verändert, und auch an aller materiellen Unterstützung ließ man cs fehlen, um daS Geheimniß auf das Strengste zu bewahren.

Es beruhete aber dasselbe auf folgenden Umständen. Der Rittmeister N., welcher sich durch Mnth und Tapfer­keit zu seinem höheren militairischen Range emporgcschwun- gen hatte, war von bürgerlicher Abkunft, aber ein Mann, der eben sowohl bei seinen Oberen, als bei Allen in Ach­tung stand , die ihn kannten, denn sein Charakter verdiente diese Achtung, so wie seine Kenntnisse und Talente für sein weiteres Hinausrücken auf die höheren miiitairischen Läusen Bürgschaft leisteten. Sein Standquartier war lange Heil bei dem reichen und vornehmen Grafen von * * * gewesen. Iosephine war die Tochter dieses Mannes-: Sie stand ^ ge­rade in hem Alter, welches für die Eiiidrücke schöner Männlichkeit nickst unempfänglich ist; und Iosephine war ein Mädchen, welches wohl auch das Herz eines Mannes rühren und gefangen nehmen konnte. Dazu waltete in ihr auch der Geist edler Weiblichkeit, denn nicht bloß die äu­ßere Gestalt deS Rittmeisters zog sie an, auch die Eigen­schaften seines Geistes und Herzens sprachen sie kräftig an, und der Bund ihrer, Herzen war geschlossen, ehe noch das Geständniß von ihren Lippen geflossen war. Zwar war bei den bekannten Grundsätzen des Grafen, die in glei­chem Maße seine Gattin ihcilte,, an eine Berbiudung Jo- sephinenö mir dem Rsttmeister nicht zu denken. Aber was hofft nicht die Liebe, und welchen Erwartungen giebt sie sich hin, denen die Wirklichkeit freilich so oft nicht ent­spricht. DaS Verhältnis Josephinens zu dem Rittmeister war indessen dem beobachtenden Auge der beiden Gatten nicht entgangen; und eben war der Graf im Begriffe, bei dem commandirenden Generale um die Ausquarneeung deS Rittmeisters nachzusuchen,' als ohnedem die Ordre zum Weitermarschiren einlraf, und der Graf den läsdgcn Gast los ward, mit dessen Entfernung aus dem Hause er auch schon im Geiste die Tochter zur gutes Ordnung zurückge­kehrt wähnte. Aber die Entdeckung des näheren Verhält­nisses zum Rittmeister war zu spät gewesen. Josephine trug die Hoffnung eines jungen Lebens unter ihrem Herzen. Tee Graf war außer sich vor Zorn und Schmerz, als ihm durch seine Gemahlin die Gewißheit von dem tiefen Falle seiner Tochter ward, und auch die Mutter legte kein begütigendes und besänftigendes Wort in die Wagschale. Josephine war der Gegenstand ihres gemeinschaftlichen Has­ses ; die Ehre des HauseS glaubten sie unwiderruflich durch den Fehltritt der Tochter -beflecke, und sie meinten sie nur durch den äußersten Gewattschritl gegen die letztere retten oder wenigstens vertheidigen zu können. Josephine wurde aus dem Hanse verstoßen. Eine einzige Dienerin wurde ihr mngegcben. Bei einer armen Verwandten des Hauses, welche aber, da sic in ihren Vermögens-Umständen zurück-, gckommen war,. von der gräflichen Familie kaum noch be­achtet wurde, sollte sie ihr Unterkommen suchen. Mit zer­rissenem Herzen verließ sie das väterliche Haus,, in wel­chem das ganze Glück einer schönen und reichen Jugend zmückblich. Ihr zarter Körperbau ertrug die gewaltigen Erschütterungen nicht. Kaum dort angekommcn, wohin sie tzch elterliche Härte verstoßen hatte, entdeckte sie dem Pre­

diger deS Ortes ihre ganze unglückliche Lage, und bat den menschenfreundlichen Mann, vor allen Dingen ihren Geliebten davonzu benachrichtigen. Sie hoffte ihre Niederkunft, welche nahe bevoestand, nicht zu überleben; ihre Kräfte, auch die Freude am Leben, nahmen sichtbar ah. Der

Rittmeister war ziemlich weit entfernt stationict; es vergin­gen sechs Tage, ehe er herbeikam. Er fand seine Jose- phine schon eines MädchenS genesen. Der Priester segnete ihren Bund ein. Aber die Freude des Wiedersehens und der Wiedervereinigung war nur von kurzer Dauer. Jose­phine verschied in der folgenden Nacht in seinen Armen,

nachdem sie ihm die treue Sorge für das geliebte Kind

auf das angelegentlichste empfohlen hatte. Der Rittmeister begrub dte junge Gattin wohl mit einem großen und ge­waltigen Schmerze, der wie ein Schwer- durch seine Seele ging, aber auch mit dem mäimlicheu Muthe, welchen ihm die Sorge für das kleine hülflose Wesen einflößte. Er gab der Kleinen in der Taufe den Namen Josephine, denn sie war leibhaftig bas Bild der entschlafenen Mutter, und auch dieser Name sollte ein freundliches Banb mehr sei», welches ihn an die früh Verklärte knüpfte. Der Prediger des OrteS wollte für die Unterbringung deS Kindes Sorge tragen, aber der Rittmeister fürchtete die Nähe der gräflichen Groß. Eltern, und so hielt er cs für das Beste, es an­derswo in Pflege und Erziehung zu geben, bis etwa die bessere Zukunft, welche die menschlichen Loose in ihrem Schooße trägt, in freundlicherer Gestalt Heraufziehen würde. Der Tischlermeister Joseph und dessen Gattin in * * * wur­den ihm als fromme und gottessürchtige Leute empfohlen. Das Wettere ist aus der obigen Miitheiluag bekannt. Aber Niemand, selbst der Prediger nicht, wußte etwas- Näheres darüber, wohin die kleine Iosephine gebracht wor­den war; nur bei den Gerichten, hatte der Rittmeister ein beglaubigtes Docnmeut über diese ganze Angelegenheit ver­siegelt niedergelegt, damit im Nochfalle Gebrauch gemacht werden könne.

Die gräflichen Eltern waren von ihren StandeSvor- urtheilen doch nicht so verhärtet,, daß sie nicht der frühe Tod der einzigen Tochter tief ergriffen haben sollte. Der Tod versöhnte sie mit der Entschlafenen. Sie forschten nach dem Aufenthalte des Kindes. Ec war nicht zu ent­decken; mit dem Rittmeister selbst aber eine Verbindung anzuknüpsen, dazu konnten sie sich nicht entschließen, ob­gleich sie sichere Kunde davon hatten, daß Iosephine als seine ihm angetraute Gattin gestorben war«. Aber deS KindeS Zukunft wollten sie sichern, und bestimmten dcßhalb in einem' Vermächtnisse, daß ihr ganzes grpßes Vermögen einst an Iosephine heimfallen, jedoch unter allen Umstän­den bis zu ihrem zwanzigsten Lebensjahre verwaltet werden sollte. Kurz daraus starben der Gras und die Gräfin, und Iosephine war die Erbin eines großen Vermögens, ohne daß ste. es wußte, und ohne von ihrer wahren Ab­kunft auch nur. die mindeste Ahnung zu haben. B

(Schluß, folgt.) , ,

! Auflösung des Logogryphs in Rr. 24.;

Morpheus. .Orpheus.