Briefen das folgende, unfern geneigten Lesern vielleicht nicht uninteressante Fragment mittheilen zu können.

--Unsere Fahrt ging glücklich und schnell,

nach wenigen Wochen begrüßten wir die nordamerikanische Küste. Ein glücklicher Zufall wollte, daß ich sogleich, nachdem ich mich ausgeschifft hatte, eine bequeme Reise­gelegenheit nach Philadelphia fand, wohin ohnehin vor­erst mein Augenmerk gerichtet blieb."

Ich war von Herrn Rothschild an eines der ersten nordamerikanischen Häuser, welches zu Ppiladelphia seinen Hauptsitz hat, an R. S. n. Comp, adresstrt."

Nachdem ich in Philadelphia angekommen, mich etwas von den Beschwerden der Reise erholt hatte, klei­dete ich mich an, um Herrn Larmier, dem gegenwärtigen Chef jenes bezeichnten Hauses, meine Empfehlungsbriefe zu übergeben."

Den Palast des Herr Larmier zu bewohnen, dürste sich kein Kaiser schämen, und die inneren Einrichtungen entsprechen vollkommen der großartigen Eleganz der Ar­chitektur."

Ich wurde gemeldet, und nach Verlauf eines halben Stündchens in Herrn Larmiers Kabinct geführt; ein gro­ßer, blaßer, hagerer Mann trat mir freundlich entgegen, allein denken Sie sich lebhaft meinen Schreck, guter On­kel! als ich in diesem Larmier zur Stelle den Jakob mit dem Schimmel wieder erkannte, der auch Ihnen, vom Feldzuge des Jahres 1809 her, noch in gutem Andenken sein wird."

Dem Herrn Larmier entging meine Ueberraschung nicht, und ich verhehlte keineswegs, daß die auffallende Aehnlichkeit seiner Person mit einem merkwürdigen Manne, den ich vor vielen Jahren in Deutschland gesehen, mich für den Augenblick etwas bestürzt gemacht habe. Der Großhändler drang nun so lange in mich, bis er Alles wußte. Lachend rief er aus:Nun habe ich mit Ihrem säubern Brülot wenigstens das Gefallen an den Schim­meln gemein, wie Sie sich überzeugen werden, wenn Sie meinen Marstall besuchen wollen; übrigens, mein Freund, lassen Sie sich durch ein seltsames Naturspiel, wie es wohl zuweilen hienieden vorkömmt, nicht irre führen; schwören Sie kühn zu meiner Fahne, und Sie werden nicht übel dabei fahren."

»In der That stellte mich Herr L. in seinem Haupt­comptoir zu Philadelphia sogleich mit einem Jahrsgehalte

an, wie ihn kein wirklicher-scher Staatsrath bezieht;

mir liegt ob, die spanische, englische und deutsche Korre­spondenz zn leiten, und ich habe große Ursache, mit mei­ner gegenwärtigen Lage zufrieden zu sein.

Ich kann mir wohl vorstellen, daß Sie, bester Onkel! nun begierig sein werden, über Herrn Larmiers Verhältnisse ein Näheres zu hören, und gerne will ich, so weit ich cs im Stande bin, Ihre Neugierde zu befrie­digen suchen."

Herr Larmier kam bereits im Jahr 1810 als ein noch junger, aber damals schon sehr reicher Mann nach Philadelphia. Er heirathete bald darauf die einzige Toch­ter des Herrn R., damaligen Protzrietärs des Hauses R. S. u. Comp., und nach seines Schwiegervaters frü­

hem Tode übernahm Larmier selbst die Leitung der Han­delsgeschäfte."

Das Haus R. S. u. Comp, war von jeher ein gutes gewesen, allein L. verlieh ihm in kurzer Zeit einen Glanz, der alle übrigen überstrahlte, und man nennt nun mit vollem Rechte Herrn Larmier den nordamerikanischcn Rothschild. Des Mannes Ansichten und politische Com« binationen gelten an der Börse ein Evangelium, und ge­ben den Maaßstab zn den großen Spekulationen beinahe der ganzen nvrdamerikanischen Handelswelt. L. hat in Boston, Baltimore und in allen bedeutenden, Großhandel treibenden Plätzen Nordamerikas Comptoire, er unterhält wichtige Handelsverbindungen in England und Südamerika, in dem kleinen Paraguay selbst eine Commandite. Uebri- gens ist Herr Larmier ein glücklicher Familienvater, ein geistreicher und liebenswürdiger Gesellschafter und der lei­denden Menschheit ein großmüthiger Wohlthätcr; was der edle Menschenfreund, Lorenz Schätzler, in dieser Beziehung in Augsburg thut, gleicht nur einem Tropfen Wasser, Larmiers edle, gemeinnützige Unternehmungen und patrio­tische Opfer dagegen einem Meere, denn der Letztere be­sitzt unermeßliche Schätze, von denen er den weisesten Gebrauch macht. Menschenkenntniß ist unverkennbar Lar­miers stärkste Seite; er weiß Jeden zu nehmen, wie er ist; Jedem den rechten Platz anzuweiscn; er schaut, im recht eigentlichen Sinne des Wortes, in'S Innere der Sterblichen; Mißgunst, Haß und Neid habe» keine Macht über diesen seltenen Mann. Seine Abstammung und das Land seiner Geburt kennt Niemand, und er weiß vorlauten Fragen über diese» Punkt mit großer Feinheit auszuwcichen."

Mit den auf nordamcrikgnischcm Boden lebenden Napoleonide» und ihrem Anhänge steht Larmier in dem besten Vernehmen, er besorgt ihre Geld- und Wechsel­geschäfte."

Herr Larmier leidet häufig an einem Brnstübel und sein alter Kammerdiener hat mir gestanden, daß der­selbe von einer vor vielen Jahren empfangenen schweren Brustwunde herrühre; ich mußte dabei unwillkürlich an die verhängnißvolle Nacht im April des Jahres 1809 denken, in welcher Nacht wir Pfeffenhansen mit Sturm nahmen."

Soweit die Notizen des ehemaligen baier'schen wirk­lichen Schützenkorporals.

Wir schließen, denn die imS zu Gebot stehenden Quellen versiegen, und wir würden uns schon glücklich schätzen, wenn der verehrliche Leser eingestehen möchte, solche Quellen seien nicht ganz ohne Umsicht benützt worden.

Die Kriegsgeschichtschreiber erwähnen bei dem Feld­züge des Jahres 1809 verschiedentlich des großen Spiones, welcher auf beide Partheien Einfluß geübt, allein nähere Details über Jakob mit dem Schimmel hat bis jetzt Kei­ner mitgetheilt.

Auflösung des Worträthsels in Nro. 90: Lo comotiv.