Der arme Geigenmachec und sein Kind.

(Fortsetzung.)

Gäbest oder hörtest du niemand in die Zimmer mei- ner Gemahlin gehen? fragte er Klara.

Ohne zur Lügnerin zu werden, versetzte das Mäd­chen, weinend und mit der Rechten die Wellen ihres Haa­res zusammenfassend: Nein, Ew. Ercellenz!

Erst jetzt sehe ich, welch ein reizendes Wesen in mei­nen Diensten ich habe sagte die Ercellenz im Näher­treten, faßte die Klara mit zwei Fingern unters Kinn und hob dasselbe empor. Was gäbe ich darum, besäße meine Gemahlin noch diese Frische und Fülle, so wie diesen üppigen Haarwuchs! Nicht so, liebe Kleine, du hast recht hübsch gefolgt und darum dieje Weihnachten reichlich bescheert erhallen! Rede frei heraus, Kind, und sey nicht so ängstlich. Vor mir braucht sich ein so liebes Wesen nimmer zu jürchten. Sprich also, was bekämest du?

Drei Thaler Lohn platzte Klara heraus sonst nichts der Hausmeister sagte, ein heiliger Christ wäre nicht ausgemacht worden und Ercellenz wollte nichts da­von wissen

Meine Gemahlin hat dich blos vergessen, Kind! Laß mich ihr Versehen gut machen. Da, nimm! Eine Hand voll Gold- und Silberstücken klimperte auf die Kommode nieder. Aber nun erwarte ich auch einen kleinen Dank von diesen würzigen Lippen Hier wurden auch die Arme der Ercellenz zur Scheere, welcher das Mädchen Mil Behendigkeit entschlüpfte.

Stecken Sie Ihr Geld ein, rief Klara heftig Ste­cken Sie ein oder ich werfe cs durch das Fenster!

.Ercellenz jedoch hörte nicht auf das Geheiß, son­dern trachtete die widerspenstige Schöne zu fangen. Da­rauf gcrieth das ohnehin schon aufgeregte, voigtländische -Blut in die heftigste Wallung in rercn Folge der Dip Icmat zuletzt wie ein leichter Federball gegen diejenige Leite der Stubenwand flog, wo des Lieutenants neumo­disches Schilderhaus aufgehängt war. Von der dicßinal nicht diplomatisch aufgitretcnen Ferse der Ercellenz schmerz­haft berührt, zog der Lieutenant den getroffenen Fuß un- lör einem leisen Fluche in die Höbe, wobei es nicht feh­len konnte, daß der ballmäßig gekleidete Kran'ch von den scharfen Augen des Gesandten entdeckt und zu Tage ge­fördert wurde.

Ach, sieh da, Herr von Malferio! sagte Ercellenz lachend Welches unerwartete und darum so ange­nehme Zusammentreffen! Was suchten Sie denn unter diesen nordischen Feigenblättern?

Ich studire die Geheimnisse von Paris! stot­terte der Lieutenant und zwang sich zu lachen.

In derselben Absicht kam ich hierber entgegnete der Gesandte und mich dünkt, nicht ganz vergeblich. Lassen Sie uns die gemachten Erfahrungen gegenseitig auslguschcn

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Nach d esem einzigen Worte zog der Kopf, der-das- sclbe eilig hcremgerufen, sich eben so durch d-.e verhanz- mßoolle Thüre zurück.

Nur näher, Madame! rief der Gesandte jenem nach und lief, seine zurückgeprallte Gemahlin in das Stäbchen zu nöthigen.

Lassen Sie sich einen köstlichen Spaß erzählen! fuhr der Diplomat lustig zu der betroffenen Ercellenz fort Unser Dosco ist ein Teufelskerl, doch nicht ganz richtig in feiner Kunst. Hören Sie nur! Da läßt ec vor­hin, fast von meiner Seite weg, denHerrn von Malferio verschwinden. Nach einer kleinen Weile raunt er mir ins Ohr: Wenn Ihnen an der Wiedererlangung des Herrn Gardelieutenantö gelegen ist, jo können Sie denselben in dem Boudoir Ihrer Frau Gemahlin auffindcn. Des Spasses halber folge ich dem gegebenen Winke uns wie unv wo finde ich den Herrn von Malferio? Schildwache stehen unv zwar unter dieser aufgehängten Masse von Baumwollstoffen!

Hier erhielt der Lieutenant einen vorwurfsvollen, die voigtländische Schöne aber einen zornigen Blick von der Gesandtin zugeworfen. Jbr Gemahl hingegen suchte baö Geld auf der Kommode, als ein sprechendes CocpuS de- licii, durch eine geschickte, so eben von Bosco erlernte Eskamotage in seine Tasche zurück zu versetzen, was ihm auch glücklich gelang.

Der Lieutenant aber versetzte boshaft: Hören sie nun auch, gnädigste Frau, aus welche Weise mich der Magier bewog, hier als Schildwache zu fungiren. Wol­len wie sprach er zu mir das große, diplomatische Talent des Aschen Gesandten bewundern lernen, so ver­fügen Sie sich ungesäumt in die Stube seines Küchen­mädchens und wohnen sie daselbst ungesehen seinen Ver­handlungen mit demselben bei. Dieß ihat ich und war so lange ein stiller Bewunderer Seiner Ercellenz, bis die­selben gleich einer Bombe, von der Faust der handfesten Schönen geschleudert, in mein stilles Ayl niederste! und mir dadurch daS Ausschneiden eines schmerzhaften Leich­dornes ersparte.

Und mir erzählte die Gesandtin beschrieb der Magier die gan;e Scene dier so lebendig, daß ich, von Neuz-ec unv Zweifeln getrieben, mich hierher begab, um mich durch den Augenschein zu überzeugen. Darum ent­schlüpfte auch meinen Lippen der Ausruf: wahr! als ein Bllck in dieses Gemach mich schnell unterrichtet hatte.

Der Gesandte lachte unmäßig. Abgemacht, lieber Lieutenant keuchte er nicht wahr? Er reichte dem Hel­den die rechte Hand zur Versöhnung h:n, und die Sache war auf unblutigem Wege abgemacht! Am andern Mor­gen saß Klara Hübel m dem Haarschneidcladinet des Haarkünstlers Lonfigl-.o. Sie saß in sich geschmiegt, un­ter Fcostschauern, erblaßten Angesichts, mit feucht blitzen­den Augen da, und gleich der unerbittlichen Parze schnitt Bonfiglw mit freudig bebender Hand darauf los. Lesse rauschend sanken die langen, schwarzen Seidenflechlen her­nieder und bald war der Tituslopf fertig. Hierauf be­wies Donsiglio, daß er nicht blos Haare zu verschneiden, sondern auch Dukaten zu beschneiden vxrstcde. Denn zwei der leichtesten Holländer glitten in der Betrübten Hand, unv was die Gesaudtin denselben uoch zugesetzt, blieb in derjenigen BonsiglioS kleben. (Forts, folgt.)