logne, jeden der beiden Boulogner mit seiner halben Banknote sich selbst überlassend. Wahrscheinlich haben sie Hälmchen gezogen, wer von ihnen die ganze Banknote und wer gar mchtS haben solle.

Die beiden Schwestern.

(Forts-vinig.)

Eleonore ging und kehrte mit einem bunten Seiden­tuche zurück, ihrem einzigen, welches sie von dem Geschenke Camilla'S erkauft und bis jetzt noch nicht getrogen hatte. Camilla schlang das Tuch m» Len HalS und ging. Mut­ier und Tochier schwiegen eine lange Weile. Endlich hob jene zu ihrer eifrig arbeitenden Tochter an:

Tausend Tbaler und noch nicht damit zufrieden! Lor- chen, wie viel verdienst du an dem großen Haufen Wäsche, den du da vor dir liegen hast?

Ziemlich einen Thaler, Mütterchen! versetzte Eleo­nore - wenn ich mcme Auslagen alle abgerechnet habe.

ArmeS Kind! seufzte die Mutter und deine Schwester ersingt sich in 3 Stunden mehr wie 20 Thaler. S!ch, warum verlieh nicht dir unser Herrgott Camilla'ö Stimme? Du würdest eine bessere Wtrthrn und dankba­rere Tochter sepn.

Wer weiß! entgegnete Eleonore bescheiden. Ich würde es vielleicht eben so treiben wie Camilla.

Lerchen! bat die Mutter warne du deine Schwester vor jeder Uebereuung. Erinnere sie an die Schauspielerin, deren Denkmal im Dorfe Laubegast am Elbufer steht. Diese hatte mebr wie 2000 Thaler jähr­lich Gehalt und starb als Bettlerin auf dem Stroh, weil sie in ihren glücklichen Tagen nicht gespart hatte. Geh' noch heute zu Camilla! Tvue mir den Gefallen.

Eleonore ging, ihre Arbeit im Stiche lassend. Vor der schwesterlichen Wohnung angelangt, sah sie deren Fensterreihe hell erleuchtet, vernahm sie Gesang, Geläch- ler Gläserklang, erblickte sie die wandelnden Schallen zahlreicher Gäste. Da kehrte sie heim, um zwei Tage später ihren Besuch zu wiederholen.

Da aber war der Vogel ausgeflogen und hatte ein leeres Nest hrnterlassen, in welchem eine Schaar Gläu­biger schimpfend, wehklagend und sich herumstreuend stand. Schuhmacher, Schneider, Putzmacherin, Modehändlerin, Kaufmann, Condlkor, Hauswirt!), Meubleur, Juden und Corisicn hauen sich mit ihren Schuwforderungen eilige- zünden.

Unverdienten Vorwürfen zu entgehen, enlfernie die erschrockene Schwester sich schnell wieder. Auf der Treppe über lief sie dem Gesanglehrec Morelli in die Hände.

Jn'S wiklich wahr? rief derselbe ihr mit kreidewei­ßem Aull tze entgegen. Ist Cam lla fort ? Ich armer geschlagener Mann!

Mil der Hvfopernsängerin zugleich war auch der Leutnant Brandtner entwichen, daher der Letztere steck­brieflich verfolgt wurde.'

Arme Mutter! Nur die treue Liebe deiner zweiten Tochter, der so oft gegen Camilla zurückgesetzten, erhielt bich in deiner Nylh noch aufikcht.

Ueber zwei Jahre waren vergangen. An einem rau­hen Dezemberabenve saß Frau N>ediier in ihrem war­men Stübchen und las in der Bibel. Das Feuer loderte trommelnd im Ofen uns warf einen leuchtenden Strabl durch bas Zugloch der Thüre auf die Dielen hin. In der Röhre stand eine thöncrne Kanne Kaffee, bestimmt für die von der Mange deimkehrende Eleonore.

Mn tiefer Empfindung las Frau Niednec den Spruch ab:

DeS Vaters Segen bauet den Kindern Häuferz aber der Muiter Fluch reißi sie wieder nieder.

Die Leserin hielt inne, seufzte tief und sagte:

Fluchen? Nein, Camilla, das werde ich dir nicht. Segnen aber, von Grund meines Herzens, will ich mein zweites Kind, meine Eleonore! Was wäre ich jetzt ebne sie? Du hast mit mir gelitten, geduldet und für mich dich geplagt. Golt segne dich, meine Tochter, hier und m der Ewigkeit. Amen.

Jetzt ward die Hausthüre aufgeklinkt.

DaS wird sie seyn sprach Frau Niedner und er- hob sich Schon sorgte ich mich um sie. Bist du er, Kind? fragte die Mutter, die Slnbentdüre öffnend.

Vor ihr stand eine Frau, mit einem Hebekocbe «n den Händen, welche sie mit den Worten anredele:

Frau Niedner! eine fremde Dame aus dem golde­nen Engel, Zimmer Nr. 23, schickt mich mit dieser Wäsche her. Sie möchte dieselbe gern übermorgen wieder haben. Der Waschzettel liegt dabei. Es ist auch ein hübsches Stück Geld daran zu verdienen. Gute Nacht!

Aber entgegnete Frau N-eduer ich weiß nicht, ob meine Tochter

O eS geht gewiß! unterbrach sie das Weib und Wen» auch die Zeit nicht mit der Minute eingchaOcn wird. Es ist ja nicht viel Arbeit daher. Ich habe Eile muß noch mehr besorgen

DaS We:b trippelte fort und Frau Niedner setzte

kel. Bald nachher trat Eleonore herein, hastig, mi! glühenden Wangen und freudefukikelndeu Augen. Eie siel sogleich ihrer M itter um den Hals, weuue und sagte:

Feeuen sie sich mir nnr, Mütterchen! Ich bin recht glücklich gewesen.

Welches Glück könnte uns heimsuchen wollen? eiil- gegnele die Mutter kopfschüttelnd.

Hoflcibwäschcrin bui ich geworden! jauchzre Eleo­nore -- mit l7 Tya.ern monatlichen Gehalte . Die Ar­beit ist nicht sehr anstrengend, so daß ich nebenbei noch immer einige Thaler verdienen kann. Wissen S>e, wein ich dieses Glück zu danken habe ? Dem Wien Hoflbealer- zetleliräger Schindel! Er kennt mich noch von Cam lla her, wo ich ihn zuweilen traf und mit ihm sprach. Er dat mich bei dem Grafen Blendheim empfohlen, der vor kurzem Oberhofmarschall geworden «st. Nun können wir daran denken, des Vaters Schulden zu bezahlen, und einen Leichenstein lassen wir ihm auch setzen. Das Holz­kreuz ist unten schon ganz verfault und bricht vielleicht

bet dem ersten Sturm.

(Fortsetzung folgt.)

den mtt einem Luche üderdcckien Äasdkvrb in einen Win-