Vor einigen Tagen ist in Berlin ein cigenthümli- chcs Verbrechen verübt worden. Ei» sehr geachteter jun­ger Gelehrter war am Abende im Begriff, sich in seine 2 Treppen hoch gelegene Wohnung zu begeben, als ihm ein.juugcr schwächlicher Mann entgegentrat und ihn zn sprechen verlangte. Er forderte den Unbekannten auf, mit ihm einzutreten, und erhielt nun einen Brief einge­händigt. Während er Licht anzünden wollte, um den Brief zu lesen, wurde ihm eine feste Schnur um den Hals geworfen, anscheinend in der Absicht, ihn zn erdros­seln. Es entstand' ein Kampf zwischen dem Ueberfallencn und dem Unbekannten, bei welchem der letztere schließlich entfloh. Es gelang indessen denselben gleich daraus zu ermitteln und festzunehmeu und zwar erkannte man in ihm unerwarteter Weise ein junges Mädchen in Männer­kleidern. Der Brief enthielt Drohungen, welche auf Zah­lung von Geld berechnet waren. Das Mädchen war früher in Diensten und stand zuletzt in zweideutigem Rufe.

Zwei melancholische auf dem Gesammtbahnhofe jen­seits der Eider befindliche Eisenbahnwagen hatten, der vielen Plackereien überdrüssig, neulich den tragische» Entschluß gefaßt, ihrem traurigen Dasein gewaltsam ein Ende zu machen. In einer unbewachten Stunde, von 121 Ubr Mittags verließen sie, gedrängt von einem heftigen und rücksichtslosen Nvrdwest, den Bahnhof, eilten über die geöffnete Eisenbahnbrücke, stürzten sich mit großem Eklat über Hals und Kopf in die Eider, da wo sie am tiefsten ist, und verschwanden augenblicklich. Zwei ihrer Kollegen wollten, wie von demselben Schwindel ergriffen ihnen nachsetzen, sie wurden jedoch noch rechtzeitig und mit Gewalt durch zwei zufällig in der Nähe beschäftigte fremde Arbeiter von ihrem selbstmörderischen Vorsatz ab­gebracht.

Paris, 9. Dez. Der Prinz Wilhelm von Preußen wird übermorgen hier eintreffen und im preußischen Gesandtschaftshotel hier absteigen, wo Alles zu seinem Empfange bereit ist. Man liest im halbamtlichen Theile des Moniteurs: Man wird sich erinnern, daß der kai­serliche Prinz alsEnfant de tronpe" im kaiserlichen Garde-Grenadier-Regiment ausgenommen wurde. Gestern begab sich eine Deputation Offiziere, Unteroffiziere, Sol­daten und Soldatenkinder des Regiments in die Tuilerien, um Seiner Majestät das Protokoll des Administrations- Raths zu bchändigen, woraus sich die Einschreibung des käst. Prinzen in die Listen ergibt. Dieses Protokoll trägt compagnienweise geordnet, alle Unterschriften des Regi­ments und der prächtige, mit dem Wappen des Kaiser­reichs geschmückte Einband wurde durch freiwillige Beiträge aller Leute des Regiments bestritten. Nachdem die Depu­tation in die Gemächer des Kaisers eingeführt worden war, erschienen Ihre Majestäten und führten derselben den iteuen Cameradcn zu, worauf der Oberst nachfolgende Adresse verlas:Sire! Eure Majestät geruhten den Sohn, welchen der Himmel Ihnen schenkte, Ihren Unter- thanen anzuvcrtrauen. Er wurdeKind Frankreichs" ge­nannt und alle Arme öffneten sich zu seinem Empfang. Heute sagen Sie zu ihren Soldaten!Nehmt dieses

Kind nnter Eure glorreiche Vormundschaft; es wachse in den Ideen der Selbstverleugnung, der Hingebung für das Land, des Gehorsams vor den Gesetzen, deren Hei­ligthum Euer Herz ist; wenn damit die Stunde kömmt, wo er regieren soll, so wird er zu befehlen wissen, weil er zu gehorchen weiß." Und die kais. Armee, dankbar und geehrt, den kaiserlichen Prinzen in ihre Reihen zu zählen, fühlt ihre Tugenden sich steigern. Aber nm wie viel mehr sind wir glücklich und stolz, seinen Namen inmitten der uns'rigen eingeschrieben zu sehen! Erlauben Sie Sire dem 1. Grenadierregimente ihrer Garde E. M. seine ganze Freude zu bezeugen und vor der Wiege des Prin­zen Napoleon Eugene den wahren Ausdruck seiner Liebe und Treue zu erneuern."

Aus Paris erhält dieKöln. Ztg." eine Depesche mit der Nachricht von dem Attentats-Versuch auf den König von Neapel, und berichtet man ferner: Wie ich ans sicherer Quelle erfahre, wurde der König durch einen Bäjonnetstich leicht verwundet. Der Verbre­cher ist verhaftet.

Marseille, 9. Dez. Die Getreidepreise sind be­deutend gefallen; 6000 Hectolitrcs Getreide sind einge- troffen. Die vom Finanzministerium ausgeschriebene Tabak- und Cigarren-Liefernng für Paris umfaßt nicht weniger als 24 Millionen Regalia-Cigarren. Man hat berechnet, daß wenn das Rauchen in dem Maaße zuneb- men wird, wie es seit 25 Jahren znnahm, in etwa 40 Jahren das ganze Budget daraus bestritten werden kann. Eikwr der ausgezeichnetsten Männer der römischen Staaten, Graf Franz Levatelli, wurde als er zu Ravenna in sein Haus trat, durch einen Pistolenschuß getödtet. Des Mörders konnte man nicht habhaft werden.

Pepita, die Spanierin hat 140mal in Berlin ge­tanzt und 18,000 Thaler dafür bekommen. Lernt tanzen, ihr jungen Leute, wird der Arbeitgeber rathen.

London, 9. Dez. Ein junger Mann war vor Kur­zem so unvorsichtig, auf einer Eisenbahnstation seinen Freunden seine Brieftasche z» zeigen und sie mit dem In­halte derselben bekannt zu machen. Das war für einen Spitzbuben, der daneben stand, genug. Von da an be­trachtete er die Brieftasche als seine rechtmäßige Beute. Er setzte sich mit dem jungen Manne in denselben Wa­gen und sein guter Stern wollte, daß sie allein blieben. Bald war ein freundliches Gespräch angeknüpft; man tauschte Erfahrungen und Cigarren; zuletzt bot der Jn- dustrieritter seinem Reisegefährten ein Glas Wein ans derselben Flasche an, deren er sich selber bediente; die Höflichkeit wurde angenommen und wenige Minuten später lag der junge Mann im tiefsten Schlafe, der wohl sehr lange gedauert haben mag, denn als er am Ziel seiner Fahrt ankam, fand er seinen Rock von außen her ausge­schnitten; der Gefährte war mit der Brieftasche längst verschwunden. Er hatte offenbar eine Flasche mit dop­peltem Inhalt bei sich geführt, wie sie von Taschendie­ben gewöhnlich gebraucht wird, und die Moral der Ge­schichte ist einfach die, künftig, in England wenigstens, kein Glas Wein von unbekannten Leuten anzunehmen.