Gebanken sind schon längst nicht mehr zollfrei, auch Nicht einmal mehr die Gedankenstriche, denen man oft nachsagt, sie stünden da, wo die Gedanken ausgehen. Der Redakteur der Elbinger Anzeigen hat für ein paar Gedankenstriche in einem politischen Artikel 50 Thaler

Strafe zahlen müssen. ,

Die drei Zuchthaussträflinge, die vor Kurzem mit^ großer Kühnheit aus der Koburger Festung entsprangen, sin» alle wieder eingefangen, zwei hier in der Nähe von Bauern auf einem Berge, der dritte in Jüchsen. Durch Diebstähle, die sie in der Nähe begangen hakten, um sich i Kleider und Nahrung zu verschaffen, war man auf sie ° aufmerksam geworden.

Am 18. März hatten die Erfurter den befahren­sten Markt seit letzter Ernte und die Preise sind auch ge­wichen , während cs zwei Markttage früher auch schon flaute jedenfalls hält man überall mit Verkauf seiner,' Getreide - Vorräthe zurück. Man nehme ein Erempel am Erfurter Markte! Vorräthe giebttz noch überall, die jetzigen Preise sind der gemachten Ernte nach zu hoch und müssen nun herunter gehen. j

Es scheint, daß Preußen nicht allein, sondern mit ^ den übrigen deutschen Staaten und namentlich mit Oest-' reich gemeinsam neutral bleiben will. 500,000 Bajo­nette würden dieser Neutralität Respekt verschaffen. Wenn Oestreich angegriffen wird, will Preußen und Deutsch- land ibm beistehen. Zwischen Wien und Berlin sind Verhandlungen darüber im Gange.

In Berlin hat ein russischer Militär-Bevollmäch­tigter Graf Benkendorf seinen Wohnsitz. Vor einiger Zeit hieß es, er sep abberufen und soll ein Kommando gegen die Türken übernehmen. Er ist aber geblieben, und mißtrauisch, wie die Berliner sind, meinen sie, das Ding sehe aus, als ob der Herr General größere Siege daheim als auf dem Schlachtfelds zu erringen hoffe.

Ein schweres Unheil hat die Stadt Sch wetz an der Weichsel getroffen. Ganz unvermuthet brach Nachts der Strom aus, drang in die Stadt u»d streg schnell von 12 auf 18 und bald auf 20 Fuß. Die Böden in vie­len Häusern stehen unter Wasser und in den niedriger gelegenen Stadtthe.len findet eine Verbindung nur durch Löcher, die in die Dächer gebrochen sind, statt. Der Schreck und Jammer ist unbeschreiblich. Das ist dieses Jahr das einzige Beispiel von einem gefährlichen Eis­gänge.

In Wien giebts gegenwärtig 78 Journalisten, un­ter denen 61 Juden sind. Die Kreiszeitung meint,- da­her komme es auch, daß in Wien so viel türkensreund- liche Artikel fabncirt würden, denn nur Juden, nicht aber Christen könnten für den Orient und zu Gunsten der Türken ihre Stimmen abgeben.

Schaffbausen, 17 März. Hier hat sich die­ser Tage ein tragischer Fall ereignet. Ern aus der Baar gebürtiges Dienstmädchen beging auf dem hiesigen Mark, mehrere Diebereien, ang> blich >m Betrag vön enwalOfl. In dem Kantonspolizeigedäude von einem Landjäger be­wacht, benutzte sie eine kurze Abwesenheit desselben, um aus dem Fenster mehrere Stockwerke hoch sich auf die

Straße hinabzustürzen, und war augenblicklich todt; Kopf und Brust waren gänzlich zerschmettert, und folgte ein auffallend großer Bluterguß. Der Erfund der Sektion zeigte, daß ein zartes Menschenleben mit ihr zugleich sein Ende fand.

In Stockholm ist der junge Erbprinz Oscar, Sohn des Kronprinzen, gestorben.

Paris, 19. März. Die Gelreidcprcise sind überall im Abnebmen und schon hat zu Rouen der Brodpreis um 1 Cent, per Pfund vermindert werden können.

Die Modeartikel in Paris sind jetzt Veilchensträuße, mit denen Jung und Alt sich schmückt. Die Gärtner können nicht genug solcher blauen Frühlingsblümchen zu Markte bringen.

Der Kaiser von Frankreich hat kürzlich die Arbeiten im Louvre besichtigt. Als er zu den Steinmetzen kam, ergriff er einen Hammer und begann zu meiseln. AlS der Kaiser müde geworden, gab er den Hammer dem Arbeiter zurück dem er gehörte und ließ ihm einige Gold­stücke in die Hand gleiten. TagS darauf promenirte der Kaiser im Walde von Boulogne. Als er vor eine Schmiede kam, trat er ein und nachdem er nach diesem und jenem gefragt, ließ er dem Schmiedegesellen eine beträchtlich» Summe Geltes schenken.

Die ganze europäische Welt ist voll gespannter Er­wartung und geschäftiger Bewegung. Es sieht aus, als ob der Vorhang, der die schweren Ereignisse des euro­päischen Krieges noch verhüllt, aufgezogen werden sollte. Die Kuriere eilen von Petersburg-nach Wien, London und Paris, große Flotten schwimmen auf den Meeren und dem Kriegsschauplatz immer näher, große Heere werden eiugeschifft und die Oberbefehlshaber sind adgereist, um ihr Kommando anzutreten. Und andere Heere stellen sich auf im Osten und Westen und Süden, vorläufig als Beobachter. Steuern werden erhöht, ver­doppelt und Anleihen gemacht alles für den Krieg, dessen Losungswort jede Stunde fallen kann.

Gerüchte erzählen, Preußen werte nächstens ein BeobachtungSheer am Rhein und eins im Osten an der russischen Grenze aufstellen Mehr als Gerücht ists, daß Frankreich bei Grenoble ein großes Lager aufschlägt, vielleicht auch am Rhein. Neue 125,000 Mann Rekru­ten sind ausgehoben und Unberufen und auch die halb vergessene und ganz vernachläßigte Nationalgarde wird in Bewegung gesezt. In Paris und den großen Städten sind Musterungen an der Tagesordnung.

Paris, 17. März. Man will aus bester Quelle wissen, daß unsere Hilfsarmee im Orient 100,000 Mann stark werden solle. England würde nur 30,000 Mann nach der Türkei senden, dagegen eine viel ansehnlichere Truppenmacht in der Ostsee verwenden. Angeblich gut UnterriLtete wollen wissen, die ersten beiderseitigen Er- pedltionstruppen seyen nach der Südwestsp he der Krimm bestimmt, um Sebastopol in demselben Augenblick von der Landseile anzugreifen, wo die vereinigte Flotte den Eingang in diesen Kncgshafen erzwingen würde.

Paris, 23. März. In den von England abgewie­senen Vorschlägen gestaltet der Czar die Karte von Eu-