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Frankfurt, 5. April. Ans sicherster Quelle geht uns die Nachricht zu, daß der russische Minister der auswärtige» Angelegenheiten, sowie Gras WalewSki, bereits in Baden-Ba- den Wohnungen für ihren Aufenthalt während des Kongreffes in Stand setzen lassen. (A. Fr. C.)

Kehl, 6. April. Im Laufe des Monats März sind 230 Personen über hier nach Amerika ansgewandert. Der größte Theil dieser Auswanderer bestand aus Angehörigen des Königreichs Württemberg, durchschnittlich jungen kräftigen Leu­ten. Die Kriegsbefürchkungen dürfen wohl an der in diesem Frühjahr wieder stärker anstretendc» AnSwanderungslnst eine Hauptursache sein. (Klsr. Z.)

Wien, 5. April. Bon Seite zweier italienischer Negie­rungen liegen bereits Erklärungen rüasichtlich des in Aussicht stehenden Kongresses vor, und zwar sind es die römische und die neapolitanische Negierung, welche sich bis jetzt darüber geäußert haben und zwar in einer durchaus konformen Weise. Beide erklären, daß sie den Kongreß nicht beschicken und unter keinen Umständen sich an demselben irgend wie betheiligen wol­len. Sie protcstiren im Vorhinein gegen jede die inneren An­gelegenheiten ihrer Staaten betreffenden Beschlüsse desselben und erklären, daß sie jede Anerkennung derselben verweigern würden. Bon Seite Toscana's, Parma's und Modena'S liegen bis jetzt in dieser Hinsicht noch keine bestimmten Erklä­rungen vor, rücksichtlich des letzteren Staates ist übrigens eine solche überflüssig, da er ohnehin, wie französische Blätter mel­den, nicht zum Kongresse beigezogen würde, weil er das fran­zösische Kaiserreich noch nicht anerkannt habe. (St.-A.)

Es gibt gescheidte Leute, die wetten wollen, daß in vier Wochen der Krieg ausgebrochen ist. Nur Eins könnte sie dieser Ansicht abwendig machen: wenn Frankreich, Sardinien und Oesterreich entwaffnen. Bis jetzt verlautet darüber nicht das Mindeste.Ich komme, schreibt Einer ans Lyon, von einer Reise in Italien und muß bezeugen, daß überall die Aufregung und die Rüstungen ungeheuer sind. Alle Eisenbah­nen sind voll Militär und Einberufener, hier in Lyon ist eine Armee von 80,000 Mann versammelt. Alles spricht von dem bevorstehenden Kriege, und wenn man nach dem Cvngreß fragt, wird mau ausgelacht."

Turin, 7. April. Briefe ans Mailand bringen einen sehr kriegerischen Tagsbefehl, der in den Kasernen angeschlagen worden ist und worin gesagt wird, daß die Soldaten den^Ieber- muth Piemonts demüthigcn sollen. (T. D. d. St.-A.)

Neapel, 5. April. Die Aerzte haben erklärt, daß die Krankheit des Königs unheilbar sei. (T. D. d. St.-A.)

Paris, 8. April. Gestern ist die Konferenz über die Angelegenheit der Donaufürstenthümcr zusammengetreten. ^ lT. D. d. St.-A.)

London, 7. April. Palmcrston wird morgen das Mi­nisterium über den Stand der Unterhandlungen in der italie­nischen Frage interpclliren. (T. D. d. St.-A.)

London, 8. April. Tie Interpellationen wegen der auswärtigen Angelegenheiten wurden ans die nächste Woche ver­schoben, nachdem die Regierung erklärt hatte, sie seien im gegenwärtigen Augenblick mehr als unstatthaft. Lord Malmes- bury fügte bei, die Regierung habe Alles was in ihrer Macht stehe gethan, um den Frieden aufrecht zu erhalten. (Es wurde also in der Sitzung am 7. nicht blos im Unterhause von Pal- nierston interpellirt, wie die gestrige Depesche berichtete, sondern gleichzeitig auch im Oberhaus.) (T. D- d. H. T.)

Königin Victoria hat erklärt, sic könne das Mini­sterium Derby in der jetzigen europäischen Krisis nicht entlassen und werde das Parlament auflösen, aber erst Ende April, wenn die dringendsten Geschäfte erledigt seien. Lord Palmcr- ßon ist mit dieser Entscheidung nicht zufrieden; wenns an allen Orten spuckt und glimmt, dann juckts den alten Lord Fencr- brand in allen Fingern.

Petersburg. Angeblichaus sehr guter Quelle" wird derTribüne" in Newyork aus London mitgetheilt: Eine der wichtigsten Thatsachcn, vollständig authentisch, wenn auch den Zeitungen noch nicht bekannt, ist die Unterwerfung der Khalka- Tataren unter Rußland. Die Kopfzahl dieser Stämme beläuft

sich auf vier Millionen und ihr Land erstreckt sich von der Grenze der Provinz Irkutsk bis zur großen mongolischen Wüste. Daö in diejcr Weise erlangte Land ist so groß wie Frankreich und bat etwa das Klima des südlichen Frankreichs. Es ist das Italien Sibiriens. Nimmt man dazu.die neuerliche Er­werbung des von dem Amur bewässerten Landes, so hat Ruß- land seit der Thronbesteigung Alexanders II. in Asien ein Ge­biet erlangt, so groß wie Frankreich, Belgien und Holland und ganz Deutschland znsammengenommen. Es scheint in der That, als gehe die Absicht Rußlands nicht auf Indien, sondern ans China. Diese Thatsache, sie ist ohne Zweifel richtig, ge­hört zu den großstcn politischen Ereignissen, die seit mehreren Jahren vvrgekommcn sind, und es ist der bedeutendste Schritt, den Rußland seit der Theilung Polens zu seiner Vergrößerung gethan hat.

Am 29. September erlitten 327 chinesische Auswanderer, welche auf einem englischen Schisse nach Sydnei in Australien wollten, bei der Insel Rossel in der Südsce Schiffbruch. Mit äußerster Anstrengung brachte der Kapitän die Beniiigliickten an das Land; er selbst steuerte mit acht Matrosen ans cinem Boot von der Insel weg, um auf dem weiten Ozean Hülfe für die armen Chinesen zu suchen. Am 8. Oktober kam der französische Dampfer Styx nach der Insel Rossest zu diesem Zwecke zurück, traf aber die armen Auswanderer, Männer, Weiber und Kinder, sowie die bei ihnen zurnckgelaffcnen Ma­trosen nicht mehr; sie alle wurden, bis auf einen Chinesen, von den Eingcboruen niedcrgemetzclt, und da aus dem franzö­sischen Schisse Niemand das Chinesische verstand, weiß man auch von der Schauderthat noch keine nähere Details. (B. Z.)

Allerlei.

In den Champs ElisocS zu Paris fand am l8. d. M. eine Wette um 1000 Frd'or zwischen dem Lord T. und cinem alten französischen General um den Sieg in einem Hah- nenkampf statt. Lord T. brachte zur Stelle einen mit stähler­nen Sporen bewaffneten englischen Kampfhahn, der General einen gewöhnlichen Hahn ohne solche Sporen, dennoch trug dieser letztere den Sieg davon, und der englische Kampfhahn blieb todt ans dem Platze. Lord T. bot für den Sieger noch 1000 Ld'or, der Besitzer desselben schlug jedoch diese Summe, aus, indem er sagte: Lion eog essest l'oisoau cko la Francs, et ne jo lo vsnlls pLZ.

In Australien verlangt eine Dienstmagd jährlich 230 Thalec Lohn, wöchentlich zwei freie Tage und Unbe- schränktheit der Licbhabcrzabl.

Ein protestantischer Appetit. Erasmus, der eine schwächliche Constitution hatte und welchem deshalb von cinem Bischöfe die Erlaubniß ertheilt worden war, zu jeder Zeit Fleisch zu essen, erhielt Vorwürfe vom Papste, weil er die Fastenzeit nicht cinhaltc.Ich versichere Euere Heiligkeit", crwicderte er, mein Herz ist gut katholisch, aber ich bekenne, daß ich einen lutherischen Magen habe.

Ein fanatischer Spstematiker. Pfarrer. Sie wol­len also wirklich wieder heirathcn, Hr. Bärcnwirth l? Wirth. Schätz' wahrlich wohl, i will! Pfarrer. Und die Schwester von Ihrer vo­rigen Frau? Sie haben ja mit der Verstorbenen nicht gut gelebt. Wirth. Noi Wäger, wia Hund und Katz! 's ischt mei dritte Frau gwea und alle send se Schwester« gwea und mit koiner Han i guat q'haust, aber g'rad deßwega nimm' r setz' die viert' Schwester au zur Frau: i will se schoo kriaga! Pfarrer. Aber ich sehe keinen Grün» ein. Warum denn eigentlich? Wirth. Wisset Se, Herr Pfarrer, i moin eba, 's ischt 's Beschtc, wenn i glei da ganz« Schlamm

ausrott'! . ^

Die Ehegenossinnen eines Advokaten und eines Arztes genethen in einer Gesellschaft in eine bittere Schraubcrei hinein.Wenn sich rwci Aerzte umarmen," sagte der Rechtsgelehrte,so tanzt der ^od." Das ist noch ein sehr erträglicher Anblick," erwiederte die Hellkünst­lerin.Aber wenn sich zwei Advokaten umarmen, so tanzt der Erccutvr. Dich Bild läßt sich an Furchtbarkeit mit keinem andern m Parallele stellen.

Druck und Perlag der G.

W. Zia i s-r'schen Buchbandlung.kRedaklinn I Hdlzle.