HanS geführt. Frau Hanna folgte n»d ließ die Verlobten allein unter der Linde zurück.
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„Ei, wo haben Sie Ihren guten Humor gelassen, Freund Pilz'?" — fragte Jonas seinen Gast, als sie Beide auf dem Kanapee Platz genommen hatten — „Sic werfen Ihre Tasche da so unwillig auf die Seite, als trügen Sie päpstliche Bannbullen darin."
„Nun viel besser ist's auch nicht" — erwiderte der Epho- ralbote — „wenn sicb's für ein Stück von der Geistlichkeit geziemte, so möchk' ich die Tasche sammt ihrem Inhalt zu allen Teufeln wünschen. So sauer, so in den Tod zuwider ist mir mein Dienst noch nicht geworden, wie diesmal, und hinge Unsereiner mit zwölf Kindern nicht so sehr am Brodkorb, so hätte ich lieber den Dienst qnilkirt, als diese Misstve getragen. Denken Sic nur — doch Sie Werdens ja gleich selbst lesen."
Er bückte sich nach der abgelegten Tasche und entnahm ihr ein Schreiben, das er dem Schulmeister überreichte.
Dieser öffnete cs und las. Sein heiteres Angesicht bewölkte sich, und als er mit dem Lesen fertig war, gab er das Schreibe» seiner Frau, die eben einen Teiler mit Bntlerbrod auftrug. „Da lies einmal, Hanncheu, was der neue Oberschulrath für die Schulmeister ausgeheckt hat" — sagte JonaS und nöthigte den Gaü zuzulangen.
Auch Hanna's Gesicht wurde beim Lesen des Schreibens sehr ernst und mit einem Seufzer gab sie cs ihrem Gatten zurück.
„Ist das nicht, um im ganzen inneren Menschen eine einzige Dissonanz zu werden?" sagte Jonas. „Da soll nun plötzlich die Aufklärung Schuld sein an allem Unglück dieser Zeit! Alle Unzufriedenheit, alle Empörung, alle Unordnung, kurz alles Unheil, was in den vergangenen Jahren geschehen, soll nur eine Frucht Dessen sein, was sie rationalistischen Unglauben zu nennen belieben. Wir Schulmeister werden zu Hauptsündcnböcken gemacht, weil wir die Gemüther, statt im alten einfältigen Glauben zu erbauen, mit flacher Wcltbildung, mit sündigen Hoebmuthsblaseu unserer schlechten Vernunft erfüllt hätten. Darum soll nun Alles, was im Mindeste» dem blinden Glauben gefährlich werden könnte, aus dem Schulunker. richte ausgemerzt werden: Natur lehre, Weltgeschichte, freie Bibelerklärung soll hinfort aus dem Schulplane fern bleiben jedes andere Neligionsbuch als Luther's Katechismus ist untersagt, namentlich sind Dintcr's Schriften auf's Strengste ver- ph„t — selbst das Rechnen und Schreiben beschränkt mau — kurz Nacht, Nacht, Nacht! — das ist es, was der neue Oberschulrath decrctirt. Und wenn wir zur Ausführung dieses lichtscheuen Tecrets nicht die Hand bieten, so sollen wir aus dem Amte gejagt werden!"
„So ist's" — sagte der Ephoralbote — „und nu»/wißt Ihr, warum ich jo übelgelaunt bin. Ach, nimmer hält'ih geglaubt, daß ich jemals das Werkzeug zu einem solchen Attentat auf den Geist abgeben müßte. Es ist recht traurig bei uns geworden!"
„Da siehst Tu nun, Hannchcn, was es mit unserm müh- vollen Tagewerk für eine Bewandtnis hat" — begann Jonas wieder — „Unser ganzes rastloses Streben und Wirken im freudigen Vertrauen auf Gott, im süßen Bewußtsein, ihm zu dienen, an seinem Reiche zu bauen, ist nur Teufelsdienst gewesen, so will es der hohe Oberschulrath. Die Verwandlung einer verwilderten Gemeinde voll Rohheit, Liederlichkeit, Streitsucht und Gottlosigkeit in ein gesittetes, friedsames, blühendes Gemeinwesen , daran wir uns immer so sehr erfreut, ist nichts als blauer Dunst, Blendwerk des Satans, ist eine sündige Hoch- muthsblase unserer schlechten Vernunft. Alles, was wir da in dreißig Jahren sorgsam aufgebaut, taugt nichts, wir müffen's einreißcn oder das Einrcißcn andern Händen überlassen. Gewiß, alter Freund, Sie haben Recht: es ist recht traurig bei uns geworden! Aber — sagen Sie mir —Sie waren doch schon in 'Erlbach; was sagte der Herr Pastor und mein College, der Cantor, zu dieser Misflve?"
„Was sollten sie sagen?" — war die Antwort — „sie machten betrübte Gesichter und seufzten über die schlimme Zeit."
„Aber was gedenken sie zu thun?" fragte JonaS weiter. „Werden sie dem Befehle so ohne Weiteres Folge leisten?"
„Was sollen sie thun?" — entgegnete der Gefragte — „Etwa protestier»? Mit Vernunftgrüiiden? Ist zu erwarten, daß Menschen, welche von der Vernunft überhaupt nichts wissen wollen, auf Vernunftgründe hören? Oder glauben Sie, Sie würden mit dergleichen bei dem Herrn Oberschulrath aufkommen?"
„Aber" — fiel Hanna ein — „wie ist eS nur möglich, daß dieser Mann ein so blinder Eiferer sein kann? Ich kann mich noch recht wohl auf ihn besinnen, wie er noch Pastor in Erlbach war -— er hat ja »nsern Erstgebornen getauft, war mit auf der Kindkaufe und spielte da so sehr den Freigeist daß wir darüber erscbracken."
„Es ist nun einmal eine Zeit der Wandlungen" — sagte Jonas — „über die des Oberschulraths wundere ich mich am wenigste». Aber gerade von ihm ist auch am wenigsten zu erwarte», daß er auf eine Protestation achten sollte. Ich habe auch keinen Au gen b lick an ein solch fruchtloses Beginnen gedacht, doch habe ich gemeint, der Herr P a sto r und mein College in Erlbach würden diese Misstve aä aets legen und Alles lassen, wie es zeirher gewesen. Ich wenigstens denke Das zu thun — man muß Gott mehr gehorche» als den Menschen. Ich werde morgen dem Ortsschulvorstande die Misstve mitthci« len und dieser mag mir sagen, ob ich in der Gemeinde wie zeither fortwirken — oder mein Amt niederlegen soll."
„Nun, da wird man Sie bestimmt bitten, im alten Geiste forlznwirkcn" — sagte Pilz — „aber ich bitte Sie wohl zu bedenken, was cs für Sie für Folgen haben kann."
„Da ist weiter nichts zu bedenken" — sagte JonaS — „ich wage nichts als mein Amt. Nun, mögen sie mir das nehmen — meine Kinder sind bis auf eiu's versorgt, und dieses eine wird's hoffentlich bald werden. Für mich und mein Weib wird sich schon ein Plätzchen finden, wo wir unser» Lebensabend in Frieden verleben können. Hart und schmerzlich ist es freilich, mitten in der rüstigsten Kraft sich in seinem Wirken gehemmt und gezwungen zu sehen, das Werk, an dem man so lange mit so viel Lust und Liebe als Erfolg. gearbeitet, in fremde Hände zu legen, die vielleicht nur einzureißen suchen, was man aufgebaut. Doch wie Gott will — seinem Schutze befehl' ich diesen dankbaren Acker meiner Thätigkeit. Weg' hat er allerwegen, an Mitteln fehlt's ihm nicht — er kann des Herrn Oberschulraths Verdunkelungsbestrebungen gar bald zunichte machen, und der Geist, der einmal in meiner Gemeinde Wohnung gemacht hat, läßt sich nicht so leicht austrelben, wie besagter Herr meint. Es ist dies kein Schwarm- und Jrrwisch- geist, der sich von jedem Winde hin- und hertreiben läßt, kein Geist des Zweifels, der ewig zwischen Unglauben und Aberglauben schwankt, und zur Zeit der Anfechtung nicht weiß, woran er sich halten soll. Es ist auch nicht der kalte, flache Rationalismus, der nichts glauben will, als was sich mit Händen greifen läßt, eben so wenig ein blinder und todter Köhlerglaube, und weit weniger eine mystische Andächtelei. Der Geist meiner Gemeinde ist der Geist Jesu Christi, der Geist bewußter, freudigster Gotteskindschaft und innigster Nächstenliebe; ihr Glaube eine lebendige Wechselbeziehunng mit Gott dem Seböpfer, Heiland und Geist, wurzelt tief im Gemüthe und stützt sich auf die doppelte Offenbarung der Schrift und der Natur. Diese beiden Offenbarungen gehen mit ihr Hand in Hand, eine ergänzt und erläutert die andere. Und so muß es sein, soll der Glaube festen Grund haben und statt zur Buchstabenknechtschaft zu einer Anbetung Gottes im Geiste und in der Wahrheit führen." «Forts, folgt.)
— EinWienerWitz. Bei Besprechung der Broschüre „Napoleon »nd Italien" meinte ein kaustischer Biertrinker: es sei ja nicht so schlimm gemeint, denn was wolle denn Napoleon? „Nichts als Einiges Italien und Einiges Deutschland!"
— Ein armer Junge zerbrach beim Vierpolen die Flasche. Bitterlich weinend, und wehmüihig auf die Scherben bllckend, schrie er: „Ach Gott, wenn ich nur schon geprügelt wäre."
Truck und L-rlag der G. W. Z afc r'schen Buchhandlung. Redaktion: Hsijl -.