reihte sich der junge Carbonaro unter das Banner der Jn- furrektion; immer der Erste unter den Reihen der Kämpfenden, immer auf den gefährlichsten Posten, schlug er sich als Mann, der entschlossen war, mit dem Leben zu endigen. Aber da, wo er den Tod suchte, fand er nur Ruhm. In den Wäldern Columbla's, wie auf der Küste von Morea, wurde sein Name mit Enthusiasmus genannt; und besonders nach dem Falle von Missolunghi kannte die Dankbarkot der Griechen keine Grenze mehr.
Was geschah aber während dieser Zeit in Modena? Seinem Schwure getreu, unterließ der Herzog nichts, um den Mörder Besini's aufzufinden. Der Advokat Romano und zwei junge verdächtige Leute, Ponzoni und Zoceoli, waren an dem Tage, wo der Mord geschah, frstgenommen worden. Der Prozeß gegen die drei Carbonari war kurz. Romano wurde des HochoerratheS schuldig erklärt und zum Tode verurtheilt; die beiden anderen wurden in Kerker geworfen.
Morandi, der sich damals in Spanien befand, schrieb an den Herzog, gm sich als denjenigen anzugeben, welcher den Mord vollbracht batte. Allein die Anklage gegen die beiden Gefangenen beruhte auf mehreren Punkten und überdies war das Zeugniß eines Abwesenden ohne Werth. Morandi wurde eingeladen, ver dem Tribunale zu erscheinen und in eigener Person hinlängliche Beweise seiner Schuld beizubringen.
Ihre Gefangenschaft dauerte über acht Jahre und nur erst die Ereignisse von 183 l sprengten die Thürcn ihres Kerkers. Sie flüchteten sich damals nach Frankreich, wo sie noch leben, Ponzoni fast blind, Zeccoli geisteszerrüttet.
Im Allgemeinen kennt man die Einzelnheiten des mittelitalischen Aufstandes von 1831 schlecht. Benachrichtigt, daß eine Verschwörung in der Hauptstadt selbst zum Ausbruch reif wäre, stellte sich der Herzog au die Spitze seiner kleinen Armee, nur gegen die Rebellen zu marschiren. Stach einem kurzen Gefechte, in welchem er mehrere Gefangene machte, zog er sich jenseits des Po's, in- die Staaten seines mächtigen Vetters von Oestreich zurück. Vom 3. Februar bis zum 5. März wurden die Modencscn von den Rcvolu- tionSmänncrn regiert. Bei der ersten Nachricht von dem ausgcbrochenen Aufstande schiffte sich Morandi in Navarin ein und stieg in Rinüni a,ts Land, von wo aus er nach Modena eilte.
- Als die Kanonen am Morgen des 3. Februars gegen die Wohnung Ciro Menotti'ö donnerten, schien Irene Ran- goni aus ihrer moralischen Lethargie, welche sie seit 9 Jahren auf ihre Zimmer festbannte, zu erwachen. Bei dem Ruse: „Es lebe die Freiheit! es lebe Italien!", der durch die Stadl tönte, glänzten die Augen der Wahnsinnigen von jenem Feuer, welches Verstand verräth. Sie drückte sogar den Wunsch aus, einem Nationalfeste beizu- wohnen, welches einige Tage später im Theater gegeben wurde. Ein Strom von Thronen entstürzte ihren Augen, als die jungen Leute der neu organisirten Nationalgarde das 'weiß, roth, grüne Banner über ihrem Haupte schwangen und ihr bleiches und abgehärmtes Gesicht verlor plötzlich das schreckhafte Aussehen, welches es vordem nie verlassen hatte.
Ruhiger und heiterer, als sie es seit dem Ausbruche ihres Wahnsinnes je gewesen war, kehrte sie mit den Ihrigen in ihre Wohnung zurück und zum ersten Male versuchte sie einige Briese von ihrem Cousin zu llsen, welche während ihrer langen Geistesverwirrung unbeäch.et liegen geblieben waren.
Plötzlich wurde es ans dem Platze lebhaft.... heftig dröhnte es an den Pforten des Palastes..... Irene vernahm einen Schritt, der ihr wohl bekannt war/
„Er ist zurück," rief sie, „er muß es sein!"
Und ohnmächtig sank sie in des hereinstnrzcnten Morandi Arme.-
Nachdem Mora.di einige Tage der Ruhe gewidmet hatte, verließ er Modena an der Sp tze einer Abtheilnng der Nationalgarden, um die bedrohten Grenzen zu verlhei- dign. In einem h tzigen Treffen bei Novi -hielt er den Sturm der herzoglichen Bataillone, welche die Vorhut einer starken östreichischen Division bildeten, tapfer aus. Dieser halbe Sieg vermochte gleichwohl nicht, der Entmulhigung Einhalt zu thun, welche sich der bejahrten Leute, denen man die Zügel der provisorischen Regierung anvertraut hatte, bemächtigte. Begleitet ron einigen Freiwilligen, welche noch nicht an der Sache der Revolution verzweifelten, vereinigte sich Morandi in Bologna mit dem General Zuechi. Stach der Schlacht und dem unglücklichen Rückzuge vonRi- mini schiffte ec sich mit den angesehensten Häuptern des Aufstandes in Ancona ein; allein das Schiff, welches ihn führte, wurde von östreichischen Kreuzern genommen und er mit seinen Gewährten nach Venedig g führt, wo sie in die Kerker der ehemaligen Staatsinqnisition geworfen worden.
Die Nachricht von seiner Gefangennahme verbreitete unter den Anhängern der Revolution allgemeine Bestürzung. Tie lombardisch-venrtianische Regierung beschloß, ihren Gefangenen dem Herzog von Modena auszuliefern; allein cS stand geschrieben, daß Morandi noch einmal dem Tode entrinnen sollte. Wie gelang eS ihm aber, die Wachsamkeit seiner Wächter zu täuschen? Welcher Talisman sprengte die Riegel der Bleikächer? Man hat es nie g>nan erfahren. Im Geheimen erzählte man sich, daß ein junges, schönes Mädchen, in griechischer Kleidung, eine bedeutende Rolle bei der Befreiung des Gefangenen gespielt habe; daß er, Dank ihrem Beistände, die Mauern des Gefängnisses mit der ihm eigenen Gewandtheit überstiegen, im Hause eines fremden Consuls ein augenblickliches Asyl gesunden und dann, um die Nachforschungen rer Polizei zu vereiteln, als Gondolier verkleidet, das feste Land gewonnen habe; später habe er zu Fuß, ohne Geld und ohne Paß, die Lombardei durcheilt und endlich die Grenze deö Kamons Graubüuden erreicht.
Einige Monate nach seiner Flucht befand er sich von Neuem in Corfu, wo ihn jene Unbekannte, welche fv viel zu seiner Befreiung beigetragen hatte, bald einholte.
Die junge Griechin war keine Andere gewesen, als Irene Rangoni.
Auflösung der Charade in Nro. 62:
, Schei dewasser.
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