einigten sich die Brüder ganz leicht und gutwillig wegen der Erbschaft. Der Kasparküberuahm alle Ackergüter, der Sebulon das Haus mit dem großen Gemüsegarten und die Wiesen, die dabei liegen. Seinem Bruder räumte er das Erdgeschoß ein und ging dafür bei der Schwägerin in die Kost. Er selber wohnte im Oberstock; dort hatte er eine große nette Stube, deren Fenster über einen Wie­senfleck nach dem Rhein und der Hauptstraße des Dorfes gingen. Hier saß er auf seinem Tisch und nähte tapfer zu: Alles was in der Nachbarschaft geschah, konnte er gut sehen, und mit jedem Schiffer, der unten am Wasser anlegte, sprach ec und fragte ihn, was eS Neues gäbe zu Mainz oder zu Emmerich. So führte er ein ganz ver­gnügtes Leben und wurde, ohne daß ec's recht merkte, ein «llter Junggeselle dabei.

Zwanzig volle Jahre hatten die BMer einträchtig miteinander gewohnt. Am besten fuhren dabei die Kinder des Kaspar: die lagen dem Ohm den ganzen Tag auf der Stube, lauerten zu den großen Fenstern heraus und ließen sich von ihm zwischen Tag und Dunkel Puppen und Lap- pemnäuscheu schneidern. Erst wenn wieder eins von ihnen in die Jahre kam, daß es in die Schule gehen mußte, wurde cs gegen Ohm Sebulon unartig, weil es von den Mitschülern über ihn spotten hörte. Dann wurde jedes vor und nach rebellisch Wider ihn, bis er's endlich einmal beim Flügel nahm und die Truppe hinabjagte. Dies war er schon bei allen seinen Neffen und Nichlchen gewöhnt.

Da legte auf einmal der Teufel ein Ei in die Wirth- schaft. Der Kaspar hatte jetzt zwölf Kinder, klein und groß wie die Orgelpfeifen. Da er gut gewirthschastet und das Erbgut durch Ankauf neuer Ländereien vergrößert hatte, mußte er mehr Tienstvolk halten alö vorher und so wurde seiner Frau das Untergeschoß des elterlichen Hauses zu klein. Sie lag ihrem Mann in den Ohren, daß er sich ein neues Haus neben das alte bauen möchte, und das sollte von .Ziegelsteinen sein und nicht von Lehrufachwcrk und sollte sogar eine gemalte Stube darin sein. Der Kaspar wollte lange Zeit nicht d'ran, denn er meinte: für das neue Haus kann ich mir ein Dutzend Kühe cinstellen und einen Morgen Land noch obenein kaufen, aber die Frau wollte ein blankes Haus und keine Kühe. Lieber Leser, wenn du Kühe willst und deine Frau ein neues Haus, so werden zwar die Kühe nicht gekauft, allein daö neue Haus wird sicherlich' gebaut.

Aber der Bauplatz? Den mußte der Bruder Sebulon ja erst hcrgcben. Denn ihm gehörte daö Land um das ' game Stammhaus herum, und er hatte im Garten präch- in den Wiesen aber fciaeS Obst stehen; das schW-,er mit dem Marklnachcn zweimal die Woche nach Dech cd er Cleve hinunter und hatte manchen harten Tha- lev dabaus gelöst und als Kapitälchen ausgcthan. Der Garten besonders war seine beste Freude: es that ihm wohl, wenn er so vom Schncibertisch aufstehen und die leichte Gancnarbeit, als Säen, Pflanzen, Oenliren und Einsammeln, vornehmen konnte.

Der Kaspar hatte zwar draußen in der Flur Land die Hülle und Fülle, aber hier beim Dorfe gehörte ihm nur ein schmaler schlechter Strich, der g'rade zwischen dem

Stammhaus und dem Leinpfad lag: den hatte sich die Frau ausbedungen, um da zwischen die Bäume ihre Tro­ckengarne anzubinden. Es war ein ungleicher schlechter Sandboden und schoß so stark gegen den Fluß ab, daß er beinahe jedes Jahr vom Wasser überschwemmt wurde.

Am allerbesten wäre nun das Haus in de» Gemüse­garten SebulonS zu stehen gekommen; der lag hoch und trocken, hatte eine nette Aussicht auf den Fluß und bot festen, guten Grund für die Anlegung des Kellers. Daö war auch von Anfang die Meinung der Frau gewesen, und nun rückte sie damst heraus. Ihr Bi nun kratzte sich hinter den Ohren, als er's hörte, und meinte: sie solle doch selber einmal mit dem Bruder Sebulon zu reden an­sangen.

Das geschah beim nächsten Abendessen, als die Dank­sagung gesprochen und die Kinder nach Bett gejagt waren. Die Frau nahm das Ding wie etwas, das sich ja ganz von selber verstünde, meinte auch sogar, der Bruder Sebulon werbe doch brüderlich handeln und ihnen den Garten hübsch wohlfeil überlassen. Sebulon crwiederte nichts, sondern stand aus, reichte dem Kaspar, wie alle Abend geschah, eine Prise aus seiner Dose, und als der werte, sagte er: Profiziat und gute Nacht miteinander. Hierauf stieg er die Treppe hinauf in sein Quartier.

Aber schlafen konnte er in dieser Nacht nicht. In der ersten Stunde dachte er über die Pfirsich- und Apri- kojenspalirre nach, die er vor drei I ihren mit der aller­größten Mühe endlich in gutes Wachsihum gebracht hatte, nachdem er sechsmal vergebens Schößlinge eingesetzt. In der zweiten Stunde kamen ihm die Ranunkeln in den Sinn, für die ec das schönste, sonnigste Beel des Gartens bestimmt hatte; sein Ranunkelnflor war sein Stolz, Keiner in der Nachbarschaft, auch kein Kunstgärtner in den näch­sten Städten konnte an Zahl der Arten mit ihm wetteifern. Nach Mitternacht fielen ihm die schönen, säubern Kieswege ein, für die er selber den Grand, wohl zweihundert Schub­karren voll, mit Schweiß und Mühe vom Rhrinufer her- aufgesahren hatte, und das nette Rondclchen in der Mitte, mit Seemüschclchen ausgelegt, die crira von Schevcnm'ngen herbestellt war. Als der Nachtwächter Ein Uhr blies, fuhren ihm die herrlichen dicken Spargel durch die Seele, die er jährlich von dem Hauptbeet an ter Hecke zu Markt schickte, um zwei Uhr die mächtigen Kappestopfe, um drei Uhr die grünen Erbsen und gegen Morgen sprangen und schwirrten alle diese Gedanken, die Aprikosen und die Sremuscheln, der Kappes und die Ranunkeln, die Erbsen und die Spargel durcheinander in seinem Köpfe herum. Daö Alles sollte nun ausgerissen, niedergehauen, geebnet werden, bloß um ein Haus dahinzusetzen, das ebenso gut anderswo Platz hatte. Noch einmal auf seiuen alte» Tag sollte er sich einen ganz neuen Garten anlegen und dessen Früchte vielleicht nicht mehr genießen! (Forts, folgt.)

Log»gryph.

Mit L triffst dn'ö bei Mädchen,

Mit R st.ht eS beim Rädchen,

Mit S pflegt es den Fuß zu decken,

Mil P gar leicht uns anzustecken.