fremden Waffengattung, und ich würde verloren gewesen sein, wären nicht meine Reiter jetzt zu meinem Beistände hereingestürmt. Schnell wurden die Infanteristen überwältigt, ich aber stürzte zu Olivia, die Todesangst im Herzen, ich möchte dennoch wohl mit meiner Hülfe zu spät gekommen sein.
Aber schon in der nächsten Minute schlug sie die Augen ans, und als sie mich erblickte, raffte sie sich schnell empor, rief: „Zum zweiten Male mein Retter, und aus unendlich größerer Gefahr!" und preßte mich glühend an ihr Herz.
Es war ein Moment unbeschreiblicher Wonne, aber auch eben so kurz, wie alle ähnliche/ Was Olivia gethau, war in der ersten Wallung ihres Gefühles geschehen; der nächste Augenblick gab ihr die ruhige Besonnenheit wieder, sie sah mit Beschämung, wie weit sie die Gränzen des Anstandes überschritten hatte, matt sanken ihre Arme von meinem Halse herab, und mit kalter Förmlichkeit dankte sie mir nun nochmals.
Doch eine Sccunde entzückenden Bergeisens hatte hingereicht, mich einen tiefen Hsick in ihr Herz thun zu lassen, und mehr bedurfte es 'für jetzt nicht, um mich ans den Gipfel des Glückes zu heben. — Ich durste nun nicht länger hier weilen, denn meine Pflicht rief mich wieder hinab in das Getümmel, aber ruhig konnte ick scheiden, denn ich wußte sie ja in Sicherheit. Ich ergriff ihre Hand, preßte sie glühend an Herz und Lippen, ließ einige meiner Leute als Sauvegarde zum Schutze des Hauses und der Geliebten zurück, gebot ihnen für den alten Petro Sorge zu tragen, und stürzte dann zum Kampfe fort.
Zwei Stunden später trugen mich meine Leute blutend und bewußtlos in das Hans Olivia'S. — Wir hatten den fliehenden Feind zu hitzig verfolgt und waren in einen Hinterhalt gcrathen. Hier hatte ein Kolbenschlag auf den Hinterkopf mich bestnnunigslos vom Pferde geworfen, und eine Kugel mir den rechten Arm zerschmettert.
Wie ich später von meinem Diener erfuhr, war Olivia in wilde Verzweiflung gerathen, als sie mich in diesem Zustande erblickte, und erst als der herbeigerusene Arzt - ihr die heilige Versicherung gab, daß meine Wunden i nicht lebensgefährlich seien, und daß mir nichts Nvth thue, als Ruhe und sorgsame Pflege, erst da batte auch sie sich beruhigt.
Sie wich nun, einer liebenden Schwester gleich, nicht von meinem Krankenlager, und duldete es nicht, daß ein Anderer als sie selbst mir die Arzenei, und so manche kleine Hnlfleistung reiche, wie der Verwundete sie bedarf. — Ja, ich durfte nicht länger zweifeln, — auch in ihr Herz haste die Liebe, trotz des Natioualhaffes, Eingang gefunden. Sie verhehlte mir>dies nicht, und als ich, der Genesung unter ihrer liebreichen Pflege mit schnellen Schritten entgegeneilend, sie mit dem Geständuiß meiner Liebe bestürmte, als ich sie bat, dje Meinige zu werden, da gestand sie mir offen, daß n»r ich ihr theuer sei, daß sie nie einen andern Mann lieben könne, aber dennoch weigerte sie sich mit Festigkeit, mir ganz und für ewig Mizugebören.
Vergebens drang ich mit Bitten in sie, mir den Grund dieser betrübenden Weigerung zu gestehen; lange widerstrebte sic, endlich aber konnte sie mir nicht mehr widerstehen, und sagte, daß sie, trotz der glühenden, innigen Liebe zu mir nie einem Manne ihre Hand reichen könne, der die Waffen gegen ihr geliebtes Vaterland trage.
„Aber wenn ich den Dienst verlasse," fragte ich, wirst Du dann vergessen können, Geliebte, daß ich einst gegen Spanien focht?" Forschend sah ich ihr hiebei in's Auge, ihre Antwort in dem holden Engelsblicke zu lesen.
„Ja, dann!" lispelte sie, und sank erreichend an meine Brust.
„Aber Dein Oheim?" fragte ich zögernd, „wird er, der in jedem Einzelnen von uns die ganze Nation mit unversöhnlichem Jngrimme haßt, wird er je in unsere Bereinigung willigen?"
„Er hat seinen Haß mit dem Leben bezahlt," entgegnest sie leise. „Als Ihr Barbastro stürmtet, stellte er sich an die Spitze der eilig bewaffneten Bürger, und fiel bei der Vertheidignng eines gefahrvollen Postens. — Mit ihm sank der Letzte meiner männlichen Anverwandten in das Grab, und ich stehe frei, meine eigene Herrin, da, aber auch darum einsam, verlassen und schutzlos !" — Unaufhaltsam rannen bei diesen Worten ihre Thränen, der Erinnerung an den schmerzlichen Verlust des Vaters und des Bruders geweint.
Ich ehrte schweigend ihren Kummer, und begann erst nach einer langen Panse: „Nicht einsam, nicht schutzlos stehst Du da, Geliebte, denn noch heute schreibe ick nm meinen Abschied. Vor einigen Tagen erklärte mir der Wundarzt, daß ich des Gebrauches meines Armes nicht wieder mächtig werden würde, und so bietet sich mir jetzt eine ehrenvolle Gelegenheit, aus dem Dienste zu scheiden."
Wie ich es sagte, so ward cS; ich erhielt in huldvollen Ausdrücken den Abschied, und bald daraus wurde Olivia mein Weib. Ich machte nun ihr nickt unbeträchtliches Vermögen zu baarem Gelde, und sie und der - treue Petro, der von seiner Wunde glücklich genesen war,
I begleiteten mich in mein geliebtes deutsches Vaterland, das bald nach meiner Rückkehr von dem lastenden Joche des fremden Zwingherru befreit wurde.
Olivia hat sich an daS rauhere Klima des Nordens gewöhnt, und segnet noch jetzt oft gemeinschaftlich mit mir die Unvorsichtigkeit des Kapitäns, der sich dem Uebcr- falle in jenem Walde anssetzte; denn harte er dem Gebote der Vorsicht gehorcht, so wäre ich vielleicht nie mit meiner Olivia' bekannt geworden, wenigstens nickt unter so merkwürdigen Verhältnissen, und diese allein waren bei dem Nationalhasse im Stande, uns zu nähern.
Gedenken wir jenes Zufalles, der für,n»S so glückliche Folgen batte, so wird unsere Freude durch nickst gestört, als durch einen leistn Anflug der Wehmuth und Trauer über den herben Verlust von Olivia'S Eltern und Bruder, aber die mildernde Hand der Zeit hat ja anck diesen Schmerz gelindert!