Der König gewährte sie dem hochgeehrten Künstler und Horace Vernet trat in das Kabinet ein.
Hier erzählte er dem Könige fast wörtlich die Unterredung mit Jean. Der König, den dies ungemein amnsirte, wurde indeß sehr ernst, als Vernet dm Punkt berührte, daß der arme Junge nicht habe zu seinem Abschied gelangen können, ob er gleich die einzige Stütze seiner armen, hochbetagten Mutter sei, die seit Jahren Wittwe.
„Lassen Sie mir ihre Notizen hier," sagte der König, „ich werde die Sache untersuchen lassen und sogleich auf das Kriegsministerium finden."
„Ich bin bereits dort gewesen, Sire" sagte Vernet und legte dem Könige einige Schriftstücke vor.
Der König las sie durch, setzte sich sodann, nahm eine Feder und schrieb einige Worte darunter, ließ alsdann einen Ordonnanzoffizier eintreten und sandte die Papiere dem Minister.
Zu Vernet gewendet, sagte er lächelnd: „Wenn Sie Ihr Porträt für zwei Francs so gut vollenden, wie ich die andere Sache, so denke ich, soll Jean Dümmler mit unS Beiden zufrieden sein!"
Ein höchst freundliches Neigen des Kopfes entließ den Maler, der seelenvergnügt nach den Champs Eiysees fuhr, um sich im Freien zu ergehen. Niemals erinnerten sich seine Freunde ihn heiterer, ja fröhlicher gesehen zu haben, als an diesem Abende. Sie ahneten nicht, daß dies der Segen einer guten Thal war, der nie ausbleibt und den Widerschein himmlischer Freude und Friedens in daS Herz wirft. Horace Vernet trat spät in den Kreis der Seinen zurück, auch hier so heiter und glücklich erscheinend, wie selten; aber er sagte nichts über den Grund dieser heiteren Seelenstimmung, weil er erst dann cs ihnen erzählen wollte, wenn es eine vollendete Thatsache würde geworden sein.
Schon am andern Morgen, in der Frühe, stand Vernet vor seiner Staffelei und malte au dem Bildchen, darinnen er Jean porträtiren wollte. Er stellte ihn dar, wie er unter einem jener prächtigen Bäume auf einer Bank saß, die den Park von Versailles schmücken. Auf seinem Knie lag ein Brief, den seine Linke hielt, die rechte ruhte auf dem Tschako, der neben ihm stand. In der Ferne sah man einen Thcil des Schlosses, worin die historische Gallerie sich befindet. Das Gesicht war dem Beschauer zugewendet und der Blick des blauen Auges sah träumerisch in die Weite. Tie Aehnlichkeit war vollkommen vorhanden, als er am Abend mit selbstzufriedenem Lächeln den Pinsel weglegte.
Jean hätte den Künstler gern angcredet, als er seinen Käpitän besuchie, den er wohl kennen mußte, obgleich dieser nie dessen erwähnte — aber die Hochachtung hielt ihn zurück. Nur einen Gruß konnte er sich nicht versagen, der eben so viel Liebe, als Hochachtung ausdrückte, und den Vernet mit einem so freundlichen Gesichte erwiederte,. daß es dem ehrlichen Elsässer im Grunde der Seele wohl thal und er Betrachtungen über den Unterschied zwischen diesem berühmten Maler des Königs und dem Tünchner Petetin anstellte, der unendlich hochmüthig war, während Vernet ebenso herablassend, als freundlich, gegen ihn sich erwiesen hatte.
Jean konnte kaum die Stunde.erwarten, in der er
sich zu Vernet begeben sollte. Die Traurigkeit über seine Versetzung in den mörderischen Kampf mit den Kabylen machte ihm stillen Kummer; denn der Gedanke hatte sich bei ihm festgesetzt, daß, wenn er lebend ans dem Kampfe hervorgehen sollte, er dem wachsenden heißen Klima erliegen würde, weil schon die Sommerhitze in Frankreich jedesmal seine Gesundheit bedeutend untergrub. Gedachte er dann der völlig trostlosen Lage seiner lieben, hochbetagten Mutter, so bangte es ihm gewaltig. Neue Schritte, seinen Abschied zu erhalten, mochte er jetzt nicht unternehmen, weil eines Theils sein Ehrgefühl dies nickt erlaubte, andern Theils er aber auch von der Erfolglosigkeit derselben völlig überzeugt war. Seine Stimmung war daher eine gedrückte, und nur der Gedanke, seiner Mutter ein ähnliches Bild von ihm senden zu können, brachte ihm einige erheiternde Augenblicke. Hätte er sie nur noch einmal Wiedersehen können, ehe ihn der Oeean von ihr trennte — vielleicht ein Grab im Sande der Wüste! Sollte er diesen Wunsch seinem guten Kapitän äußern? Er ging lange mit sich zu Nathe. Endlich meinte ec: es könne ihm ja doch nicht im Mindesten schaden, und so wagte er es, einst seinen Kapitän nach der Zeit der Einschiffung zu fragen.
„Sie steht noch nicht nahe bevor," sagte der Kapitän.
Da wagte ec einen Schritt weiter, und bat um zwölf Tage Urlaub, um seine geliebte. Mutter noch einmal sehen zu könirdn.
Ganz unerwartet erwiderte freundlich der Kapitän, er werde ihm gerne diesen Urlaub gewähren ; wenn er ihn an- zurreten wünsche.
„Nächste Woche," war Jcan's Antwort.
„Warum denn nichl gleich?" fragte der Kapitän.
„Weil — weil —" stotterte Jean, „Herr Horace Vernet mich malen wird "
„Was," rief der Kapitän in erkünsteltem Erstaunen, ! „Du willst Dick von dem le.rühmten Maler des Königs malen lassen?" Jean, was fällt Dir ein? Der malt inner tausend Franken kein Bildniß. Wo sollst Tu das Geld dazu hernehmen?"
' Jean fiel schier in Ohnmacht. Tausend Frauken. Das Wort erstarrte auf seiner Lippe!
(Fortsetzung folgt.)
Dreisilbige Charade.
Mein Erstes nennt den Mann, der tief Znm Sitz der Seele vorgcdrnngen,
Sie bei der Menge Huldigungen Herauf zum Ansckan'n Aller rief.
Die Zweiten gibt Natur, doch Fleiß Veredelt sie erst hier zu Lande;
Sie sprengten, einst der Freiheit Bande Und waren selbst der Schönheit. Preis.. Wie wichtig der gelehrten Welt Ist nicht mein Ganzes! Es gewährt Den Stoff, der Schillers Haupt verklärt; Und Klopstock neben Engel stellt.