«em Plätzchen. Hier weinte ich still, und sagte leise: „Nehmen SieS nickt übel, Gitter Herr Letter, ich kan» ja nicht hinkomnen, aber im bade Sie viel lieber, als de» Hirsch, o, wenn Sie nur nickt lobt wären!"
Noch einige Male versuchte ich es, meine Sehen oder Furcht zu uberwinden. Es blieb vergebens, r-ber ich ging nun aueb nicht wieder hinüber zu dem Hirsche. Ost griff ich hinein in meine Tasche und befühlte den Dreier, und klagte mich von Neuem des Undanks an.
Endlich kam Konrad. Ec brachte einen jungen Kameraden mit, welcher an Jchren ibm gleich stand. Ich wußte, daß Beide Freunde waren, hakte sie öfter zusammen ans die Jagd geben seben, und dann und wann war der junge Bursche auch mit zu dem Schneidervetter gekommen.
Sie brachten eine Trage und eine leinwandenc Decke mit sich. Konrad fragte, ob ich mich gefürchtet, ob mir die Zeit lang geworden. Ich bejahte cS. Während besten bückte sieb Konrab's Begleiter nieder zu dem Todten, um den Schuß zu untersuchen Als ec sich erhob, sagte er: „Armer Meister Haferkorn!"
„Er hatS überstanden", antwortete Konrad, „mag auch ich nun das Weitere überstehen! Mir ist'S um die arme Marie, sonst hätte ich nichts dagegen, wenn ich hier läge neben meinem Vater! Faste an, Franz", setzte er seufzend hinzu.
Und sie faßten den Schneidcrvetter an, sie hoben ihn auf die Trage. Nantingmütze und Wünschelruthe legten sie ihm auf den Leib, de» Stock nahm ich. Nun breiteten sie die Leinwanddecke über den Leichnam, doch ehe sie die Trage anfhoben, sagte Konrad's Kamerad: „Ich muß erst den Hirsch sehen, und den' Schuß", und sogleich lief er schnell an Ort und Stelle, und ich weiß, daß mirs schwer wurde, nicht mitznlanscn.
Ernst und ruhig stand Konrad an der bedeckten Leiche, bis jener znrüctkam.
„Und was machen wir mit dem Hirsch?" fragte der Kommende, nachdem er sich lobend über den Schuß ausgesprochen.
„Bor der Hand nichts, er muß liegen bleiben", antwortete Konrad, „geht Alles gut, so lchaffen wir ihn fort in nächster Nacht. Jetzt laß uns eilen, Franz."
Nun wurde auch wirklich geeilt. Franz und Konrad ergriffen die Trage mit dem Todten; wir schritten durch die licht- braune Nacht, die Beiden voraus, ich mit dem Stocke des gute» Vetters hinterdrein. Der Weg, de» wir gingen, führte zwar auch durch Busch und Wald, aber cS war ein ziemlich breiter Fahrweg, so daß wir ungehindert den raschen Marsch fortsetzcn konnten, und hereinragende Zweige nur selten die Trage berührte» oder an das Gewehr schlugen, weiches Konrad quer auf dem Rücken trug.
„Merke wohl auf, Fritz", sagte Konrad, indem wir durch den Wald gingen, „meinen Vater legen wir zu Hause in sein Bett, und sobald der Morgen da ist, kommst Du zu mir ins Forsthaus und bringst mir wehklagend die Post, daß mein Vetter in der Nacht gestorben sein müsse, weil er sich nicht rege und bewege, sondern ohne Athem und blaß im Bette liege. Nun gehe ich schnell mit Dir. Daheim klagen wir Beide. Im Hause wird der plötzliche Tod schnell bekannt, ebenso in der Nachbarschaft. Den Wunsch, daß er, wenn er einmal sterbe, nicht abgcwaschcn sein wolle von der Leichenfrau, sondern von einem Manne, kennt man im Dorfe seit langer Zeit. So gehe ich dann zur Leichenfrau, bezahle ihr die Gebühren und übernehme das Waschen und Ankleiden selbst. Der jetzigen Wärme wegen kan» er auch bald begraben werden."
Er instrnirte mich nun, wie ich mich bei Allem zu verhalten habe, wie wichtig es sei, daß ich das gehörige Schweigen beobachte. Gar eindringlich war seine ernste Ermahnung; auch begriff ich Alles sehr wohl, und versprach, in jedem Stücke ihr nachznkommen. Mit seinem Kameraden Franz machte er es kürzer als mit mir. Er wußte, daß er auf diesen sich verlassen konnte.
Es mochte gegen zwei Uhr sein, als wir in die Nähe des Dorfes kamen. Ans der Schänke her vernahmen wir noch die ärmliche Tanzmusik. Bald aber verstummte dieselbe, an ihre Stelle
trat Geschrei und Lärm, und ehe wir an die Zaungäste kamen, sahen wir, was das Alles zu bedenken hatte. AnS dem Dache der Schänke brachen Flammen; vielfach ertönte der Ruf: „Feuer, Feuer!"
„Nun scknell vorwärts, daß wir durch die Gasse kommen!" befahl Konrad.
Wir setzten uns in vollen Trab, kamen in die Gasse, aber schon sahen wir einzelne Leute durch dieselbe laufen. Auch wurde es Heller, immer Heller, die Flamme leuchtete über die Gärte« hinein bis ans de» Weg, welchen wir gingen.
„Wir diusen nickt mehr vorwärts, man wird uns erkennen, — hier hinein in den Garte», unter die dunkeln Bäume!" commandirte Konrad.
„Hier gehtS nicht, müssen ein Stück noch vorwärts", antwortete sein Kamerad, „weiterlin ist ein Loch im Zaune, da kommen wir durch."
Wir ging » ein Stück, — da klimperte cS, etwa 20 Schritte vor uns, üb.r eins der Qnergäßcken weg, die sich hier kreuzten.
„Nieder, nieder. — bückt Euch!" sprach erschrocken Konrad, indem er sich duckte und dicht an den grünen, zweigreichen Zaun sich drückte. Wir thaten es ihm schnell nach, denn auch wir sahen jetzt, was Konrad zuerst gesehen hatte, — wir sahen den Schulmeister, in dessen Hand die Thnrmschlüffel klimperten. Gerade durch unser Nieberdncken und Andrücken an den Zaun, wobei ein Rascheln entstand, mochte der Schulmeister aufmerksam geworden sein. Er blieb stehen, sah nach uns hin. lief aber in diesem Augenblicke auch schon weiter, schnell nach der Kirche zu. Kaum waren wir eingetreten in den Garte», da erklang vom Tynrmc die Sturmglocke. (Forts, solgt.)
Allerlei.
Europäischer Circus.
Europäische Production der höhere» politischen Acrobatic, Bölkcr-Dres- sur unv Principicn-Nciterci.
Erste Abtheilnng: 1> Große französische Voltige: das Hinwegsetzen über die breitesten Verträge und höchsten Rechtsbegrtffe. 2> Der drcssirte Hengst Socialismns, vorgeführt vom Herrn Direktor Louis. Er geht anf dessen Com- mando »nd frißt ans der Hand. 3> Die wilde Stute Revolution, mit Erlanbniß des Hrn. Directors Louis zehn Minuten ohne Zaum und Zügel, geritten von Signor Garibaldi. 4) Das muntere Viergespann, bestehend ans den Gäulen Piemont und Toskana und den allerliebsten Pony's Parma und Modena. 5) Die beiden Clowns, WaleSki und Ruffel werden die Ehre haben, in den Zwischenpausen das Publikum durch komische Frage», Depeschenwerfcn, sich selbst in daS Gesicht Schlagen, und andere dergleichen Schwänke zu unterhalten.
Zweite Abtheilnng: 1) Der Indianer Palmerston, der weltberühmte Kankscknkmann, wird seiner bisher für unmöglich gehaltenen Wendungen und Verdrehungen wegen allgemeine Bewunderung erregen und zuletzt sich immer wieder auf die Beine bringen. 2) Die Stute Brittania, dresstrt und vorgcfübrt vom Herrn Director Louis. Sie läßt sich von demselben Alles gefallen und kniet auf Verlangen vor ihm nieder. Das Ausschlagen hat sie sich beinahe ganz abgewöhnt, höchsten? versucht sie es gegen eine» kleinen Buben. 3) Der deutsche und italienische Bundestag, eine höchst komische Scene. (kW. Fällt eingetretener Hindernisse halber weg. Die Red.) 4) Die Caval'cade des Herrn Gortschakoff, ein großes Cu- riosnm. Der Künstler wird in Begleitung mehrerer hinkender Vergleiche und lahmer Schlußfolgerungen auf dem deutsche« Bundesrecht hernmreiten und die Runde durch die Zeitungen machen. 5) Die schöne Wienerin Camarilla in ihren unvergleichlichen Rückwärts-Voltigen. 6) Der berühmte Groteske- Reiter Cavour mit seinen außerordentlichen Sprüngen ans dem Cabinet in das Privatleben und wieder zurück, wobei er in der Lust während der Wendung 50 Millionen Schulden macht.
Schluß: Die Jagd von Fontainebleau und En: „wenn der Pavst nickt kommt, müssen wir uns so unterhalten", große Quadrille im Kostüme Louis XIV. (Ver. Staatenztg. in Philad.)
Truck UI» Vcrlag d-r G. W. Zaisrr'schiu Buchhandlung, R-dallinu: p» ljle.