gleiterin in das Gemach der Kranken, welche ihm ihre Absicht mittheilte, jetzt, so lange sie sich noch kräftig genug fühle, ihr Testament zu machen. MilloS meinte zwar, ihr Zustand sei noch länge nicht so bedenklich, als sie selbst befürchte, indessen sei von der Berichtigung und Ordnung ibrer weltlichen Angelegenheiten eine gewisse Beruhigung ihres Gemüthcs zu hoffen, die den wohlthäiigsten Einfluß auf ihre Gesundheit ausüben und ihr leicht zur Wiedergenesung verhelfen könne."
„O nein, Miklos," entgegnete die Gräfin, „suchen Sie keine eitle Hoffnung in meinem Busen rege zu machen; ich werde sterben und bin mit dem Gedanken an meine Auflösung vertraut. Wenige Tage, und ich stehe drüben bei Dem, der mir allein Leben und Gesundheit und Kraft wiedcrzugeben vermocht hätte! Wenn ich Sie hiehcr beschiel), so war es nur, um das Geschick meiner guten Elise in Ihre Hände zu legen: ich weiß, daß Ihr Euch liebt: wenn es Euer Wunsch ist, meine Lieben, einander für das ganze Leben anzugehörcn, so empfangt meinen Segen, und laßt mich für Eure Zukunft sorgen!" Sie küßte die Stirn Ellscns und legte >hre Rechte in die deS Zuraten, der entzückt seine Braut in die Arme schloß, und dann dankbar die Hand der edlen Gönnerin an seine Lippen zog. Diese Scene hatte Ludmillens Schmerz auf's Neue erregt, und das Heranzichen einer Ohnmacht fühlend, bat sie den jungen Rechtsgelehrten, mit der Abfassung des Testaments zu eilen. Dieser rief auch alsbald seine Begleiter herein.
„Ich hinterlasse," dictirte die Baronin, „den Armen meiner Güter zehntausend Gulden, dem Kirchenfond ebensoviel, meiner Pflegetochter Elise aber die Summe von füns- zigtausend Kaisergulden als Mitgift) mein übriges Vermögen werde zu gleichen Thcilen zwischen meinen beiden Neffen vertheilt; sie sind arm, von meinem eigenen Blute, und cs ist nicht mehr als billig, daß ich sie bedenke. Was mich anbelangt, so wünsche ich, daß meine sterblichen Lieber» este neben denen meines Verlobten, Moritz v. Kirch- born, beerdigt werden." — Das Eodicill ward angescrtigt, von der Kranken und den Zeugen unterschrieben, und Lud- mille bat jetzt, mit ihrer ^ Pflegetochter und der Wartcfrau allein gelassen zu Werdens „Ich weiß," sagte sie noch zu Miklos, als er sich dankbar von seiner Wohlchäterin verabschiedete, „ich weiß, daß meine beiden Neffen mit Schmerzen auf mein Ende harren, und ich vergebe ihnen diese Eile; sollten Sie Ihnen auf dem Heimwege begegnen, so dürfen Sie Ihnen sagen, wie ich für sie gesorgt habe; geben Sie ihnen aber auch zugleich die Nachricht, daß ich sie nicht, mehr sehen, sondern im Frieden und in Ruhe sterben will."
Miklos Vara ging und traf, wie er es vermuthct batte, im Hofe auf die beiden Brüder, die ihn stürmisch um den Grund seines Hierseins und den Inhalt des Testaments fragten. „Sein sie ruhig, meine Herren!" sagte er ihnen, „Sie bleiben nach wie vor Erben des Gestimmt» Vermögens, und das Testamem enthält nur etliche fromme Spenden von geringem Belange."
Wer war froher, als die beiden Brüder? das Wenige, was ihr Vater Ihnen zurückgelassen hatte, war längst aufgezehrt, und eine b.teutende Schultenmeage setzte sie täg
lichen Verfolgungen ihrer zahlreichen Glänbi'gcr aus. Peter warb scheu seit einiger Zeit um die Hand einer dicken Wittwe eines reichen Viehhändlers, die ihm mir "in der Aussicht auf die nahe Erbschaft Hoffnung auf Erfüllung seines Wunsches gab, und Ludwigs Geliebte schien ebenfalls kälter gegen ihn geworden zu sein, seit er seine Werbungen nicht mehr mit entsprechenden Geschenken zu unterstützen vermochte.
Von diesem Augenblicke an verließen die Brüder das Schloß nicht mehr, sondern betrachteten sich schon als uneingeschränkte Herren desselben. Ohne das geringste Zartgefühl besprachen sie vor der ei'ngeschüchlerten Dienerschaft offen die Absichten, deren Erreichung sie die nahe Erbschaft widmen wollten: die Eintheilung des Hauses sollte verändert, die alten Geräthe verkauft, neue Gebäude anfgcführt werden; statt der klösterlichen Stille sollten Gelage und Jagden das Echo der alten Mauern erwecken, und ehe sie noch über das zu theilende Erbe verfügen konnten, erhob sich schon Uneinigkeit und der Geist des Widerspruchs und der Zwietracht zwischen deir beiden Erben. „Wenn die Kranke," sprachen die Dienstboten unter einander, „wenn die Kranke sehen und hören könnte, wie die Herren Neffen hier schalten und walten, sie würde ganz gewiß daS Testament umstoßen; wer hätte wohl je gedacht, daß die beiden Burschen auch nicht einmal eine Thräne oder ein Wort des Mitleids um daS reiche Erbe gäben!"
Veit ihrer Rohheit und Gleichgültigkeit kontrastirte am auffallendsten der aufrichtige und innige Schmerz Elle- sens, die man, ans Befehl dec Baronin, sogar aus de.,, Zimmer dec Sterbenden entfernen mußte, damit ihr wilder Schmerz nicht auch der guten Pflegemutter den Abschied vom Leben erschwere. Die Neffen hohnlachten übn den Schmerz der Armen, den sie keineswegs für so uneigennützig hielten; vielleicht vereinigten sich Beide ,'n dem Glauben , daß die Tante ihrem Lieblinge eine schöne Summe aus- gesetzt haben werde, worüber ihnen die Aeußerung des Zuraten Vara kein genügendes Licht gegeben hatte. (Forts, folgt.)
Rathsel.
Unter allen Schönen Weit am meisten fröhnen Viele Männer mir;
O, wie sie mich tätscheln,
Wie sie mich verhätscheln,
Aiischau'n mit Begier!
Mich mit Nahrung füllln,
Zärtlich meine Hüllen,
Ehrbar decken auf!
Wie zu guter Stunde,
Sie mich in der Runde Setzen oft in Lauf!
Wenn ich Viele» dieue,
Zweifelt keine Miene Doch an meiner Ehr',
Ob sie auch mich kannten / Reich an Diamanten,
Und v on G olde schwer!