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Allerlei.
KänSliches Leben in der Türkei in der neuesten Zeit.
Unsere Damen verstehen unter „Schleie r" ein viereckiges Stück Mousselin oder Petinct, das vollkommen durchsichtig ist und daS man nachlässig über den Hut wirst; einen Schleier, der nichts verschleiert, einen Spaß, oder einen Vorwand der Mode: der zuerst von den spanischen Frauen cingeführt worden. Ein solcher angeblicher Schleier läßt durch sein lockeres Gewebe alle Funken des Blickes unterscheiden. Er mildert die Züge, ersetzt eine etwas zweifelhaft gewordene Jugend wiever und ist in nichts dem fcstverschlossenen Gefängnisse ähnlich, das die Türken einen „Schleier" nennen.
Bei ihnen ist er ein wirklicher Mantel fürs Gesicht, ein dichtes Tuch, das in der Thal die Schönheit vor allen profanen Blicken verbirgt. Wäre er noch den ersten Vorschriften des Jslamismus getreu, würde er einen un- übersteiglichen Wall bilden, hinter den Augen, Nase, Mund, Kinn und Stirn derjenigen verborgen sein müßten, die ihn trägt. So will eö das Gesetz. Aber in der Türkei eben sowohl, als anderwärts, versteht man das Gesetz zu umgehen. Obgleich man den beschriebenen Schleier immer noch trägt, sucht man ihn dennoch dergestalt zu ordnen, daß er Aufmerksamkeit erregt, die Blicke fesselt und die Einbildungskraft lebhaft anregt.
Den Sitten und Vorschriften zum Trotz bleibt die Muselmännin ein Weib, wie jedes andere Frauenzimmer. Zwischen dem Haar und den Augen läßt sie einen handbreiten Fleck entblößt, der weiß, glatt, glänzend und mit zwei rabenschwarzen hochgewölbten Äugcnbraunen besetzt ist. Gott weiß, wie viel Sorgfalt und wie viele Kunstgriffe von der schönen Muselmännin und ihrer Zofe in Anwendung gebracht werden, um dies zierliche Wahrzeichen recht hervorzuheben. Eine reisende Engländerin, die sich vor Kurzem in einen morgeuländischen Harem verirrt, versichert, daß sich mit Hülse solcher Vorkehrung eine 60jäh- rige Stirn nicht selten das Ansehen einer 20jährigen gibt.
Manchmal geschieht es auch, daß der trügerische Schleier noch ein wenig tiefer sich senkt und mail ein Auge oder beide gewahrt. Es ereignet sich sogar, daß durch die Falten des Schleiers purpurne Lippen hervorschimmern, die sich auf die angenehmste Weise von der Welt verziehen und neben frischen, vollen und rosigen Wangen gar keinen Übeln Begriff von dem vom Propheten erfundenen Paradiese geben.
Als zuverlässig muß man auch annehmcn, daß die meisten türkischen Frauen sich schminken, vermittelst eines Kamcelhäarpinsels, mit dem sie Karmin leicht auf die Wangen tragen,, um tue etwas verbleichten Jugendfarben, wieder zu ersetzen. ' ' .
Srambul hat seine kühlen Morgen wie Landen, Paris, Wien unv Berlin, und zu Konstantinopel, ww dort, berührt die Zeit keine Schönheit mit ihrem Flügel, ohne ihr einige Reize zu rauben. Man darf. also die muselmännische Huri'nicht tadeln, wenn sie mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln gegen den furchtbaren Saturn ankampst.
wenn sie durch ihre Gewandtheit den verschwundenen Frühling wieder zu ersetzen und durch einige Tropfen Zauber- Elirir die Rosen ihres Gesichts wieder hervorzurusen sich bemühet.
Schlaf ist der größte Genuß und die einzige Zerstreuung der türkischen Frauen. Sie schlafen aus Gewohnheit und um sich die Zeic zu vertreiben. Tritt man in die Wohnzimmer einer türkischen Frau, so sieht man darin Alles aufs Beste zum Schlaf eingerichtet. Die Zimmer sind etwas niedrig, aber groß und vollkommen viereckig. Auf drei Seiten ist ein Divan, der sich nicht über 3 Fuß vom Boden erhebt. Das elastische Gesäß ist mit carmoisinrothem Damast bedeckt, worauf eine Menge mit Gold und Silber gestickte Kissen ruhen. Ist cs kalt, so bemerkt man einen kupfernen Kessel, mit glühenden Kohlen angefüllt, im Hintergründe des Gemachs. Viele mehr oder weniger schöne Decken, Teppiche, zierliche Servietten und einige kleine Tische von Roscnbaumholz, vervollständigen die innere Ausschmückung.
Die Bewohnerin dieses Schlasparadieses braucht nur ihre Kissen zurecht zu legen, die Arme über einander zu schlagen und die Augen zu verschließen, um ganz in ihrem Normalzustände sich zu befinden. Morpheus erscheint und die Einbildungskraft der türkischen Frau schwebt in voller Freiheit im unbeschränkten Bereiche der buntesten Hirngespinste. Geheimnißvvlles Halbdunkel dringt zu den mit dichtem Gitterwerk versehenen Fenstern herein. Durch solche Vorkehrungen wird nicht allein die äußere Neugier unbefriedigt gelassen, sondern auch die innere, die oft noch zudringlicher, noch schwerer zu befriedigen ist, als die andere.
Sie schläft, die glückliche Frau; was könnte sie besseres thun? Sie hat weder Jntrigue, noch Politik, noch Schauspiel, noch'Thee's, weder musikalisches noch malerisches Talent, mit einem Worte nichts, was die Aufmerksamkeit fesselt, oder das Herz interessirt. Eine türkische Frau sagt zu ihrer Nachbarin: „Kommen Sie morgen zu mir, wir wollen recht angenehm miteinander schlafen," eben so einfach und ganz aus dieselbe Weise, wie unsere deutschen Frauen zu ihren Freundinnen sagen: „Lassen Sie uns den Abend mit einander verplaudern und bringen Sie Ihre Arbeit mit."
Im türkischen Bürgerstande trägt die Gattin des wohlhabenden Kaufmanns in ihrem Hanse ein Halbhemd von Scibengace, mit Fransen und schmalen Bändern besetzt, dazu sehr weite Beinkleider von bunter Kattunleine- wand, die ihr bis zu den Knöcheln reichen. Ihre Füsse sind nackt; aber neben ihr stehen hübsche gelbe mit Verzierungen besetzte Pantoffeln. Dem Anscheine nach sind sie kaum für einen Finger groß genug; demnngeachtet bringt sie ihren kleinen Fuß in denselben und läuft damit in ihrem Harem hin und her.
Es ist ein wirkliches Vergnügen, auf den geschmeidigen, weichen und dicken Fußteppichen zu gehen, die man in einer solchen Wohnung findet, und die .morgenländischen Weiber verspüren ein zu angenehmes Gefühl von der Berührung solcher Teppiche, als daß sie ihre Pantoffeln oft anziehen sollten, die für sie mehr Gegenstand des Lurus, als der Nothwendigkeit sind. Sie gehören weniger zu ihrer
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