Stuttgart, 20. August, Mittags 1 Uhr. Se. Erc. der Hr. Minister des Innern, Fchr. v. Linden, verliest eine K. Verfügung, wonach die gegenwärtige Ständeversamm- lung aufgelöst und nach 8 . 186 der Verf.-Urk. eine neue Landstandswahl angeordnet wird. Morgen um 10 Uhr: Wahl deS Ausschusses. (St.A.)

Tages - Ne,ri »rkeiten.

Mannheim, 6 . August. Man schreibt demFr. C. Anz.": Der Tabaksbau nimmt im badischen Lande un- gemein zu. Unsere Pfälzer Cigarren gehen jetzt nach allen Ländern des amerikanischen Kontinents, namentlich nach Kalifornien, sogar nach Ostindien und China. In diesem Moment sind die Bestellungen s' zahlreich, daß cs an Ar­beitern fehlt und die Löhne um 25 bis 30 Prozent ge­stiegen sind. Auch von der Levante sind bereits beträchtliche Bestellungen eingelausen.

Augsburg, 12. August. In Folge der lang an­dauernden Regengüsse sinv Lech und Wertach aus ihren Usern getreten und die reißenden Fluchen trugen Garben und eine Unzahl von Kornähren aus ihrem Rücken.

Es ist doch wohl Uebertreibang, was der Magdeb. Ztg. aus Kurhessen erzählt wird. Das Konsistorium wolle künftig die öffentliche Äirchenbnße aas all- Veräckster des göttlichen Wortes und der h. Sakramente erstrecken. Wer ein Jahr lang den Gottesdienst nicht besuche, und sich vom Abendmahl fern halte, solle öffentli l e Buße tonn müs­sen. Würde das helfen, wenn ec rann in die Kir be käme bis zum nächstenmal?

Ein Postpraktikant in Braunschweig trieb die Un­terschlagung e» »ros. Bei einer Haussuchung fand man bei ihm an 1500 geöffnete, der Post entwendete Geldbriefe; sie lagen in unverschlossenen Kisten und Kasten, alle leer, und die Taschen des beispiellos Untreuen und Leichtsinnigen waren bis auf ein paar Groschen auch leer.

Köln, 13. August. Die Zahl der in Aachen ange­haltenen Scbießwaffen (Revolver) soll bedeutend größer sein, als sie anfangs angegeben wurde; man schätzt dieselbe auf 10 12 , 000 .

Danzig, 17. August. Der DampferVulture" ist eingetroffen. Er hat die allürte Flotte vor Sweaborg am 13. d. verlassen, und meldet, Sweaborg sei, die Festungs­werke ausgenommen, (!) gänzlich zerstört. Die Flotte der Westmächte sei am 13. d. theils gegen Kronstadt, theils gegen Nargen gesegelt.

Man kennt die Kaiserstadt Wien nicht mehr, seit der Choleraschreck auf sie gefallen ist. Zn der Vorstadt Wieden sieht man viel schwarze Särge, verhängte Fenster, leere Woh­nungen; wer kann, flüchtet sich in andere Stadnheile, am liebsten aufs Land. Die Aerzte werden ans der Straße an- gehalteu, sie müssen ans den Wagen und an kie Kranken­lager. Da hört man wie in alter böser Zeit von Vergif­tung der Brunnen und die Aerzte geben nicht Unrecht; frei­lich nicht von böswilliger Vergütung, aber von Vergiftung durch den Unrach der Abflußkanäle, den die wolkenbrnch- artigen Regengüsse hineingeschlämml haben, die Aerzte, Dc. Pettenkofer in München voran, behaupten: der beste Freund der Cholera ist 1) die Unmäßigkeit und 2 ) die Unreinllch-

keit: schlechte Brunnen und Abzugsgraben, stehende Wasser und Sümpfe in der Nähe von Wohnungen, schlechte Abtritte in den Wohnungen. Ihnen nach zieht die Seuche und ver­weilt da am liebsten. Also!

Die katholischen Vereine Deutschlands wollten in Linz ihre diesjährige Generalversammlung halten, aber die Cho- lcra, die in dieser Statt mit solcher Heftigkeit auftrat, daß von 100 Erkrankten gleich 63 starben, vereitelte die ganze Sache. Einen andern Ort anfzusuchen, ist es für dieses Jahr zu spät.

Wallis. Laut einer Visper Korrespondenz vom 12. im Genferjonrnal nahmen die Erschütterungen und der un­terirdische Donner seit 3 Tagen wieder zu, jedoch nicht in dem Grade, wie den 25. und 26. Juli. Der 11. August ging ruhig vorüber, bis Abends 5 Uhr ein starkes Knallen und um 6 Uhr ein lebhafter Stoß erfolgte. Der Scha­den an Gebäuden zu Viöp ist amtlich aus 210,000 Fr. geschätzt.

Eine furchtbare Plage, die schon die Pharaonen kann­ten , suchte die Insel Sardinien heim. Wolken von Heu­schrecken bedeckten weithin den sruchrvaren Boden und mach­ten ihn zur Einöde. Da gab's kein Brod mehr und bald auch kein Wasser; denn Millionen der eckelhaftrn Thierc waren in die Bäche und Quellen gefallen und hatten sie ver­giftet. Den Trinkenden schwoll der Leib auf, in zwei Ta­gen starben von 73 Erkcankien 45. Tie Leute müssen für Wochen ihre Heimath verlassen.

TaS Lager der Fremdenlegion zu <Lhorncliffe ist mit Schildwachen umstellt, uni das Tesertiren zu verhindern. Ein großer Theil der Legionäre hat noch keine Unifvrmm, weil die geschickten zu enge waren. Bei den Kavallerie- säbeln fehlen die Gurte, so daß die Kavalleristen bei ihre» Erercitien ihre Säbelscheide mit der linken Hand halten müssen.

Ein Soldat der englisch-deutschen Fremdenlegion schreibt aus Shorncliffe: Wie kie Zeitungen darstellen, müßte hier eine schlimme Sippschaft beisammen sein: verlaufene Hand­werksburschen, verftrce Abenteurer, verbummelnde oder ver­zweifelnde Faullenzer, Leute, die mit dem Leben abgeschlos­sen und ihre Seele dem Teufel für ein lumpiges Handgeld verschrieben haben. So ists aber nicht ganz. Es gibt al­lerdings Eremplare L la Spiegelberg und Schufterle und verzweifelte Adelssöhne 4 ln Karl Moor, aber die Mehr­zahl sind schmucke, stramme, ehrliche Bursche, die Einen von Noch getrieben, die Andern von Ehrgeiz, und Manche auch von dem Gedanken, daß sie für eine große europäische Sache kämpfen wollen.

Paris. Auf der Münze prägt man gegenwärtig in Platina, täold, Silber und Bronce eine prachtvolle Me­daille znm Andenken an den Besuch der Königin Victoria in Paris.

Paris, 15. August. Wie üblich, bringt der Moni­teur zum heutigen Napoleouöfest eine Menge Ordensver­leihungen und Ernennungen, die nicht weniger als acht enggedrnckte Spalten einnehmen, obwohl vorerst nur die Mi­nisterien des Kriegs s des Auswärtigen, der Finanzen, der Justiz und der Marine begreifend. Das Grab Napo­leons i. wurde heute von mehr als 109,000 Personen be-