Das Gift des Geisterbeschwörers.
Original-Novelle.
Zu Salzburg ruh ich one Klag,
Vnd schlaff bis an den jüngsten Tag,
Da wird Christus mein Grab «nddeken, Vud mich zu ewiger Frewd erwecken!
Grabschrift des ParageisuS.
Siehe, wie das siedet, kocht, zischt und arbeitet! Will'ö Goit, so werde ich doch endlich zuin Ziele kommen. Merke mir recht brav aus, mein werther Oporin, rmd übersetze meine unverständlichen Worte in ein ordentlich Deutsch. Trotzdem daß mein Vater deutscher Sprachmeister war und ich diese Sprache mehr liebe, als die barbarische lateinische, die nicht verdient, von einem Philosophen gesprochen zu werden, so besitze ich eben gar kein Schreibta- lent und was der Geist der Natur dem menügen geoffen- bart und ich zu Nutz und Frommen künftiger Geschlechter in meinen Werken nicderlege, das Verdienst: meine Erfindungen ausgezeichnet zu haben; gebührt ganz allein Dir."
„Ihr beschämt mich gar sehr, Herr und Meister, Eurer Rede Sinn könnte mich stolz mächem Beneidenswert!) ist der, welchen Ihr würdiget, das Gefäß Eurer unsterblichen Gedanken bilden, ein Scherslein zu Euren großen Werken beitragen zu dürfen! WaS ich schreibe, ist nicht inein Verdienst; ich bringe zu Papier, was Euer erhabener Geist mir diktirt und wenn Ihr, veffunken in die ge- heimnißoollen Mysterien der Name oder verliest in die mannigfachen Erscheinungen Eurer bewundernswürdigen Laboratorien, die Worte nichl zierlich zu fassen wisset und ich mir erlaube, sie in wohlgeordneter Rede wie Perlen aneinander zu reihe», so kann mir nur Eure großmüthige Denkungsart zu einem Verdienste anrechneu, was im Grunde doch nur daö Resultat mühseligen Fleißes und Verstandes ist. Konnte ich doch Eure Geistesblitze mit ähnlichem Geiste zusammenfasscn und in eine denselben würdigere Form bringen!"
„Ziehe ich Dich Venn nicht in Manchem zu Rathe und befrage Dich, wo ich meine, mein Geist könne irren?"
„Sagt lieber, Ihr prüft den dankbaren Schüler, ob daS von Eurer WciShe t in seine Brust gesäte Samenkorn aufgegaugen sei und seiner Zeit Früchte tragen werde. WaS ist Euch die Welt nicht zu Dauk verpflichtet! Habt Ihr nicht Alles bisher in der Medicin Dagewcsene über Bord geworfen und eine gichtigere Ansicht vom Leben ausgesprochen als je vorher? Erfandet Ihr nicht die Kunst, mittelst der Chemie Arzneien zu bereiten und wandtet Ihr nicht bisher noch nie dagewcsene Arzneimittel: das Opium, den Mercur und den Schwefel mit so großem Erfolge in der Arzncikunde an."
„Die hat lange vor mir schon Basilius Valentin gekannt."
„Heer und Meister! Basilius ließ sie nur ahnen, Ihr aber sendet sie. Habt Ihr nicht Galen und Avicenna, jene Verderber der Physik, deren hohe Kunst in Purgiren, Vomiren, Klystiren und Aderlässen bestand, durch Eures Geistes Kraft und Eures Wissens Erfolg in den Staub getreten und ihre Werke zu Basel mit den Worten verbrannt: „Wisset, Aerzte, daß in meiner Mütze mehr Gelehrsamkeit und in meinem Barle mehr Erfahrung sitzen, als in
allen Euren Akademien, möget Ihr Griechen, Lateiner, Italiener oder Franzosen sein!" Man legte Euch damals daS für eitel» Stolz aus, was nur edles Selbstgefühl war. Hat man Euch nicht darob verletzet und angcfeindet, daß Ihr, wo Ihr vor so vielen Studenten doeirtet, fliehen mußtet, weil man Eure Weisheit scheute?"
„In Letzterem irrst Du Dich. Ich behandelte den Patrizier Cornelius von Lichtenfels, den alle Aerzte bereits aufgegcben hatten. Er versprach mir hundert Goldgulden RecompenS, so ich ihn wieder Herstellen wollte, und eS mir gelänge, sein Nebel zu heben. Wie einst bei Martin Luther, half auch ihm Häring und Wasser. Als ec wieder kurirt war, läugnete er, mir die Summe versprochen zu haben und, empört über seinen Geiz, verklagte ich ihn bei Gericht, wo man mich abwirö. Zeh wurde zornig, sprach öffentlich derb und streute ein paar Flugschriften aus, darinnen ich ihnen die bittre Wahrheit umsonst sagte. Jetzt verfolgten sie mich und ich mußte fliehen."
„Schamlose Behandlung eines solchen ManncS! Machtet Ihr nicht, nachdem Ihr ein Schüler des gelehrten Chemikers Trithcmius, Abt von Spanheim, und des großen Laboranten Sigismund Fugger gewesen, und unbesrüdigt durch die Schulgelehrsamkeit ganz Europa durchreist und auf den vorzüglichsten Nnivcisiräten und bei den gelehrtesten Männern Unterricht genommen hattet, durch eigenes Studium Euer Wissen erweitert, die wahren Mari,ne der Medicin bekannt und lehrtet die Hauptmittcl, alle Krankheiten zu heilen?"
„Ja, dafür heißen sie mich jetzt auch Geisterbeschwörer, Teufclsbanner und Schwarzkünstler."
„Euch, die Ihr ein Engel des Lichts am Bette des Kranken stehet und die Armen mit Eurem sauren verdienten Gelbe unterstütztet, ja oft den HülfSbedmfligcn den letzten Heller in die Hand drückt. Darum habt Ihr aber auch weder G,ld noch Gut und dennoch steht Ihr in dem Rufe, den Stein des Weisen zu besitzen."
„Den besitze ich auch; er heißt: zufrieden sein mit seinem Schicksale, und das bin ich. Ich lebe nicht für mich allein, egoistisch, selbstsüchiig; ich lebe für die Welt und für das Wohl meiner Mitmenschen und weil ich tiefer als andere in die Geheimnisse der Natur geschaut, weil ich Alchymie, Astrologie, Theosophie und Geomantie nur stu- dirt, um das daraus gewonnene Nützliche wieder in's Allgemeine zu verwenden, und mich dieses Studium darauf gebracht hat, einen Einfluß der Gestirne auf irdische Körper anzunehmen, schelten sie mich einen Narren und Heren- meistcr."
Der Meister schwieg und in tiefe Gedanken versunken stützte er sein Haupt auf die Hand. Der Schüler ließ läßig die Feder der Hand entglciien und schaute den Lchrcr mit wehmüthigem Blicke an.
Der Mcfftec war AurevluS Philippus Theo- phrastuS Paracelsus Bombast von Hohenheim, der Schüler, sein Famulus, Johann Oponn.
(Forts, tzuiig folgt.)
Auflösung des Räthsels in Nr. 42:
T od> Schl a f.