Aus Odessa vom 27. Mai bat die Oestr. Korresp. folgende Privatdepcsche: Am 23. griffen 5000 Mann Gar­den und 7000 Volontärs eine russische Batterie an, welche den vor Kurzem von dem General Bosguet genommenen Wolfsgruben vor den Bastionen 4 und 5 von der Seite bestrich, und behaupteten nach blutigem Gefechte die Wahl­statt; der Verlust der Franzosen soll indcß noch empfind­licher sein, als jener der Russen. Heute werden hier eine kleine Anzahl schwer blcsstrtec Gefangener ansgewechselt.

Petersburg, 24. Mai. Bei dem neulichen Besuche des Kaisers in Kronstadt ist derselbe von der Bürgerschaft nach russischer Sitte mitSalz und Brod" empfangen wor­den. Mit seinem ,,8(>N88ilio" (herzlichen Dank) für die­ses Zeichen der Unterwürfigkeit richtete der Kaiser an die Bürger die folgenden Worte:Betet zu Gott, dem Herrn, um die Seelenruhe des in Gott ruhenden Kaisers und Herrn Nikolai l>! Gr liebte Euch und Ich werde Euch lieben! Bete zu Gott, standhaftes Kronstadt, und Gott wird Frie­den geben; dann wird Euer Handel sich wieder heben." Die Goldausbeute auö fammtlichcn Bergwerken Ruß­lands betrug im verflossenen Jahre 1617 Pud (1 Pud 40 Pfund) 31 Pfd. 72 Sol. und 39'/, Dolja, übertras daher die des Jahres 1853 um mehr als 184 Pud.

Der Kaiser von Marokko hat eine Jrläuderin, die Wittwe von Korporal John Brown geheirathet.

Die Rettung ans der Räuberhöhle.

Ein Beitrag zur Sittciigeschichtc Frankreichs im 17. Jahrhundert.

Herr von Saintaine war ein Edelmann unter der Regierung Ludwig des Vierzehnten. Unverheirathet be­wohnte er ein entlegenes Schloß in den Wäldern von Bern und lebte hier ganz der Landwirthschast. Ec machte ein großes Haus, besorgte aber alle seine Geschäfte selbst, und besuchte sogar die Märkte, um sein Korn in eigener Per­son zu verkaufen.

Ein jährlicher Markt fand in la Chütrc statt. Er besuchte ihn und im Laufe des Tages verbreitete sich das Gerücht, er sei gekommen, um eine sehr bedeutende Geld­summe in Empfang zu nehmen und der Verkauf einer be­deutenden Quantität Korn hätte ihm nicht minder bedeu­tende Summen eingetragen.

Ans eben diesem Markte befand sich auch ein Pfarrer, ein schlechter Priester, ein wahrer Räuber, der als Genosse einer Räuberbande galt, welche das Land verwüstete.

Zwei Bürger von eben so schlechtem Rufe, denn der erste war ein Wucherer, der andere ein Falschmünzer, bildeten die Gesellschaft des Pfarrers. Alle drei waren nach la Ehütre gekommen, um Herrn v. Saintaine zu folgen, und nur sie allein wußten mit Gewißheit, daß er, thcils in Wechseln su porteui-, theils in Gold 20,000 Livres mit nach seinem Schlosse nehmen würde.

Ter Pfarrer nahm Gelegenheit, seinen chrenwerthcn Nachbar zu grüßen, und fragte, wie beiläufig, nach der Stunde seiner Abreise: dann ging einer der beiden Andern in den Stall, in welchem das Pferd des Herrn v. Sain- taine und die seiner beiden Bedienten standen; er ging um die Thierc herum, liebkofete sie und verließ dann den Stall.

Die Tage waren nicht lang, und Saintaine hatte 5

' Landstunden zurückznlege»; um früh genug nach Hause zu kommen, rechnete er auf die Güte seiner Pferde. Ec > schwang sich in den Sattel und trabte in Begleitung seiner beiden Bedienten davon. Zwei Stunden von la Chutre holten sie den bereits erwähnten Pfarrer ein, man grüßte sich, man plauderte, man ritt miteinander weiter. Der Pfarrer bat den Reisenden, bei ihm zu übernachten, und bot ihm ein gutes Bett an. Herr v. Saintaine lehnte die Einladung höflich ab, indem er sagte, daß ec diesen Abend noch seine Wohnung erreichen müsse. Der Pfarrer drang nicht weiter in ihn.

Plötzlich stürzte aber das Pferd des einen Dieners; der Reiter sprang auf und wollte dann auch dem Thiere aushelsen, aber zu seinem Schrecken bemerkte er, daß cs in Todeszuckungen lag, und den Moment darauf krcpirte cs. Man staunte noch über das Ereigniß, als plötzlich das Pferd des zweiten Dieners furchtbar zu stöhnen anfing und unter wilde-» Gewiehcr wüihenv davon jagte, so daß der arme, darauf nicht gefaßte Reiter herunterfiel, und zwar so unglücklich, daß er bas Bein brach. Aber nach­dem das Thier kaum 500 Schritte weit gelaufen war, stürzte eS nieder und verendete auf der Stelle. Bald dar» auf zeigte auch das Pferd des Herrn v. Saintaine selbst dieselben Symptome, so daß sein Herr schnell absteigcn mußte. Das arme Thier hatte die furchtbarsten Krämpfe, aber sei nun, daß es weniger von dem Gifte gefressen, ober daß es eine kräftigere Natur halte, als die anderen beiden, genug, man hoffte cS zu retten.

Man verlor sich in Vermuthungen über dieses dreifache Ereigniß. War der Haber mit irgend einer giftigen Pflanze vermischt gewesen? Hatte irgend ein giftiges Thier sie ge­stochen? Oder war die Vergiftung in irgend einer ver­brecherischen Absicht erfolgt? 'Der Pfarrer ließ einige Ge­meinplätze über die Bosheit der Menschheit los und fragte dann, welche Feinde Herr v. Saintaine haben könne? Die­ser erwiderte, er wüßte keinen, indeß verbarg er seine Ver­legenheit nicht, und sagte:Wenn cs nicht unbescheiden wäre, Herr Pfarrer, so möchte ich Sic jetzt um die Gast­freundschaft ersuchen, die ich vorhin ablehnte."

Der Pfarrer zeigte sich sehr erfreut, einen so achtnngs- werthcn Herrn verpflichten zu können, und rieth dem Herrn v. Saintaine, den unverletzt gebliebenen Bedienten sogleich nach la Chätre zurückzuschicken, damit er das kranke Pferd pfle­gen könne. Der andere Bediente, der keinen weiten Trans­port ertragen konnte, wurde in das nächste Dorf zu dein dortigen Geistlichen gebracht, und hier der Pflege eines Com­pagnie-Chirurgen anvertraut, der in dem Dorfe wohnte und bei dem ersten Lärmen eines so ungewöhnlichen Vorfalles herbeigeeilt war. (Fortsetzung folgt.)

Räthsel.

Schon oft hast Du in prächt'gcm Glanze,

Am Bild der Sanstmuth mich erblickt;

Im andern Sinne hat mit einem Lorbcerkranze, Die deutsche Muse dankbar mich geschmückt.

Auflösung der Charade in Nr. 43. Brieftaube.

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