„Alles recht gut!" etwiederte kopfschüttelnd aber bescheiden der Buchhalter, „mir zweifle ich . . .."
„Sie jagen mich Noch - auS der Haut mit Ihrem ewigen Zweifel!" polterte der Prinzipal, halb freundlich, halb unwillig. „Und woran zweifeln Sie »och ?"
„Daß Ihr Fräulein Tochter die Liebe eben so leicht verabschieden möchte, als Sie den Architekten. Auf den Kopf eines jungen Mädchens — mag sie übrigens noch so verständig sein — ist min einmal, wenn es sich um Las Kapitel der Liebe handelt, Nichts zu geben ; aber Alles ist gewonnen oder—-verloren, sobald ihr Herz verloren ist."
„Nichts ist verloren!" war die Antwort. „Was Kopf! was Herz! Sie wissen, daß ich meine Bertha herzlich liebe , aber eben deshalb will ich die Perle nicht vor die Säue werfen. Ein Vater muß wissen, was seinem Kinde schädlich ist, was ihm frommt, — und muß darnach handeln. Aber aufrichtig gesagt, ich begreife Sie nicht. Sie haben in rillen Ehren um die Hand meiner Tochter nachgesucht, ich habe sie Ihnen zugesagt; dem Mädel schienen Sie bislang- auch nicht zu mißfallen; als Schwiegersohn sollen. Sie mein Kompagnon werden — und nun scheinen Sie mich überreden zu wollen, einen vertrusten welschen Landläufer zum Eidam zu nehmen?"
,,-E ic mißverstehen mich, Herr Willibald. Kein Wunsch kann mir mehr am Herzen liegen, als der, Ihre Bertha Mein Weib — Sie meinen Vater nessnen zu dürfen.' Zucht eben, daß ich glaubte, das Fräulein sei ein Engel; oder daß ich um ihretwillen Himmel und Erde vergäße und mich erschösse, wen» sie Nein sagte; oder daß ich mich, ein zweiter Wcrther, stundenlang in dem Sessel, worin sie geruht, in selige Träume vertiefte — in diese Art zu lieben bin ich freilich nicht eingeweiht." .
»Sind auch wahnsinnige Thorheitcn!" brummte'Herr Willibald.
„Aber ich bin ihr gut, von Herzen gut. Ich glaube, daß sie eine brave Gattin, eine gute Mutter, eine treffliche Hausfrau werden, daß ich mit ihr glücklich sein würde."
„Und gerade eine solche Liebe ist es, die jeder per- uüufiige Vater von ftim'in Schwiegersöhne verlangt! Kurz...
„Lassen Sie mich ausrcden, Herr Willibald. Schon lange hat es mir das Herz beengt; jetzt sind wir einmal im Zuge und so mag's denn gesagt sein. Ich halte-dafür, daß die Ehe nimmer glücklich sein kann, sobald sie eine erzwungene ist. Können Sie demnach Ihre Tochter bewegen, von dem Italien r zu lassen und mir freiwillig ihre' Hand zu gebend io ist inir'S um so lieber und Alles bleibt beim Alien;-wo nicht, so werden Sie nicht verlangen, daß ich ein Weib zur Gattin wählen soll, die in der mit mir geschlossenen Ehe nur ein Joch sehen, und sie mir ebenfalls dazu machen würde."
Herr Willibald war dem', doch auch nachdcnkend geworden. Heimlich gab er Wakter'n Recht. Er wußte leider ans Erfahrung, wie peinigend der Gedanke sei, eine moralische khebrecherin zum Weibe zu besitzen. Aber der Architekt; seine Spielwuth, seine Schulden, sein locke» tes Lebcn — uud dann der Fleiß, die Solidität, die Geschäfiökeiintniffe seines Buchführerö, der ihm ein treuer Kompagnon werden würde; mit dessen Hülfe er - seine
Firma einst unter die ersten her Handclswclt zn zählen hoffte, — nein, es konnte, es durfte nicht sein. Sollte er einer kindischen Grille seinen lange genährten Licblingö- plan opfern? Sollte er zugeben, daß sein einziges Kind mit offenen Augen sich in den Abgrund stürzte? Es war beschlossen. Er wollte Alles aufoicten, seine Tochter von dem gewiffeg Verderben auf der einen Seite zu erretten, von dem irdischen Himmel ans der andern zu überzeugen, und würde Güte nicht fruchten, so sollte sie die Rechte des Vaters kennen lernen. Sie sollte gehorsamen, mochte auch ihr Herz an der Wunde verbluten.
„Kommen Sie, lieber Walter!" sagte er plötzlich, indem er sein Pferd bestieg : „dem Unwesen soll bald gesteuert sein. Verlassen Sic sich darauf; Sie werden mein Eidam und Alles bleibt beim Alten."
„Nurunter der ausgesprochenen ^etingung," bemerkte kopfschüttelnd derBuchführer, der sich ebenfalls auf seinRoß schwang.
„Punktum!" und beide Reiter sprengten mit verhängten Zügeln der Kaiferstadt zu.
2
Fräulein Bertha, Herrn Willibalds einzige Tochter — man hielt sie mindestens allgemein dafür, obschon einige Lästerzungen behaupten wollten, daß sie eine Morgengabe seiner Gattin gewesen — hatte nun ihr sieben- zehntes Jahr erreicht. Ihre Mutter war früh gestorben. Von Kindheit auf fast-sich selbst und ihren Launen überlassen, vom Vater vcrzänelt, von der Dienerschaft und wohl» besoldeten Lehrern verhätschelt, war sie auch setz' nicht gewohnt, die Leute und Dinge um sich her anders anzusehen, als" ob' sie nur um ihretwillen da wären. Und dennoch mußte mau ' ihr gut sein; ja Biele — und uniee diesen vorzü stich diejenigen, die von ihrer muthwilligen Laune das -Meiste auszusteheu hatten — wollten sic im höchsten Grade liebenswürdig Asiaten. Trotz ihrer tausend Fehlerchen hatte sie auch wieder tausend kleine Eigenschaften, die hinter der Maske des T-nifelchenö ein Engelchen verniuthen ließen. Eigentlich war sie Beides, bald däS Eine und Andere in demselben Moment; und eben darum wußte Niemand, auf welchem Fuße, er eigentlich mitstihr stand. Man konnte sie einem w-'rthoolleu, aber verschrobenen, verstimmten Instrumente vergleichen, - das, von vstr Hand des Laien berührt, "die Lust mit Widerwärtigen Tönen füllt, dem aber der ordnende kinidige Meister harmonische Zau- berakkorde zu entlocken weiß. Bcrcha war nirtt ohne.Geist und natürliche Anlagen, und es ließ sich voräussehen, daß es nur einer einzigen bedeutenden Eiuwncknng von außen bedurft — wie man es bei derartigen Charakteren sw häufig trifft —- eine vollständige winischenöwerthe Metamorphose cherbcizuführen. ' (Forts, folgt.)
C I) a ü ä d e.
Mein Erstes ist schwarz, mein Ganz e s ,ist weiß, , Das Erste vom Feiler, das Ganze vom Eis.'
Das Zweit' ist grün, wenn die Sonn cö geküßt: / Nun sagt, wie die Mischung zu deuten ist ?
Auflösung des Logogryphs in Nr. 26;
Pie Brille.