ti'gen Gesichter waren unkenntlich und das Feuer hatte die Kleider von mehreren ergriffen. Indessen waren die Folgen dieses Ereignisses nicht so betrübend, als man be­fürchten konnte. Es verlor Niemand das Leben. Blos sechs Unteroffiziere und fünf Brigadiers wurden verwundet. Zwei Wachtmeister sind schwer verwundet, dem Einen wurden die Hüften, dem Andern das Gesicht verbrannt. Man befürchtet, daß der Leztere blind bleiben wird. Man erschrickt bei dem Gedanken, daß zwei Kisten, welche mit Pulver gefüllt waren, in dem in Brand stehenden Saal sich befanden. Wenn sie Feuer gefangen Härten, so wäre es zu einer schrecklichen Erplosion gekommen. Saal, Möbel, Werkzeuge, Artilleristen, alles wäre durcheinan­der in die Luft gesprengt worden. Aber glücklicherweise und wie durch ein Wunder wurden diese beiden Kisten, obwohl von Flammen umgeben, dennoch nicht ergriffen.

E n g e l b e r t a.

Es war an einem warmen aber trüben Frühlings- nachmittage, als ich nach glücklich bestandenem medizini­schen Baccalaureatseramen auf der Wanderung durch mein schönes Vaterland in ein Thal Herabstieg, das sich durch seine reizende Lage vor allen den seither durch­wanderten auszeichnete. Baum- und wasserreich, fleißig bebaut, im Schmucke des Frühlings, glich es wahrhaft einem irdischen Paradiese. Die einzelnen blüthenumflor- ten Dörfer lagen wie anmuthige Idyllen rings umher zerstreut, und am Ausgange des Thals, wo das Reich der fegensvollen Demeter in ernstre Waldung überging, thronte auf gigantischem Felsenvorsprung ein Schloß in so bezaubernder Schöne, daß es sich die Phantasie des Romanschreibers nicht reizender zu malen vermochte.

Aber je weiter ich vorwärts schritt, desto mehr mußte mir die seltsame Stille auffallen, welche rings über das blühende Eden verbreitet war. Obschon der Kalender von einem Sonn- oder Feiertage nichts wußte, vermißte ich doch gänzlich jencS rührige Leben und Trei­ben des Landmanns auf Fluren und Feldern. Alles war still erstorben, und so weit meine Blicke reichten, kein menschliches Wesen zu erblicken. Die ganze Natur ath- mere eine unbeschreibliche Beklommenheit. Gleichsam als sey es ihm verboten, pinkte nur ganz leise der Finke im tiefen Gebüsch, und der Ton einer Lerche, der auS wei­ter Ferne daher klang, kam aus einem Himmel, der nicht der Himmel dieses Thals war. Diese lautlose Ruhe war nicht die Stille der sanft achmenden Zufriedenheit, nicht die heilige Stille, wie sie auf Gräbern ruht; es war die Stille eines Gerichtssaals, wo der Athem stockt und der Stab gebrochen wird über Leben und Tod.

Endlich gelangte ich an ein einzeln stehendes Haus. Der Kranz über der Thür deutete an, daß es ein Wirths- haus sey. Ich trat in die Gaststube. Da saßen in der Ecke ein paar Landleute bei einem Kruge Dünnbier. Der Wirth, gar nicht von dem Schlage der behaglichen, be­leibten deutschen Wirthe, war eine lange hagere Gestalt mit eingefallenem Gesicht und scheuen, unstälen Blicken.

Ich bestellte einen Schoppen Wein; aber so wie ich mich sezte, bemerkte ich, baß die zwei Gäste ihre Krüge mit fühlbarer Hast leerte», und durch eine Hin- terthüre, welche nach dem Garten hinausging, davon schlichen.

Ist denn bei euch ein Feiertag, war meine erste

Frage, als der Wirth den verlangten Schoppen vvx mich binstellte.

Ei bewahre, lieber Herr, war die ziemlich tonlose Antwort.

Aber zum Gukuk, eure Felder und Aecker sind ja wie auszestorden!

Der Wirth warf einen mißtrauischen Btick auf mich, und erwiederte eintönig: der Herr wird ja doch wissen warum?

Was soll ich wissen, ich komme auS weiter Ferne daher.

Der sonderbare Gastgeber räumte die beiden geleer­ten Krüge der Landlcute hinweg und sprach nach einer Pause: Nun die junge Gräfin der gnädigen Herrschaft ist urplötzlich gestorben und da haben wir Trauer auf acht Tage.

Wie hängt aber diese Trauer mit der Arbeit des LandenannS zusammen?

Nur zu sehr, die Trauerzeit muß begangen werden wie der Charfreitag.

Aber Mann, rief ich, jezt wo das Land der arbeit­samen Hände so bedürftig, es ist nicht möglich.

Der Wlrth blickte wieder scheu auf mich. Da er aber in meinem Blicke ein wahrhaft zürnendes Erstau­nen las, ward er etwas vertrauender. Leider »st es so, Hub er mit gedämpfter Stimme an, die Gemeinden sind flehentlichst eingekommen, die Trauerzeit nur um ein paar Tage zu kürzen wegen der unaufschieblichen Ge­schäfte, aber es ist nicht gestattet worden.

Nun das muß ich gestehen , lebt ihr unter Türken oder unter Christen?

Dem armen Manne mocht' cs wohl thun, sich ein­mal frei aussprechen zu dürfen, wie ihm ums Herz war, und so erhielt ich ein so schaudererregendes Bild von dem Feudalismus, den diese gräfliche Familie über die Landdewohnerschaft ausübte, daß ich einmal über das andere ausrief: Und das ertragt ihr geduldig? Gibt es denn keine Gerechtigkeit hier zu Lande?

Bei einem jedesmaligen zornigen Ausrufe meinerseits blickte der Erzähler scheu um sich, damit Niemand die gefährlichen Worte vernehme. Mir aber fielen dabei die beiden Landleute ein, nach deren plötzlicher Entfernung ich mich erkundigte.

Es gibt so viele böse Aufpasser hierorts, erklärte der Gefragte, die Alles dem Gerichksverwalter hintcr- bringen. An den Wochentagen ist daS Wirthshausgehen streng verboten. Man kannte Sie nicht und traute nicht. Auch gingen die Leute nicht durch die Vorderthür, son­dern durch den Garten, um allem Verdachte zu entge­hen, als seyen sie bei mir gewesen.

Endlich ward wieder meine ärztliche Neugier rege und ich erkundigte mich, woran die junge Gräfin so schnell verstorben?

Ja das ist eine seltsame Geschichte, erwiederte der hagere Mann, man gibt ihren Tod einer armen Bauer­dirne Schuld, die auch bereits hart und fest sitzt im Cri- minale. (Fortsetzung folgt.)

Das Bettelkind.

Kein Brod gebt mir, gebt lieber Geld! Brod werf ich weg im nächsten Feld: Was nützte mir das Brod au.ck> sehr? Kein Zuckerbäcker gibt drum Maare her.