Der Invalide und sein Hund.
(Schluß.)
Die beiden Rapse waren, nachdem sie inJarchauscn reiche Aerndte gehalten batten, am Abende dcsselbigen Tages in einem Wirtbehause eingekcbrt, das etwa andcrt- bald Stunden weit von dem Schauplatze ihrer heutigen Thalen cnlfcnit lag. Glück macht Much, oft auch Ueber- muih, und um sich angeblich gute Tage zu verschaffen, stiehlt ja nur der Dieb. Deshalb ließ auch Raps auf- tragcn, was Küche und Keller vermochte. Das Rapschen erhielt dabei seinen vollkommenen Ancheil, denn der Later war mit des hoffnungsvollen Söhnleins Griffen heute recht zufrieden gewesen. Zwar hatte av der goldenen Perloque, statt der vermutheten Uhr, nur euie werthlose Kartätschenkugel gehangen; doch was konnte der kleine Raps für diese Sonderbarkeit des alten Stelzfußes ? Da an Herrn Schrots Nepetiruhr nur ein gewöhnliches Band nebst einem messingenen Ubrschlüssel hing, so halte der alte Raps des Invaliden Uhrband nebst Perloque an jene geknüpft und seinem Sohne blos die Kartätschenkugel als Eündenlohn gelassen. Weil daS Gauncrpaar seit längerer Zeit schon auf Strohlagern zu übernachten g zwangen gewesen war, so hatte Vater Raps, um dem heutigen Tage die Krone aufzusctzcn, em besonderes Zmimer nebst zwei Beiten sich gcden lassen. Vordem Nicderlegen sein heute erbeutetes Geld und Gut überzählend, hob er zufrieden an: Diesen Tag lasse ich mir gefallen. Eine goldene Uhr und zwei silberne; vicr Gcldbeulel und 5 Frauentaschen mit klingendem Inhalte; ein wunderbarer Hund, mit welchem wir im Nothfalle unfern Unterhalt erwerben können ich möchte doch wissen, was sein einbeiniger Herr jetzt sagen wird, da ihn sein gerühmtes, treues Thier im Stiche gelassen hat, um uns nachnulaufen? Wahrscheinlich mochte ihm die schmale Kost des Stelzfußes nicht länger anstehcn. Wie hieb er in das Wurstleder und Kalbsbraten ein, den du nicht aufcssen mochtest! Nun, mein lieber Mohr, nach jeder Aerndic wie die heutige sollst du bei uns die fettesten Bissen erhalten.
Nach dieser Rede, welche Mohr blos durch daS Wedeln seines Schwanzes beantwortete, bestiegen dir beiden Rapse ihre Pager. Der im Uebetflusse genossene Branntwein versenkte sie bald in tiefen Schlaf. Mohr nahm nun auch seine Schlafstelle ein und zwar auf dem Stahle, wo Rapfens' seniors Beinkleider lagen. Die Nacht verstrich ohne Störung; doch kaum daß der Morgen zu grauen begann, erwachte der jüngere Raps durch em schmerzliches Leibweb, das, jedenfalls durch den gestern zu leichlich genossenen Pefferkuchcn erzeugt, ihn schnell aus dem V t e und hinaustricb. Seine Flucht war so eil g, daß er sich weder Zeit nahm, die Beinkleider erst anzuzichcn, noch die Etubenthürc hinter sich zu verschließen. Mohr, der Hund, hatte die Nacht fast schlaflos hingebracht und das hast ge Treiben des kleinen Raps zwar in unverändert ssllcr Page, jedoch mit desto schärferen Blicken beobachtet. Kaum aber, daß dieser hinausgeell! war, so sprang auch Mohr auf, erfaßte mit
seinen Zähnen erst des älteren, dann des jüngeren Nas^ Beinkleider und verschwand augenblicklich durch die offen gelassene Thüre, ohne daß dich der fest schlafende alte Gauner bemerkte. Ein Frachtfuhrmann, welcher so früh schon anspannte und welchem der Hausknecht unten Thüre rznd Thor geöffnet hatte, ward Ursache, daß der Flucht Mohrs kem weiteres Hinderniß entgegentrak. Das Ho- sendvppelpaar nach sich schleifend, prellte Letzterer bei dem hierüber betroffenen Hausknecht vorbei und war bald, trotz des ihm nachgeschickien Schreiens von Seiten des Hausknechts, aus dessen Gesichtskreise verschwunden.
Rau, der Invalide, hatte sich noch nickt von seinem einsamen Lager erhoben, doch war er munter und gedachte voll Kummer seines doppelten Verlustes, von
welchem er nicht wußte, welche Halbschied er am meisten d
betrauern sollte, ob die Kugel nebst Perloque oder den d
wunderbaren Hund? Siebe, da kratzt eL in diesem Au- st
genblicke an des Bodenstübcheus ler'chtverschlossener Thüre. u
Ein Schauer freudiger Ahnung überrieselt den Jnvali- n
den, der, so schnell es ihm sein Stelzfuß erlaubte, daS d
Bette verließ und öffnete. Und was er geahnet — eö st
ist erfüllt vor seinen staunenden Blicken: Mohr ists, der r
wedelnde, der die zwei Hosenpaare vor seines Herrn v
Füße nicdnlegt und freudig heulend dann an ihm empor- L
springt. Und bevor der Stelzfuß das sonderbare Auge- d
binde einer näheren Untersuchung unterwirft, liebkoset er 8
erst das treue Thier, somit zu erkennen gebend, daß ihm d
dasselbe noch über die merkwürdige Kugel und deren h
goldene Perloque gehe. Dann fördert er den Inhalt d
der Hosentaschen von dem älieren Raps zu Tage. Ha, d
da ist daS Band und die Perloque; aber o weh! ja a
wirklich o weh! sprach der Invalide, als er seine eiserne g Kariälschcnkugcl rn eine goldene Nepetiruhr — in die t
des Polizeibeamten von Jarihausen — verwandelt sähe. e
Er achtete nicht des wetteren, ansehnlichen Fundes an v
Geld und Geldcswerlh, sondern forschte in dem anderen f
Hosenpaare nach seiner Kugel. Und siehe, unter Pfeffer-. si kuchenbrocken und Kupferpfennigen vergraben, ruht die »
vermißte Kugel, an welche der entzückte Nau sofort n
das Band nebst der Perloque zurück versetzt. Sodann L
frisch vorwärts auf den Weg nach Jarlhauscn, dessen H
Orlsvorstand seinem gegebenen Versprechen treulich nach- kam, die zehn Thaler auszahlle, und die 3 Maaß Bler, d
so wie die Wurst dem Ein - und Vierbeine verabreichte k
Ucbrigens wurden die fristenden Hosrnpaare für RahS u
senior und junior zu Steckbriefen, welche gar bald die a
Verhaftung der beiden Gauner herbeiführten. NapS, der r
Vater, bekam im Zuchchause Muße zum Spinnen, und st
Raps der Eohn in der Kinderbcfserungöanstakt Gelegen- »
heit, ein anderer Mensch zu werden. Mohr, der man- ü
dcrbare Hund, ärndetc von nun an doppelte Ehre, sei» st
Herr dagegen doppelte Gaben von den Bewunderern ei
desselben ein. gi
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Die S t a a t s ö k o n o m e n. ^
Was die Gelehrte» doch für selt'ne Mücke» habe» ! sc
Weil Holz und Leinwand lheiier sind nnd rar y,
Soll inan die Todteil ohne Sarg, sogar Wie jener fädelt, ohne — Hemd begraben.