hn um eine kleine Unterredung bittet. Ec fragt nach ihren Wünschen.

Sie war ziemlich zerrissen und schmutzig angeihan; ihre Haare waren ergraut, ihr Gesicht voller Runzeln, ihr Nacken durch Schwäche gebeugt; aus ihrem Wesen sprachen deutlich Krankheit, Alter, Mangel, die drei schrecklichsten Geißeln des dahinsterbenden Menschen.

Sind Sie der Herr, der jetzt diese Handlung besitzt? fragte die arme Alte.

Ja, lautete die Antwort.

Sie haben da ein gutes Geschäft gemacht, ach! leider ist cs ihrem Vorgänger nicht so ergangen. Haben Sie da­her einiges Mitleid mit seiner Witlwe, der die Gläubiger Nichts gelassen haben.

Ist Herr Stockfleth gestorben?

Sekt einem Monat.

Und was kann ich für seine Wittwe thnn?

Geben Sie ihr Arbeit, sprach zitternd die arme Frau, sie will ja gern arbeiten der Hunger thut so weh dann aber

Hier steckte sie man sah es ihr an, daß das, was sie eben hatte saaen wollen, ihr das Herz abdrückte, daß sie aber nicht im Stande war, die Worte über die Lippen zu bringe». Fritz lhat, was er vermochte, um sie zu be­ruhigen. Es gelang ihm endlich, und nun zog sie ein klei­nes Futteral hervor, öffnete es und zwei brillantene Ohr­ringe blitzten ihm daraus entgegen.

Sie thun ein guleS Weik, wenn Sie dieß hier kaufen, sagte sie mit tiefbewegter Stimme.

Obgleich schon eine sehr lange Zeit verstrichen war, seitdem Fritz die Ohrringe nicht mehr gesehen hatte, so er- kannte er sie doch sogleich wieder. Es waren dieselben, welche Meta sich einst so sehr gewünscht hatte, dieselben, die ihn fast zum Selbstmord geführt, er sah sie wieder vor sich und seine jugendliche Verirrung stand lebhaft vor ihm.

Sind Sie die Wiltwe Stockfleth? fragte ec zögernd die alte arme Frau, die vor ihm stand.

Ach ja, Herr, gab sie zur Antwort.

Schon wollte er weiter fragen: Also Meta sind Sie? Aber er hielt die Frage zurück; denn er hatte sie er­kannt unter ihren Runzeln, und trotz der armen, elenden Klei­dung. Er holte einen Stuhl herbei und bat sie, sich z» setzen.

Warum tragen Sie diese Ohrringe nicht lieber einem Juwelier zum Kaufe an? fragte ec. Mir scheint, daß Sie dabei viel besser wegkommen würden.

Ach die Jnwetter's! sagte die Alte klagend, die haben kein Treu' und Glaube». Die Ohrringe hier haben acht­hundert Mark gekostet, ich habe die Rechnung darüber bei mir und jetzt will der Verkäufer selbst nicht mehr als vier­hundert dafür geben.

Die Steine worden im Werthe gefallen sein und die Fassung ist veraltet, crwiederte Fritz. Wahrscheinlich wird cs Ihnen schwer, sich von diesen Ohrringen zu trennen?

Ach nein, seufzte die Alto, sie haben mir stets nur Unglück gebracht.

Und nun erzählte sie Alles das, was Fritz schon längst wußte. Ein junger Mensch hatte sie heirathcn wollen, Al­les war richtig und abgemacht, da verließ ec sie plötzlich,

ohne daß sie einen Grund dafür anzugcben wußte. Doch mochten wohl eben diese Ohrringe für etwas dabei im

Spiele gewesen sein, deren Besitz'sie so sehr ersehnte, daß sie deren Ankauf zur ausdrücklichen Bedingung machte, wen» sie Hrn. Stockfleth ihre Hand geben sollte. Er kaufte die Ohrringe, sie gab ihm ihre Hand, aber die Ehe war sehr unglücklich. Der alte Stockfleth war ein jähzorniger Mann gewesen, dabei liebte er in's Lotto zu setzen, ergab sich in späteren Jahren dem Trünke, um seine Sorgen zu betäuben und das Ende vom Liede war ein schmählicher

Bankrott, den er nicht lange überlebte. Er starb auf dem Stroh und seiner Wittwe hinterließ er weniger als nichts^ Schulden.

Wären diese Ohrringe nicht gewesen, so schloß sie mit schmerzvollem Ausdrucke ihre Erzählung, so würde jener junge Mensch mein Mann geworden sein, ich wäre glück­lich, vielleicht im Wohlstände. Ach, jetzt, da Sie Älles wissen, kaufen Sie mir diesen Schmuck ab. Sie thun ein gutes Werk und helfen einer armen Wittwe ans großer Roth. Ich wünschte endlich dieser Ursache aller meiner Leiden mich zu euraußern. Sie sind wohl glücklich verhei-

rathet; Sie haben eine liebe Frau, eine schöne Tochter.

Kaufen Sie, das Grschenk wird ihnen Freude muhen.

Ich habe weder Weib noch Kind, sagte Fritz sehr ernst, aber dennoch kaufe ich diese Ohrringe Meta!

Meta! schrie die arme Frau überrascht. Sie kennen mich also?

Ja, M m! ich kenne auch die Ohrringe, die Sie mir zum Verkauf anbieten.

Wie? Sie kennen Sie wären?

Ich weiß, daß Sie Fritz, den Lehrling ihres Vaters, heirathcn sollten und daß der Leichtsinn des Menschen Schuld war, daß nichrs daraus wurde. Ich selbst bin jener Fritz.

Bei diesen Worten sprang der junge Freund, der mit Herrn Karsten Lührsen eben beim Weine saß und dem ec diese Geschichten erzählte, in die Höhe und unterbrach seine Erzählung:

Glauben Sie mir man, Herr Lührsen, ist es nicht wahr? Heißen Sie nicht mit dem ersten T mfnamen Fritz?

Ja so heiße ich und was nun weiter?

Und was nun weiter? Ja doch, erzählen Sie nur

Je nun, was ich Ihnen hier mitgetheilt habe, war meine eigene Geschichte. Sie können denken, daß ich Meta ia's Hans nahm und die Ohrringe kaufte. Die arme, unglückliche Frau hat einen Zufluchtsort bei mir gefunden; mag sie immerhin manches anstellm, Flaschen zerbrechen und dergleichen; ich ertrage Alles, ich sage kein böseS Worl dazu. Sie soll hier bei mir sterben, und gehe ich vor ihr heim, so sorge ich für sie, daß sie cs bis an ihr seliges Ende gut hat und keinem Fremden mehr zur Last fallen darf.

Hier stand Herr Karsten Lührsen auf, schloß seine ei­serne Kasse auf und hob ei» Futteral daraus hervor, wel­ches die verhängnißoollen Ohrringe umschloß:

Sehen Sie, sagte er. zu seinem jungen Freunde, hier sind sie. Sie predigten mir stets, daß der Gewinn im Spiel, statt zu bereichern, nur ärmer macht, und daß das einzige dauerhafte Glück nur aus Fleiß und Sparsamkeit entspringt. -