Allerlei.

Die Donattfürstenthümer.

Die gesegneten Länder an der untern Donau hatten seit Jahrhunderten ein so hartes LooS, wie kaum irgend ein anderer Theil Europas. Gewissermaßen an der Grenz- scheide des Abendlandes und Morgenlandes waren sie an- fangs der beständige Kampsplatz zwischen dem griechischen Kaiserihnln und den andrängenden deutschen Stämmen. Doch hatten zu jener Zeit auch andere Länder kein besseres Schicksal. Seitdem die Türken in Europa erschienen (1357), sind sie eigentlich gar niemals mehr zur Ruhe gekommen. Kaum waren die verwüsteten Aecker wieder bebaut, so kam schon eine neue Kriegsverhecrnng. Die beständigen Kämpfe zwischen der Türkei einerseits und Ungarn, Polen und Oestreich andererseits wurden fast immer aus diesen Gebie­ten ausgefochten. Kein Volk hm durch die Verheerungen einer barbarischen Kriegführung mehr gelitten, als die Be­wohner dieser Länder! Bosnien gehörte früher zu Un­garn, wurde aber 1465 türkische Provinz und bildet jetzt eines der vier türkischen Ejalrt's oder Fürstenthnmer in Eu­ropa. ES ist dem türkischen Reiche völlig einverleibt. S e r- bien hat sich nach langen und harten Kämpfen 1810 daZ Recht errungen, gegen Tribut an die Pforte seine inneren Angelegenheiten unter einem eigenen Fürsten selbst zu ver­walten. Die Walachei und M oldau bilden die gegen­wärtig sogenannten Donausürstenthüiner. Die Walachei! stammen von römischen Kolonisten, daher nennen sie sich selbst Romanen; ihre Sprache ist ein Gemisch von lateini­schen und slavischen Wörter»; auch die Moldau wird von Walachen bewohnt. Gegen einen Tribut an die Pforte hatten bisher beite Fürstenthnmer das Recht, unter einem von den Bojaren (dem Adel) gewählten Hospodaren ihre inneren Angelegenheiten selbst zu verwalten. Die beiden Hospodare wußten aber von der Pforte und später auch von Rußland bestätigt werden. Schon im Jahre 1848 machten die Bewohner beider Fürstenthümec den Versuch, sämmtliche Romanen zu einem Königreiche Dacien zu ver­einigen, aber eine russische Armee machte den Neuerungen schnell ein Ende. Auch jetzt wieder tauchen unter den Ein­wohnern die Bestrebungen für Vereinigung der Moldau und Walachei unter einem europäischen Prinzen auf, der keinem Nachbarstaate angehören soll. Tie Großmächte, lesen wir, fticn für ein solches Projekt, nur Oestreich sei dagegen. Letzteres wird freilich die Mrslenthümer lieber getrennt bleiben sehen; denn es hat sehr natürlich sein Au­genmerk aus diese Länder, durch welche der östrcichische Strom, die Donau, zum Meere führt. Schon im ersten Pariser Frieden (1814) wurde davon gesprochen, Oestreich, statt in Italien, durch die Donausürstenihümer zu entschä­digen:- allein man wußte damals nicht recht, mit welchem Grunde man einem treuen Allürken, der Pforte, diese Län­der entziehen könne, und Oestreich selbst war diesem Plane nicht geneigt und zog Italien vor. Bei den steigenden In­teressen für die Levante sind die Donaufürstenthümec unter­dessen freilich weit wichtiger geworden. '

Auf einem der wichtigsten Gebiets der östreichischen Industrie ist von einem Wiener Fabrikanten, Herrn I. Bossi, eine Erfindung gemacht worden, die eine wahre Revolution ans diesem Gebiete hervorbnngcn wird. Es ist dicß die Erfindung, ShawlS mittelst der Maschine zu drucken. Bekanntlich geschieht das Drucken der ShawlS bisher allenthalben mit der Hand durch Platten, deren Zahl je nach dem Neichthum des Musters uuv der Menge der Farben verschieden ist. Ein Fabrikant, welcher täg­lich 200 ShawlS Herstellen will, muß 100 gute Arbeiter und 100 Kinder anstellen und einen stacken Raum von 300 Quadratmeter haben. Auf 100 Schawlö »niß man un Durchschnitt auf 10 pCt. unvollkommener ShawlS rechnen. Mit der Bosstschen Maschine ist jeder Arbeiter im Stande zu arbeiten, selbst wenn er nicht die geringste Kenntniß von der Fabrikation har. Die Bossische Ma­schine druckt an einem Tag von 10 Stunden 30 ShawlS in 12 Farben, und dabei braucht man nicht mehr als euren Arbeiter und ein Kind, welche nur eines Raumes von vier Quadratmeter bedürfen. Wenn man dem Tag- löhner, der sie in Bewegung setzt, denselben Arbeitslohn gibt, den gegenwärtig ein guter Drucker, der täglich zwei ShawlS macht, erhält, so beträgt derselbe 1 fl. 20 kr. Dieß würde der Arbeitslohn sein für 30 ShawlS, den Shalw mit 2 V 2 kr. berechnet, während er sonst auf 40 kr. zu stehen kam. Herr Bossi hat bereits eine Reihe solcher Druckmaschinen in seiner. Fabrik (zu Sl. Veit bei Wien) aufgestellt, und eS werden innerhalb ackt Tagen noch zwanzig neue Maschinen placirt werden, von denen jede 150 Stücke vtcrsarbige ShawlS täglich zu liefern vermag. Welche Sensation diese Erfindung macht, ist daraus zu ersehen, daß die Fabrikanten in Glasgow bereits große Bestellungen in Wien gemacht, und daß daS bekannte FabrikhauS in Mühlhausen, Dolfuß und Comp., Unter­handlungen begonnen hat, um daS Privilegium für Frank­reich zu aguiriren. Herr I. Bossi hat nämlich die Vor- sicht gebraucht, seine Erfindung (sowohl in Bezug auf daS System derselben, als in Bezug auf die Details der Maschine) mittelst ausschließlicher Privilegien in Frank­reich und England sich zu sichern.

An einem der letzten Abende saßen in Wien einige Herren vor einem Kaffeehanse, ruhig plaudernd und rauchend.

Plötzlich ertönt gellendes Augstgcschrei. Man horcht.

abermals Hülferufe, immer kläglicher und herzzerreißender, und zwar aus der oberen Etage dcS gegenüberliegenden HauseS. Jetzt springt man auf, holt den Wirlh, nimmt vorsichtig auch noch eine Patroille mit und rasch wird

hinaufgestiegcn, erwartungsvoll die Tdür geöffnet--

da sitzt eine Dame im Negligee lesend auf dem Sopha, nicht wenig über den späten Besuch verwundert. Wer war die Dame? Die ausgezeichnete Hosschauspielerin Frl. Seebach, welche eben eine Rolle einstudirte und dabei den Ausruf des Entsetzens und Schmerzes so na­türlich gab, daß man wenigstens Räuber und Mörder zu vermnthen berechtigt war. Daß die Scene zum beider­seitigen Ergötzen endete, braucht nicht gesagt zu werden.

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