Tumult ist seit Jahren nicht vorgekommen. Mehrere Redner hielten sehr heftige Reden gegen die Lehren der katholischen Kirche, namentlich die Klöster, die sie Ge­fängnisse oder Bordelle nannten.

Kaum haben Tausende von Arbeitern das Wasser überwältigt, das in den letzten Regentagen in Strömen durch die Ritzen der GlaSdecke des Ausstellungspalastes in London gedrungen war, so stellt sich eine andere Verlegenheit ein. Der Palast sicht plötzlich wie ein gro­ßer Vogelbauer aus. Ganze Heere von Sperlinge» und Schwalben haben sich in das lockende Haus geflüchtet, fliegen lustig hin und her und wiegen sich auf den Zwei­gen der Baume, die zahlreich im Palaste stehen. Es ist, alS ob es ihnen nirgends besser als auf den Purpur-, Seiden- und Spitzenstoffen gefalle, sie leben darin wie Hu Hause in ihrem Reste. Für die Dögel und die Zu­schauer ist das sehr lustig, für die kostbaren Stoffe desto weniger. Schon sind Preise auf die praktische Beant­wortung der Frage ausgesttzt, wie die geflügelten, unge- nirten Gaste auszutreiden sind, da Feuer, Rauch, Pul­ver und Blei und dergleichen Zucht und Ordnung her- stellende Dinge im Glaspalaste unpraktisch sind, obgleich die Todesstrafe in England nicht abgeschafft ist.

Die Engländer lassen sichs nicht nehmen, am we­nigsten von einem Dwbe, das Kostbarste und Preis­würdigste bringen sie selbst auf ihre Londoner Ausstellung. Es ist ein alter berühmter Edelstein von ungemeiner Größe, den sie im letzten Kriege einem der Shiksfürsten abgenommen haben. Er ist unter Leuten, die ihn nicht bezahlen, seine 800,000 Gulden wenh.

Französische Blätter enthalten nachstehende abenteuer­liche Gcschichle: Der Doktor Faust-Werihcr, der den Leichnam eines Gehenkten erhalten halte, um an dem­selben phrenologische Stunden zu machen, ließ denselben in sein Ardciisztmmer dringen. Die Leiche war die ei­ner der verrufensten Spitzbuden, namentlich eines der ärgsten Räuber und Banditen, weshalb auch die Strafe des Strangs über ihn ausgesprochen worden war. Er brachte einen kleinen Einschnitt am Halse des Spitzbuben an, der noch warm war, denn man hatte ihm denselben alsbald nach der Hinrichtung überliefert. Kaum Halle er diese erste Operation begonnen, so ward er durch die Ankunft eines allen Diplomaten, der ihn zu konsul- tircn kam, adgerufen. Der Dokior li ß den Cadaver liegen und ging in das Nebenzimmer, um seinen ärztli­chen Ratb zu erthcilen. Während dieses Zwischenaktes war der Gebengie w eder zu >uy gekommen. Die frische Last, die ohne Zweifel zwilchen der Schlüssel- und Zun­genbein-Muskel emgeströmi war, hatte ihn nach und nach ins Leben zurückgerusen. Er b ick.e rings um sich her und wie groß war nicht seine Berwunderung, sich an einem zwar seltsamen aber doch an einem One zu befänden, der ein konfortables Ausseben hatte! Jest rich­tete er sich aus, ging mehrmals im Zimmer hin und her, defühlie sich zu wiederholten Malen, wischte das Blut ab, das aus seiner Halswunde floß, kleideic sich mit ei­nigen Lappen, die ihm gerade unter die Hand fielen, bemächtigte sich einer Ubr und einiger ankern Gegen­stände, und sah sich nach den Mitteln um, w e er ent­rinnen könne, als der Dokior zurückkam. Dics.r ward vom Entsetzen ergriffen, als er den Geheulten aufrecht vor sich stehen sah. Als der lcziere den Schr-cken des DokiorS sah, sagie er zu ihm:Mein Herr, Sie erken­

nen meine gesellschaftliche Stellung. Vor zwei Stunden war ich ein vollendeter Bösewicht, jezt aber, in dieser Stunde, sezte er aus die Uhr sehend hinzu . . . ." Ja, das ist aber meine Uhr, sagte der Doktor. Wohl mög­lich, fuhr der Bandit fort, allein ich bin seit gestern der Gegenstand so seltsamer Dinge, daß ich Sie bitte, Sie, der es wissen muß, mir zu erklären, ob ich lebe, ob ich in der Hölle oder im Himmel bin. Nunmehr erzählte ihm der Doktor, wie er es im Interesse der Wissenschaft dahin gebracht habe, seinen Cadaver ausgeliefert zu er­halten. Die Wissenschaft weiß nicht, was ich weiß, rief der Er-Gehenkte; und ich habe wohl verdient zu leben, denn ich kann Ihnen gar seltsame Dinge enthüllen. Man hat stets von den Genüssen gesprochen, welche ein Ge­henkter empfinde; Niemand aber noch hat vermocht, sie zu beschreiben. Sie können es, denn ich werde es Ih­nen sagen. Stellen Sie sich die höchsten Freuden deS Himmels und die Qualen der Hölle zu gleicher Zeit vor u. s. w. Unser Glück ist gemacht, rief plötzlich der Doktor: man glaubt Dich tobt, Du sollst der mir blei­ben. Acht Tage darauf kam der Doktor Faust-Wertber in London an, wo er bald nachher jene berüchtigte Ge­sellschaft der Gehenkten gründete, und worin sich Alles, was cs an ercentnschen Leuten in den drei Königreichen gab, aufnehmen ließ. Durch Ausschweifungen Blasine kamen zum Doktor, um hier die Erregungen des Hän­gens aufzusuchcn. Während der erforderlichen Zeit auf- gebängt, genossen sie Entzückungen, welche von ans nur schwer zu schildern seyn möchten. Der Dokior zählte mit der Uhr in der Hand die Minuten der Pulsschläge, und in dem Augenblick, wo nach seiner Beurtheilung der Tos hätte erfolgen sollen, ließ er durch seinen Gehülken, der kein Anderer als der Er-Gehenkte war, den Strick ab- schneiden. Die Polizei von London ließ das Etablisse­ment des Dokiors Faust-Werlher als unmoralisch schlie­ßen, und er selbst erhielt den Befehl, England augen­blicklich zu verlassen. Unter den leidenschaftlichsten Clien­ten der Gesellschaft der Gehenkten machie sich Lord Q lawkerson bemerklich. Als dieser vernahm, daß der Dokior England verlasse, wollte er ihm folgen. Die drei Reisenden stiegen in einem Hotel zu Dover ab. Nach einem reichlichen Abendessen verlangte Lord Quaw- kerson seinen Nachtisch; aber durch eine, den vornehmen Herren eigenen Laune, wollte er, daß der Dokior mit ihm Tbeil nehme. Dieser ließ sich gleichfalls durch den Er Spitzbuben aufhängen, indem er ihm strenge ancm- pfabl, den Strick in einer ihm festgesezien Frist abzu­schneiden. Während der Doktor und der Lord dieses reizende Duo machten, bemächtigte sich der treue Diener ihrer Banknoten und ihrer Kleinodien und eniflod. Am andern Morgen fand der Zimmerkellner die beiden Leich­name. An einem der lczlen Tage des ver­

gangen Monals Januar wurde in den Siraßcn von Paris ein Bettler vcrhaftei. Gewisse bei ihm gefundene in englischer Sprache geschriebene Papiere begründeten eine genaue und umständliche Untersuchung, in Folge de­ren man erfuhr, daß dieser Bettler in Paris z-cmlich beträchiliche Summen ausgezeben hatte; daß er hier ziem­lich lange im scheinbaren Glanze großen Rcichrduins ge^ lebi baue, daß er aber am Ende, als er n ch:s mehr h.-saß, nach und nach in das nessle Elend versunken war. Anfangs glaubte man, -Gen der Fälscher gefangen zu haben, die vor einigen Jahren falsche englische Bankno-