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seiner Pflichten gegen den Bund und seine deutschen Verbündeten werde Oestrcich aus seiner abwartendcn Stellung heraus nöthigen.
Turin, 21. Mai. Die Abgeordnetenkammer genehmigte heute den Züricher Vertrag mit 215 gegen 16 Stimmen. — Die Subscription sür Garibaldi nimmt fortwährend einen günstigen Verlauf. Der Munizipalrath von Como hat 50,000 und der von Lodi 60,000 Lire für Sizilien beschlossen.
Turin, 21. Mai. Man versichert hier, in einem am 16. dß. ans Sizilien statkgefundenen Kampfe hätten die Garibaldia- ner die neapolitanischen Truppen in die Flucht geschlagen; man glaubt, Garibaldi werde am 19. in Portenico eingetroffcn sein. Die Garibaldianer sollen in einem Halbkreise vor Palermo verschanzt sein. Unter den neapolitanischen Truppen und den Re- giernngsbeamten soll große Entmnthignng herrschen, der Enthusiasmus der Bevölkerung dagegen den höchsten Grad erreicht haben. ' (Fr. I.)
Turin, 22. Mai. Berichte ans Palermo vom 20. erwähnen das Gerücht von einem glänzenden Siege Garibaldi's bei Monreale. (Fr. I.)
Paris, 23. Mai. Nach dem Paps meldet eine, über Brüssel gekommene telegraphische Depesche, daß Garibaldi an der Spitze von 6000 Mann in Palermo eingerückt ist. Nach Berichten, welche die Patrie erhält, concentrirt Garibaldi alle seine Streitkräfte ans Sicilien, nachdem ans einen massenhaften Einsall von Toskana aus in die Kirchenstaaten und von da ins Neapolitanische nicht mehr zu rechnen ist. Alle Freiwilligen gehen daher in kleinen Abtheilungen nach Sicilien, wo sie an bestimmten Punkten landen und dann nach dem Hauptquartier abgehen. Die Artillerie, Lebensmittel, das Lagcrzeug und das Armecmaterial werden ausschließlich nach Sizilien geschickt. Ist Garibaldi Herr der Insel, fährt die Patrie fort, so kann er über eine starke Marine verfügen und eine gewaltige Expedition gegen das Festland organischen. Die Negierung trifft daher alle Anstalten, um Sicilien energisch zu vertheidigcn; ihr bester General, ihre besten Truppen und ihre besten Seeleute werden Garibaldi gegenüber gestellt. Sechs Geschwader sollen die Küstcnverth'eidigung übernehme»; sie zählen im Ganzen ungefähr 52 Kriegsschiffe jeden Ranges. (H. T.)
Paris, 21. Mai. Die „Patrie" veröffentlicht die von der neapolitanischen Regierung anSgcgangene Depesche, welche die Niederlage der Aufständischen bei Montrcale berichtet, sie berichtet aber, eine andere Depesche melde, daß im Gegenthcile die Truppen Garibaldi's die stark verschanzten Neapolitaner angegriffen und dieselben vollständig geschlagen hätten; nach dieser zweiten Depesche müßte das Ergebniß dieses Gefechtes die sofortige Räumung des Forts von Palermo, von Messina, von Trapaiii, von Catanea und Syracus herbeiführen; eine Depesche aus Messina vom 22. soll berichten, unter den Behörden, herrsche allgemein panischer Schrecken; die Einwohner in großer Zahl begäben sich zu Garibaldi: von den Fremden werde die Stadt verlassen, die Soldaten hätten sich in die Forts geflüchtet. (T. d. Fr. I.)
Paris, 24. Mai. Tie Opinion nationale versichert uns, General Goyon habe General Lamoriciere angckündigt, daß falls die römischen Truppen sich nicht innerhalb der Grenzen des Kirchenstaates erhalten und von jeder Dazwischcnkunft außerhalb der römischen Staaten fern halten wollen, auch der General der französischen Truppen entschreiten und seinen Weisungen gemäß handeln werde. (H. T.)
Paris, 26. Mai. Der Constitutionnel beklagt sich über die ungebührlichen Angriffe deutscher, namentlich preußischer Journale gegen Frankreich. Deutschland, fährt er fort, sowie das übrige Europa werde sich an das legitime Ucbergewicht Frankreichs unter Napoleon IU. gewöhnen, dasselbe sei zwar durch die Wiener Verträge wou 1815 verloren gegangen, letztere seien jedoch paralystrt durch die glücklich geführten Kriege gegen Rußland und Ocstreich, wodurch das Gleichgewicht wieder hergestcllt worden sei. Das Kaiserreich könne ohne Macht und Größe nicht „der Friede" sein. (T. d. H. T.)
In Kopenhagen scheint man mit allem Ernste von der Nvthwcndigkeit zu sprechen, Hamburg militärisch besetzen zu /
lassen, um Preußen zuvor zu kommen. Undenkbar ist es aber nicht, daß zwischen Frankreich und Dänemark dergleichen lfür gewisse Eventualitäten abgekartet wurde.
In dem Wnndcrlande Egypten hat der Alterthnmsfor- scher Mariette in der Nähe der großen Sphinx einen Ungeheuern Palast in Granit ansgegraben. In den Ruinen fand man 7 große Standbilder eines Königs, wahrscheinlich desselben, der die große Pyramide erbaut und 3600 Jahre vor Christus gelebt hat.
Allerlei.
— Die deutschen Landprediger leben gegen die amerikanischen, was die Arbeit anlangt, gleichsam wie im Paradiese. Letztere müssen den größten Theil'ihrer Lebenszeit zu Pferde zubringen, denn ihre Gemeinden liegen oft 20—40 engl. Meilen weit von einander entfernt, und es kommt vor, daß ein Prediger täglich 40 Meilen znrücklegcn muß; viele machen jährlich 1000 Meilen zu Pferde. Dabei müssen sie in der Regel sehr kärglich leben.
— In Goslar werden bei H. und N. Koch Zündhölzchen verfertigt, die keinen Phosphor enthalten, bei ihrer Entzündung durchaus keinen Geruch verbreiten, sich nicht selbst entzünden können und in keiner Beziehung der Gesundheit nach- thcilig sind. Noch ein besonderer Vorthcil ist, daß die Zündhölzchen nie unbrauchbar, sondern je länger sie liegen, um so besser werden.
— Die Tagals vom Stamme der Malayen ans den Philippinen haben zwar keine philosophischen Gesetzbücher, aber eine ziemliche Portion gesunden Menschenverstandes. Ist z. B- ein Diebstahl bei ihnen begangen worden, so müssen alle der That Verdächtigen mit einem großen Bündel Gras auf dem öffentlichen Platze erscheinen. 'Diese Bündel wirst mau aus einen Haufen und untersucht, ob der gestohlene Gegenstand sich darin befindet. Ist dies der Fall, so fragt Niemand nach dem Diebe und Niemand bestraft ihn. So ist dem Verbrecher auch nach der That die Möglichkeit geboten, seine Rene ohne Gefahr zu bekhätigcn. Findet sich aber die gestohlene Sache unter dem Grase nicht, so wirft man alle Verdächtige in den Fluß. Wer zuerst wieder an der Oberfläche erscheint, ist.der Dieb und wird bestraft. „Seine Angst macht seinen Athem kurz, so baß er nicht lange unter dem Wasser bleiben kann", sagen die Tagals. Mancher ertrinkt, weil er zu lang taucht, um nicht sür schuldig zu gelten.
— Compaß-Blume ist der Name einer in den Prai- rien von Texas entdeckten Pflanze, welche unter allen klimatischen Verhältnissen, Regen, Frost, Sonnenschein, beständig nach Norden sich wendet und, abgesehen von ihrer wissenschaftlichen Merkwürdigkeit, von Bedeutung für die Schifffahrt werden kann.
— Die Obstbäume zu stärken und das Abfallen der Obstblüthcn zu verhindern. Um eine sichere Obsternte zu erhalten, wird mit Erfolg folgendes Verfahren angcwcndet: Man stößt mit einem Hopfcneisen tiefe Köcher in den Boden um die Bäume herum, so weit die Krone reicht, bei Birnen tiefere, als bei Acpfeln und Kirschen und bei diesen tiefere, als bei Pflaumen. Auch bei dem Weinstock kann cs geschehen. Diese Löcher werden zur Zeit der Blüthe oder kurz nachher mit Wasser vollgefüllt. Ein Nachfüllen von Zeit zu Zeit ist noch besser und 'kann überhaupt nicht übertrieben werden, weil es nicht schabet. Nimmt man anstatt Wasser sehr verdünnte Guanolösung od«r Mistjanche, so ist die Wirkung auf eine kräftige und allgemeine Fruchtbildung um so sicherer.
— Dieses Mittel hat sich als probat bewährt und kann und sollte alljährlich — gleichviel ob der Jahrgang trocken oder naß
— angewcnbet werden.
— Friedrich der Große hörte einst einen Schüler von Quanz so vorzüglich Flöte blasen, daß er Quanz beschuldigte, er habe ihn das Flöteblascn nicht so gründlich gelehrt, als den jungen Menschen, denn dieser blase besser. „Ja Majestät", sagte Quanz mit der Bewegung des PrügelnS, „bei diesem habe ich auch die äußersten Mittel anwenden dürft». — „Höre Er", versetzte der König, „da wollen wirs doch bei der alten Methode lassen."_
Truck,,»» Verlag der G.W.Zaifer'scheu Buchhandlung. Rkdakt,'°u: 4°lzl