u. s. w. Unterricht zu ertheilen, zu willfahren und ihm hiezu den Betsaal der Deutschkatholiken auf dem alten Rathhaus cinzuräumen. Diesem Beschluß trat auch der Türgerausschuß uruer der Bedingung bei, daß Herr Be- ger zehn armen hiesigen Lehrlingen unenigeltlich Unter­richt ertheile. Herr Beger hat schon in Reutlingen eine derartige Anstalt gegründet, wofür ihm öffentlich Aner­kennung zu Theil wurde. Auch hier wird dieselbe An­klang finden. Nächste Woche beginnen die hiesigen Schwurgerichtsverhandlungcn mit einigen ausserordentlich wichtigen Verhandlungen. So wird ein großer Diebs­prozeß, bei welchem 15 Angeklagte figuriren und über 10 i Zeugen auflreten sollen, dessen Schauplatz Stuttgart war, zur Verhandlung kommen und gegen 14 Tage dauern. Ein interessanter Tödtungsfall wird gleichfalls zur Verhandlung kommen, bei welchem Zeugen aus der Schweiz, wo die That vor sich ging, aufireien werden.

Heilbronn. Dem Vernehmen nach beabsichtige» die HH. Materialist Engelmann von Stuttgart und Dr. Klemm von Mannheim hier mit Nächstem eine Schwe­felsäure-, Soda- und Chorkalk - Fabrik in großartigem Maßstabe anzulegen, zu welchem Zwecke sie auch unter­halb des Münzlng'schen Fabrikgebäudes am Neckargar- tacher Weg ein 160' langes und 50' breite», so wie sechs 100' lange Gebäude errichten wollen. Schon allein für dieses Jahr glauben die Unternehmer 100,000 Ctr. Steinkohlen zu verbrauchen und wenigsten» 60 Arbeiter zu beschäftigen.

Hcilbronn. Praktische Benützung de» Telegra­phen. Einem hiesigen Math, dem am Pfingstsonmag wegen starken Verbrauchs sein Ulmer Bier zur Neige gegangen war, ließ diese Nachricht seinem Lieferanten in Ulm telegraphii^n, welcher ihm so'ort per Eisenbahn eine neue Sendung machte, die noch rechtzeitig zum Lie. derfest eintraf.

Freudenstadt, 10. Juni. Auch in unserer Ge­gend sind in der neueren Zeit mehrere Unglücksfalle vorgekommen. In Pfalzgrafenweiler fiel ein sonst solider Mann in betrunkenem Zustande vom Wagen herab, kam unter das Rad und starb nach kurzer Zeit. In Dorn­stetten verunglückte auf ähnliche Weise ein Bräutigam, der demnächst Hochzeit machen wollte und nun beide Beine verloren hat. Hier, in Freudenstadt selbst, fiel das gerade auf Besuch befindliche 1 ^jährige Kind eines Unterlehrers im Unterlande in eine unbedeutende Pfütze und ertrank. In vergangener Nacht sah man eine Rothe gegen Süden; wie man hört, so sind in Wälde, Sulzer Oberamts, 2 Häuser abgebrannt.

Ein Diebstahl, der sich durch Verwegenheit und Frechheit auszeichnel, erregt gegenwärtig m Cannstatt großes Aufsehen. Vergangenen Montag wurde im Hause eines Sattlers, in der Nähe des Bahnhois, wo eine der frequentesten Passagen der Stadt ist, und zwar Nach­mittags etwa 4 Uhr, eine Summe von 120 fl. in Geld und Geldeswerth entwendet. Der Dieb mußte fick, w e die eingestellte Untersuchung ergab, einen Hauptschliissel nicht nur zu den Thüren des äuffern und innern Zim­mers zu verschaffen gewußt haben, sondern auch zu den Schränken und Kästen; denn die Schlosser waren alle zwar offen, aber keines verlezt. Als der Besitzer des Hauses nach Hause kam, trat ein Fremder aus demsel­ben; Kinder riefen diesem zu:das ist der Stattler!" Der Fremde theille dem Sattler mit, als sey der Kut­

scher eines Handlungsreisenden und scy gekommen, für seinen Herrn einen Koffer zu kaufen. Der Sattler zog seinen Zimmerschlüssel aus der Tasche, wollte die Thüre öffnen, fand sie aber zu seinem nicht geringen Erstaunen schon offen. Ein Blick in die Zimmer zeigte ihm, was geschehen. Der Fremde verlangte ungeduldig die Kof­fer zu sehen, fand aber keinen für seinen Zweck paffen­den und wollte sich alsbald entfernen. Der Sattler bat ihn, doch noch so lange zu verweilen, bis er nach der Polizei geschickt hätte, da er (der Fremde) allenfalls Zeu­genschaft leisten müsse. Der Fremde aber schützte noth- wendige Anwesenheit bei seinem Herrn vor und enlfernte sich mit dem Bedeuten, sein Herr und dessen Equipage befinden sich im Hotel Herrmann. Der Sattler durch die Verwüstung in seinem Zimmer und die nnponirende Unbefangenheit des Fremden verwirrt, ließ ihn wirklich abziehen. Alsbaldige Nachforschungen in besagtem Ho­tel ergaben, daß ein Fremder, auf oen das Signalement des angeblichen Kutschers vollkommen paßte, vorüberge­hend gesehen worden sep, baß aber zu selbiger Zeit kein Handlungsreisenoer daselbst logire. Mit welcher Um­sicht der Dieb zu Werke gegangen, beweist der Um­stand, daß ec sogar die Spitze einer zerbrochenen golde­nen Stecknadel mitzunebmen nicht vergaß; wadrbaf- tig ein Stückchen, dessen sich der erste Jndustrieritter von Parts nicht zu schämen brauchte. Der Fremde ist seither natürlich nicht mehr gesehen worden.

Als der Neiseprediger Werner, wegen seiner schwe­denborgischen Verwandtschaft den Strenggläubigen ein Dorn im Auge, vom Konsistorium um sein Glaudensbe- kenntniß angegangen wurde, legte er dieses offen bahm ab, daß er allerdings in einzelnen Punkten von der ('ehre der protestantischen Symbole abweiche, diese D fferenzen aber nicht die wesentlichen Lehrsätze der evangel scheu Lehre beträfen. Zu seiner Rechtfertigung fügte er Aus­züge aus den Schriften von Konststorialräthen und aner­kannten Geistlichen an, welche sich dieselbe Frechen er­laubt hätten, zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem zu unterscheiden. Die Antwort oes Konsinoriums war, daß Werner aus der Kirche auögestoßen anv ihm die Kirchen zu seinen Vorträgen verschlossen wurden; die Antwort, welche bas Konsistorium erhielt uns auch ein­stecken mußte, kam von einer Anzahl Stuttgarter Pieti­sten und lautete ungefähr so:Was siebest Du ven Split­ter in Deines Bruders Auge und wirst des Balkens in Deinem Auge nicht gewahr?"

In dem Prozeß Becher und Genossen werden die Verhandlungen am 16. Juli dieses Jahrs beginnen. Zuerst sollen die Angeklagten von Riedlingen und Bu­chau an die Reihe kommen, und nach diesen die wegen ihres Auszugs nach Baten so wie die Heilbronner An­geschuldigten. Hierauf werden andere Geschworene ge­zogen, welche sodann im September über da» Schicksal der Reutlinger und Freutenstädtcr Angeklagten zu ent­scheiden haben werden.

Tages-Neuigkeiten.

Kur Hessen. Der große ReinigungSprozeß schreitet vorwärts, es soll noch unglaublich viel zu reinigen seyn, die Verfassung, der Sta»d der Staatsviener, der Geistlichen, der Lehrer u. s. w. Haffenpflug soll beim Bundestage auf Aufhebung der lebenslänglichen Anstellung