab an: „Am 28. April 1859 bestellte Herr Havergal bei meinem Clienten eine Predigt über die glückliche Beendigung der indischen Meuterei. Sie wurde ihm zugeschickt und kurz darauf bestellte er zwanzig Predigten über verschiedene Gegenstände. Diese zwanzig Reden, die zwei Schilling sechs Pence (nicht ganz einen preußischen Thaler) das Stück kosten, bezahlte er nicht." Der Anwalt las dann den Brief vor, welcher die Bestellung enthält. Es heißt darin: „Senden Sie mir eine Parthie der besten Predigten, die Sie un Vorrath haben." — Richter: Es scheint darnach, als hätten wir es hier mir einer förmlichen Predigtsabrik zu thun. Wie kommt es, daß diese Predigten so billig sind? — Anwalt: Sie werden je nach der Nachfrage in mehr oder weniger Exemplaren lithographirt, und je mehr Abnahme ein „Artikel" findet, desto billiger ist das Exemplar. — Richter: Also die nämliche Predigt wird von vielen Geistlichen benützt? And wenn ich am Sonntage verschiedene Kirchen besuche, so kann ich das Vergnügen haben, dieselbe Predigt mehrmals zu höre»? — Anwalt: Allerdings. — Richter: Was sind ihre höchsten Preise? — Anwalt: fünf Guineen. Das ist der Preis für Bischöfe. — Richter: Ihr Client macht also auch Predigten für Bischöfe? — Anwalt: Gewiß! — Das Ende der Verhandlung war, daß der Verklagte, der persönlich zugegen war, aber sich durchaus nicht beschämt fühlte, zur Bezahlung der Schuld und obendrein in die Kosten verurthcilt wurde.
— Ein ächt priesterlichcs Testament hat der am 4. Mai 1861 in Paris verstorbene Bischof von Montpellier, Monseigneur Charles Thomas Thibault hinterlassen. Er sagt darin: „Ich will und verordne, baß alle Papiere verbrannt werden, die man in meinem Hause findet und die meine Handlungen dadurch rechtfertigen könn» re», daß dritte Personen angeschuldigk würden. Ich will lieber auch nach meinem Tode Verläumdung erleiden, als über meine Gegner Recht behalten, indem ich ihnen oder ihrem Ruse schade. Das Maß der Verzeihung, die uns werben wird, ist dasselbe, nach welchem wir anderen verzeihen. Zu meinen Universalerben ernenne ich mein großes Seminar und die Armen in Montpellier." — Der Bischof war im Jahre 1796 geboren und wird als ein Muster von Gelehrsamkeit und frommer Mäßigung gerühmt.
Jndianerschlauheit. Ein Indianer kam in den Laden eines LandkrämerS, in welchem von der Nadel dis zum Hammer, vom schlechtesten Thee bis zum besten Maisbrov, vom abgelegten Stiefel bis zum Spitzenhemd alles Mögliche zu haben ist, und forderte ein Brod für fünf Cents, legte dasselbe vor ssch auf de» Tisch und meinte nach kurzem Besinnen, dorthin doch ein Glas Grog für fünf Cents besser munden werde. Er erhielt den Grog, trank ihn aus und wendete sich zum Gehen. — Halt! rief der Krämer, Ihr habt den Grog noch nicht bezahlt. — Dafür habe ich Dir ja das Brod gegeben, erwiderte die Rothhaut. — Das Brod ist aber auch noch nicht bezahlt. — Ei, deshalb lasse ichs ja eben da!
— Als der russische Literat Ryljeff als Theilnchmer an der Verschwörung gegen Kaiser Nikolaus I. hingerichtet werden sollte, riß der Strick und man sagte dem Verurtheilten, daß er am Leben bleiben solle, wenn er um Gnade bitte. — Wer möchte in einem so erbärmliche» Lande leben, wo nicht einmal der Strick des Henkers hält! erwiderte Rpljcff und ging muthig in den Tod.
— Jüngst wurde auf einer Tclegraphcnstation von einem Viehhändler folgende Depesche an einen Collegen aufgegeben: „Morgen früh alle Schweine nach dem Bahnhof bringen. Dich erwarte ich auch!" Eine andere nicht minder naive Depesche erhielt dasselbe Telegraphenamt zur Beförderung; sie lautete: „Komme erst morgen. Personenzug nimmt keine Ochsen mit."
— Ich schlage dich um die Ohren, daß du den Bürgermeister für den Nachtwächter ansehen sollst! sagte ein Schuster zu seinem Lehrburschen.
— Zur Zeit, als Napoleon der Erste Oestreich angriff, cirkulirte in Wien in tausend Händen folgender Vers, der zugleich eine Gotteslästerung und Beleidigung eines „gekrönten Hauptes" enthielt:
„Hat Gott der Herr noch einen Sohn,
So istS gewiß Napoleon,
Und dieser muß auf dieser Erden Wie jener noch gekreuzigt werden.
Drum bringet ihn hierher nach Wien,
Gewißlich ists, wir kreuzgen ihn!"
Druck und Verlag der G. W. Zaiser'sche» Buchhandlung. Siedaln-u: H v >zle.