In England ist der Frühling im Anzuge, in den Garten und Fluren blühen die Schlüsselblumen und Veilchen vollauf. Die Hessen - Hamburger Spielpächter haben bei Gelegenheit der ersten blühenden Primeln ein solennes Primelnfest begangen. ES ist nicht gerade der Primeln wegen, sondern dcS kommenden Frühlings und der kommenden Spielgäste willen.

JnCalifornien ist doch Alles anders alö in Europa. Vor uns liegt eine Bekanntmachung der ver­einigten Aerzte von Californien, vom 22. Juni 1850, worin sie ihre Tare oder ihren Prciskourant bekannt machen. Anders ist da schon, daß sich dort die Aerzte vereinigt haben; das ist in Europa weder bei den medi­zinischen noch bei den politischen Aerzten je erhört wor­den. Ferner kostet jeder einzelne Besuch bei längeren Kuren 16 Dollars oder Speciesthaler, bei einzelnen Be­suchen 32 Dollars, jede Stunde Aufenthalt 32 Dollars, ein schriftliches Gutachten 250 Gulden, ein Besuch bei Nacht 50 Dollars, eine Impfung 32 Dollars, eine Ent­bindung 150 Dollars, mit der Zange 100 Dollars, das Abnehmen eines Beines 300, eine Seinoperation 500 dis 1000 Dollars. (Ein Dollars ist 2 fl. 30 kr.)

Das Abenteuer der Neujahrsnacht.

(Fortsetzung.)

Kaum batte Philipp sich in der Masse der Uebrigen ver­loren, kniff ihn eine weibliche Maske, die schwarz beflort in tiefen Trauerklcidern cinherging, freundlich in den Arm und flüsterte: Schmetterling, wohin?Flößt Ih­nen die verlassene Witcwe kein Mitleiden ein?

Philipp erwiderte gar höflich: Schöne Wittwen finden nur der Tröster zu viel; darf ich mich zur Zahl Ihrer Tröster zählen?

Warum sind Sie so ungehorsam, und änderten die Maske nicht? sagte die Wittwe, indem sie mit ihm seit­wärts ging, wo sie freier mit ihm inS Gespräch treten konnte: Glauben Sie denn, Prinz, daß Sie nicht von Jedem hier erkannt sind?

Die Leute, versetzte Philipp, sind doch ungewiß, und irren sich in mir.

Wahrhaftig nicht, Prinz; und kleiden Sie sich nicht auf der Stelle anders, so verlasse ich Sie für den gan­zen Abend. Denn ich möchte meinem Manne keinen Anlaß zu einem Auftritt geben.

- Jetzt wußte Philipp, mit wem er es zu thun batte. Sie waren das schöne Roscnmädchen. Sind die Rosen so schnell verblüht?

Was ist nicht vergänglich? Besonders Männertreu?! Ich sah wohl, wie Sie mit der Karmelitenn davon schlichen. Bekennen Sie nur Ihre Flatterhaftigkeit. Sie können nicht mehr läugnen. Hm! versetzte Philipp tro­cken : Klagen Sic mich nicht an, sonst klag ich Sie auch an.

Zum Beisp el, schöner Schmetterling?

Es gibt, zum Beispiel, doch keinen rreuern Mann, als den Marschall.

Das ist er wohl. Und ich habe Unrecht, wahrlich großes Unrecht, Sie zu viel angehört zu haben. Ich mache mir Vorwürfe genug. Er hat leider unser Ver- hältniß ausgespürt.

Seit der letzten Redoute am Hofe, schöne Witiwe.

Wo Sie zu ausgelassen und unvorsichtig waren, schöner Schmetterling.

Machen wirs wieder gut. Trennen wir uns. Ich

schätze den Marschall. Ich mag ihn meinetwillen nicht leiden sehen.

Die Wittwe betrachtete ihn eine Weile sprachlos.

Haben Sie, fuhr Philipp fort, wirklich einige Ach­tung für mich, so reisen Sie mit dem Marschall nach Polen zu ihren Verwandten. ES ist besser, daß wir uns nicht zu viel sehen. Eine schöne Frau ist schön; eine treue, tugendhafte Frau ist aber noch schöner.

Prinz! rief die bestürzte Marschallin: Ist bas Ihr Ernst? Haben Sie mich je geliebt, oder belogen?

Sehen Sie, sagte Philipp, ich bin ein Versucher ganz eigener Art. Ich suche die Tugend und Treue unter den Weibern, und finke sie so selten. Die Treueste und Tugendhafteste kann mich allein fesseln - darum fesselt mich Line. Doch, holla, nein, daß ich nicht lüge. Eine hat mich gefesselt. Aber, es thut mir leid, Frau Marschallin, datz sind eben Sie gerade nicht.

Sie sind in euier abscheulichen Laune, Prinz! sagte die Wittwe, und das Zittern ihrer Stimme und daS Auf- und Abwogen ihres Busens verrieth, was in ihr vorginq.

Nein, erwiederte Philipp, ich bin, so wahr ich lebe, in der ehrlichsten Laune von der Welt. Ich möchte gern einen dummen Streich wieder gut machen. Ich Hab es Ihrem Manne auch gesagt.

Wie? rief die Wittwe erschrocken: Sie haben dem Marschall Alles offenbart?

Nicht eben Alles, nur was ich wußte.

Die Wittwe wandte sich ln heftiger Bewegung rechts und links. Sie rang die Hände. Endlich fragte sie: Wo ist mein Mann?

Philipp zeigte auf den Mameluken, der in dem Au­genblicke mit langsamen Schritten daher kam.

Prinz! sagte die Wittwe mit einem Tone voll un­aussprechlichen Zorns: Prinz, verzeihe Ihnen Gott, ich kann Ihnen nie verzeihen. Solcher Abscheulichkeit hielt ich nie das Her; eines Menschen fäh g. Sie sind ein Verräther. Mein Mann ist ein Ehrenmann im Mame­lukenkleide, Sie sind ein Mameluk im Ehrenkleide. In kttser Welt sehen Sie mich nicht wieter. Mir diesen Worten wandte sie ihm schnell und stolz den Rücken, ging auf den Mameluk zu, und verlor sich mit ihm, wie man sah, in eine sehr ernste Unterredung.

Philipp lachte heimlich vor sich in den Bart und dachte bei sich: Mein Substitut, der Nachtwächter, mag sehen, wie er zurecht kommt. Ich sp cle meine Rolle in seinem Namen so übel nicht. Wenn er nur morgen so ehrlich forlfahrt, wie ich angefangen habe.

Er trat zu den Tanzenden, und erblickte mit Ver­gnügen die schöne Karmeliterin in den Reihen der Tän­zerinnen an der Seite ihres überglücklichen Braminen. Dieser ward den feuerfarbenden Domino kaum gewahr, so warf er ihm eine Kußhand zu, und bezeichnere pan­tomimisch die Höhe seiner Seligkeit. Philipp kackre bei sich: Schake, daß ich nicht Prinz für Zeitlebens bin. Die Leute sollten bald alle mit mir zufrieden seyn. Es ist in der Welt nichts leichter, als ein Prinz zu seyn. Mit einem Worte vermag er mehr, als der beste Advo­kat mit einer langen Rete. Er hat das Vorrecht, ge­radezu zu gehen und frei von der Leber weg zu spre­chen. Ja, wenn ich Prinz wäre, dann wäre mein Rös­chen für mich verloren. Nein, ich möchte nicht Prinz seyn. (Fortsetzung folgt.)