Gesängmsse zu entwischen verstanden hatte. Als man zu seiner Verhaftung schreiten wollte, war er entflohen; man behauptet, daß dieser Viani jetzt mit 68 andern Spieß­gesellen die ganze Gegend unsicher macht und sowohl der Gendarmerie als den andern Schutzwachcn mit List und Erfolg spottet. (St.A.)

Belgrad, 12. Sept. Eine grausame Mordthat wurde hier gestern Nacht vollbracht. Die Juden halten vor den ihnen nun bald bevorstehenden Festtagen Nachts 3 Uhr Gebete, zu welchen der Synagogcndiener die Gläu­bigen zu wecken pflegt. Diesen Umstand benützend, klopf­ten türkische Räuber an die Jalousien des hiesigen Kauf­manns Jakob Cohen; dieser öffnet die Hausthüre und sofort drängt sich einer der Frevler hinein und springt aus einen Koffer zu; Cohen will ihn abhalten und erhält von demselben einen Aataganhicb, der ihm den ganzen Leib aufschneidet, so daß sofort die Eingeweide hcransdrangen. Auf sein Geschrei springt der Sohn dazu und erhält einen weitklaffenden Hieb über" die Stirne. In diesem Augen­blick kommt aber gerade der Synagogcnwärter, hört den Lärm, will helfen, wird aber von hinten von einem an­dern Räuber gepackt, welcher ihm einen scharfen Hieb über die Achsel versetzt; der ferner dazu kommende jüdische Schächter erhielt Stiche in den Rücken, ein Knabe betäu­bende Hiebe. Die Räuber, vier an der Zahl, sind ent­sprungen, ohne daß man ihnen bis jetzt auf die Spur gekommen ist, was auch überhaupt kaum der Fall sein dürfte, da eS ja, wie schon erwähnt, Türken waren. Jakob Cohen ist bereits heute früb gestorben, sein Sohn Joseph wird seine Kopfwunde, zu der bereits der Brand getreten, nicht überleben; für die Andern ist Hoffnung.

(Ocstr. Z.)

Ei» Denkzettel für junge Aerzte.

Ein junger Arzt hatte die Manier, wo möglich alle Krankheiten für Hypochondrie zu erklären. Er rieth da­her seinen Patienten sogleich Bewegung an. Bei einigen Stubengelehrten nud GeschäftSmäuuern, welche in seine Hand sielen, leistete diese Methode herrliche Dienste. Eines Tages wurde der junge Mann zu einem Kranken gerufen, welcher über Sclvnerzcn in dem Unterleibe klagte. Ohne sieb nach den anderweitigen Umständen und nach der Lebensart des Kranken zu erkundigen, Hub er also an:Er mackt sich zu wenig Bewegung ! Schcer' Er sich aus dem Bette heraus und gehe Er spazieren!" Bei diesen Worten seufzte der Patient und sagte:Wenn die­ses der einzige Rath ist, den Sie mir geben können, so will ich lieber gleich liegen bleiben, um wenigstens vor meinem Ende noch einige ruhige Stunden und Tage zu haben! Ich bin seit zehn Jahren wöchentlich viermal vier Stunden als Bote gegangen und manchmal auch noch öfter. Ich sollte daher meinen, ich hätte in meinem Le­ben Bewegung zur Genüge gehabt!" Der junge Arzt mochte denken, wie jener Edelmann in der Fabel, dessen Hund die Kuh eines Bauern gebissen hatte: Ja, Bauer, das ist ganz was Anderes. So pflegt es aber in dieser Welt der Widersprüche zu ergehen.

Eine Eeiftergeschichte.

Zwei befreundete Offiziere, die Herren v. Kleist und v. Wintergarten, gingen kurz nach der Schlacht von Leipzig im Jahre 1813 über das Schlachtfeld und trafen einen schwerverwundeten, französischen Offizier, der sie flehentlich bat, seinen Leiden ein Ende zu machen und ihn vollends zu rödten. So sehr sic auch seinen hoff­nungslosen Zustand erkannten, konnten sic doch, ohne sich den Vorwurf der Grausamkeit zu machen, seine Bitte nicht erfüllen und verließen den Unglücklichen in der Ab­sicht, einen Chirurgen zu veranlassen, der dem Offizier beistehen möge. Dieser aber, da er sah, daß sie seinen Wunsch nickt erfüllen wollten, rief ihnen in seiner Ver­zweiflung die gräßlichsten Flüche und Verwünschungen nach. Längere Zeit nach diesem Vorfälle wollte Kleist einen Oheim in den Rheingegendcn besuchen und voran« laßte seinen Freund Wintergarten, ihn dahin zu begleiten. Sie trafen bei ihrer Ankunft den Oheim Kleist's nicht zu Hanse an, machten deßhalb einen Spaziergang mit einander, auf welchem sie auf eine Ruine stießen, an der ein noch ziemlich gut erhaltener Thurm stand. Es war eine herrliche Mondscheinnacht und da der Verwandte noch nichts von ihrem Besuche wußte und sie ans dem Schlosse keine Störungen machen wollten, beschlossen sie, die in ihrem KricgSleben so manche Nacht im Freien zn- gebracht hatten, in dem Thurmc zu übernachten. Ein Flnrwächter, den sie znfällig in der Nähe trafen, rietb ihnen ab, den Vorsatz ausznführen, da der Thurm nicht zu einem solchen Aufenthalt eingerichtet sei und keine Be­quemlichkeiten habe. Da sic aber dennoch nicht davon abstehen wollten, sagte er ihnen: cs gehe allgemein die Sage, es sei im Thurme nicht geheuer, es hausten Ge­spenster darin, und gewiß würden die Herren ein Unglück erfahren, wenn sie über Nacht darin bleiben wollten; diese Warnungen reizten sie noä, mehr, auch wollten sie nicht als Memmen erscheinen; sie ließen sich also von dem Manne Licht bringen und setzten sich an einem al- terthümlichcn Tische einander gegenüber, jeder zwei gela­dene Pistolen und zwei Lichter vor sich, und unterhielten sich so lange bis Mitternacht vorübergegangen war, ohne daß ihnen etwas Unheimliches zugestoßen war. Hier­auf überwältigte sie endlich die Müdigkeit und sie sanken in Schlaf, der aber sehr unruhig war und oft unterbro­chen wurde. Ans einmal sah Kleist, daß die Thüre des kleinen Gemaches sich öffnete und der französische Offi­zier, der ihnen bei Leipzig die fürchterlichen Flüche und Verwünschungen naebgernfen, leibhaft hereinschritt und Kleist einen Teller hinreicbke, auf dem der Kopf seines Freundes Wintergarten lag. Kleist, ^zanz entsetzt und außer sich Iber diese unvcrmnthete Scene, wehrte die Erscheinung von sich ab allein die Gestalt des Fran­zosen drang immer heftiger auf ihn ein; ^Kleist nahm in der Verzweiflung eine Pistole und feierte sie ans das Ge­spenst ab. Er erwachte ans einem dumpfen Hmbrütcn und sein Freund Wintergarten lag todt vor ihm, von seiner Kugel mitten durch die Brust geschossen. Kleist wurde von dem Augenblicke an wahnsinnig und ist nie wieder geheilt worden.

L'kraittwonlichc Redaktion: Hötzlr. Truck und hcraussi egrbui reu der G. Zaiser'schcn Duchtandlvng.