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drum nicht gezaudert. Wir durchsuchen das Haus von oben bis unten, und eine Lustdirue soll mir den Bart ausranfen, wenn wir leer anSgehen. Ich und Dn, Hauemann Jäckel, wir nehmen hier den ehrlichen Bastel in die Mitte, er soll un­ser Wegweiser in seiner eigenen Fuchshöhle sein. Tn, Peter, gehst mit vorgchaltener Partisane dickt hinter dem Wirtb, und bei dem geringsten verrätherischen Laut, den er wagt, oder bei der geringsten Weigerung, das zu thuu, was ick ihn heiße, flößest Du das Eisen von rückwärts ihm i» den Wanst; ich will cs verantworten. Drei von Euch," kvnunandirte der Rvtt- meistcr weiter,halte» Wacht an der Hansthüre und knebelt Je­den, der heraus oder hinein will, ihr Andern folgt uns ans dem Fuß. Vorwärts!"

Der also bedrängte Wirth mußte sich in sein Schicksal ergeben. Sie schritten langsam und leise durch das verödete Haus, indem weder Magd noch Knecht sich blicken ließen.

Von der Decke eines geräumigen Gewölbes, dessen rauhe, halbvermodcrte Steine von hohem Älterthum zeugten, hing eine Thranlampe herab. AnfgcschichtetcS, halb verfaultes Stroh nahm die eine Seite desselben, Waffen und kostbares Geräthe in buntem Gewirre die übrigen Seiten ein.

In diesem schauerlichen Aufenthalte befanden sich Trine, Ralph, Ulrike und Clos, welcher Letztere das Mädchen gröb­lich mißhandelte. I» Folge eines darob entstandenen Streites wurde Trine von Ralph erschlagen.

Ein klirrender Schlag dröhnte jetzt wider die eiserne Thür des Eingangs, welcher aus dem Keller des Scbenkwirths in bas Gewölbe führte. Der Räuber fuhr in die Höhe.

Wer ist draußen?" schnaubte Ralph.

Ich bin'S! Bastel Zivf, Euer guter Freund! Macht auf, ich habe Euch Wichtiges zu verkünden," stammelte drau­ßen der Schenkwirth mit augstkeuchender Stimme.

Um Gottes Barmherzigkeit willen! was geht denn da drinnen vor? Macht doch auf, sonst sind wir ja Alle verloren," rief es draußen nach einer Weile wieder mit frostklappernder Stimme.

Was heulst und lärmst Du doch, als hätte Dich der Henker schon bei'm Kragen, alte Kcllerratte, brummte Ralph und schob den schweren Riegel zurück. In diesem Augenblick drangen Klippenbach und Jäckel, Bastel Zipf in ihrer Mitte führend, herein, und hintenuach ein Schwarm Nathskuechtc.

Vcrrathen! das zum Lohn, Hund!" brüllte Ralph, und mit der ganzen Wucht seiner Streitaxt schmetterte er den un­glücklichen Schenkwirth nieder. Ralph erhob zu einem zweiten Streich die Axt, aber schon saß ihm Jäckels Partisane drei Zoll tief in der Brust. Kraftlos sanken die Arme des Räu­bers zurück.

Verdammt das hat getroffen! mein Stüudlein hat geschlagen," stöhnte Ralph und stürzte zusammen.

Clos starrte stumpfsinnig in das grause Spiel, seine Wild­heit war einer lähmenden Feigheit gewichen.

Jesus! Jesus! da liegt meine gute alte Trine, mein Weib! kalt starr und blutig die Schelme haben sie erschla­gen!" jammerte jetzt Hanemann, als er den Leichnam der Alten wahrnahm.

Holt mir einen Pfaffen ich will Absolution ich glaub', der Teufel greift schon nach meiner Seele," röchelte Ralph.

Der schlaue Rottmeister bog sich zu ihm nieder und raunte ihm in's Ohr:Hast Dn uns nichts an Deine Helfer und Gesellen zu bestellen? Sag' uns, wo wir sie finden."

Der Sterbende verzog sein scheußliches Gesicht zu einem krampfhaften Lachen.Das sollt Ihr nicht erfahren," stam­melte er;aber Meußfenger er muß mit! er soll nicht Zu­rückbleiben, wenn ich fort muß. Er hat das Stückleiu ersonnen."

Jäckel horchte hoch aus.

Meußfenger?" fragte Klippenbach.Sag', wo ist er?"

Bei Frau Guda, seiner alten Buhle."

XIII.

In einem matt erleuchteten Gemach seines Hauses lag auf dem Sicchbette Mateo Vanini, der Wechsclherr, das Haupt

mit einem weißen feinen Liuitentuch umwunden, welches nufer« der Sckläfe eine» Fleck durchgedrungenen Blutes sichtbar werden ließ, und eine bedeutende Kopfverletzung vcrrieth. Auch der Verband, welcher auf der Brust befestigt war, barg unter den blutstillenden, heilsamen Kräutern eine gefährliche Wunde. Der Kranke schlummerte, aber sein Schlummer schien von Schmerzen oder bösen Träumen beunruhigt. Dicht an seinem Bett saß Maria, die barmherzige Schwester, und lauschte aufmerksam auf jede Bewegung des Verwundeten. In dem Benehmen der barmherzigen Schwester lag aber nicht jenes gleichgültige, ruhige Mitleidsbezeigen, welches gewöhnlich Krankeuwärterinnen, als eine Folge ihres täglichen Berufs, eigen zu sein pflegt; in dem Auge der Beginne schimmerten Thränen, und in ihrem ganzen Thun lag eine besondere Theilnahme für den Verwundeten.

Jetzt öffnete sich die Thüre, und herein trat ein greiser Barfüßermönch, und schritt langsam auf das Bett des Kran­ken zu. Vanini fuhr aus dem Schlaf auf und richtete sehnend das matte Auge nach dem Eintretendeu.

Ihr habt meiner begehrt," hob der alte Klostergeistliche nach den ersten Begrüßungsformeln an.

Gelobt sei Gott! daß Ihr gekommen seid, ehrwürdiger Vater. Ich fürckte es steht schlimm mit mir, und bevor der Tod seinen Reihen mit mir beginnt, möchte ich um gar Vieles mein Herz erleichtern und in Euer» Busen niederlegen; nicht damit Ihr cs als ein Beichtgehcimniß darin vergraben, son­dern zu seiner Zeit den rechten Gebrauch davon machen möget."

Gott ist barmherzig und langmüthig, mein Sohn, be­ginne drum ohne Hehl Deine reuige Beichte, und sei zum Vor­aus des lindernden Trostes der Religion, der Absolution unse­rer gnadenreichen Kirche versichert, und meines thätigen Bei­stands , wenn es in der Kraft eines hinfälligen alten Mannes steht, zum Heil Deiner Seele etwas Uebles wieder zum Guten zu wenden."

Der Mönch gab der Beginne, welche sich bei seinem Ein­tritt zurückgezogen hatte, ei» Zeichen, sich zu entfernen. Vanini, der eS zu bemerken schien, verhinderte es.

Laßt diese mildthätige Schwester immerhin an meinem Sterbelager weilen, mein aufrichtiges Bekcuntniß, und mit ihm die Geschichte meines trübseligen Lebens mit anhöreu," sagte der Kranke. War sic cs doch, unter deren hülfreicher Hand ich wieder zu mir selbst kam, nachdem mich freche Mörder nie­dergeschlagen und mir die Pflegetochter geraubt hatten v das arme Mädchen! was wird aus ihr geworden sein? "

Beruhigt Euch, werther Herr, Gott wird seine Heiligen um sie Herstellen zu ihrem Schutz," sagte die barmherzige Schwester mit Zuversicht;Ihr werdet Eure Tochter wieder sehen, rein und schuldlos."

Ja Gottes Heilige werden sie schirmen," sagte, der tödtlich Verwundete, und faltete inbrünstig die kalten, sckweiß- bedcckten Hände.Seid Ihr mir doch auch wie vom Himmel gesendet, fromme Schwester. Ach, daß Pein und Schmerz meine Augen getrübt haben, und mich Eure sanften, frommen Züge nur in undeutlichen Umrigen erkennen lassen. Jst's mir doch zuweilen, als erblickte ich ein wohlbekanntes Antlitz. Eure Worte dringen an mein Herz, wie längst verklungene Töne einer schönen und doch schmerzlichen Vergangenheit.

Die Beginne erwiderte nichts, sie sah ernst und traurig vor sich nieder. Vanini hatte die Augen geschloffen, und das Mnskelspiel seines Antlitzes, bald Schmerz, bald Heiterkeit aus- drückend, ließ sie deutlich die Bilder erkennen, die au seiner Erinnerung vorüberzoge n.

Vernehmt denn mein Bekenntniß, welches Ihr vor Allen meinen Zöglingen mittheilen möget, im Falle sie mich nicht mehr am Leben treffen tollten," wandte der Wechsler sich wie­der an de» Klostergeistlicken.Sie liebten mich so sehr, und hätten mich vielleicht gehaßt, würde ich ihnen offenbart haben, wie viel Schlimmes ich an ihnen verschuldete. Sie mögen .mei­nem Andenken nicht fluchen."

(Fortsetzung folgt.)

Nedigirt gedruckt und verlegt von G. W. Zaiser.