Amts- undJntelligenz-Blatt

Den LL April S8SI.

Oberamt Nagold.

Da die Winterbaugewerkeschule zu Stuttgart gerade bei denjenigen Klas­sen des Publikums, für welche sie zu­nächst bestimmt ist, nicht so bekannt zu seyn scheint, als sie es bei ihrer! Gemeinnützigkeit und ihren günstigen Erfolgen verdient, so erscheint eS als Pflicht der Aufsichis - Behörden die Ellern, Lehrmeistern und die jungen Leute selbst aus die ihnen in jener Anstalt dargebotene günstige Gelegen-' heit zu einer gründlichen theoretischen wie praktischen Gewerbsbildung, wie sie dieselbe sonst nirgends erhalten kön­nen, aufmerksam zu machen und sie zur Benützung derselben aufzumuntern.

Nachstehende studienräthliche Be­kanntmachung gibt über den Zweck der Wmterba»gewerkeschule zu Stuttgart nähern Aufschluß und wird nun in Folge höher» Auftrags diese Anstalt zur Benützung angelegentlich empfoh­len.

Nagold, den 7. April 1851.

K. Gemsch. Oberamt.

Wiebbekink. Stockmayer.

Bekanntmachung des König!. Studienraths, betreffen» die

Wiuterbaugcwcrkeschnle zn Stuttgart.

Diese seit 6 Jahren bestehende An­stalt ist für diejenigen Zöglinge der Baugewerke, und zwar aus dem gan­zen Lande bestimmt, welche den Som­mer über auf Bauplätzen und in Werk­stätten arbeiten, den 'Winter aber für ihre theoretische Ausbildung venützen wollen. Sie fuhrt ibre Schüler durch 4 Jahres-Kurse hindurch, deren jeder vom Anfang Novembers bis gegen Mitte März also 17 18 Wochen dauert.

In diesen 4 Klassen erhalten sie neben den erforderlichen Uebungen im deutschen Styl und insbesondere allen Arten von Geschäfts-Aulsätzen Un­terricht in der reinen und angewand­ten Mathematik, in allen für sie wich­

tigen Fächern der Baukunde (Bau- matertalienlehre und Baukonstruklio- nen, Lehre von den einfacheren Bau­formen in artistischer Hinsicht, von der Eintheilung ländlicher und bür­gerlicher Wohnhäuser und landwirth- schafilicher Gebäude, Entwerfen der­selben, Baukostenberechnung, Ballfüh­rung, Feuerungskunde, und Weg- und Wasserbau) und endlich im Freibanv- s und Ornament-, so wie im Bau-Zeich­nen und Baumobellircn. >

Der Fachunterricht wird im 4ten Kurse soweit geführt, als es die Be-; dürfnisse tüchtiger Werkmeister ersor- i dern. §

Dre Schüler erhalten über alle wichtigeren Unterrichtsfächer Diktate, welche mit den erforderlichen Zeich­nungen von dem Borstande und den Lehrern immer sorgfäliig durchgesehen werden, dadurch auch für die spätere Ausübung ihres Berufes instruktiv und praktisch wichtig sino, uno des­wegen für sie einen bleibenden Werth haben. Auch in den Freistunden sind den Schülern die Zeichnungssäle zur j Selbstbeschäftigung geöffnet und bis- j ^ her sehr fleißig deniizt worden, so wie auch bereits eine kleine Bibliothek ^ für sie angelegt ist, welche ihnen Mit- ^ ! >e! zum Selbststudium liefert. !

> Das Unterrichisgeid beträgt für je­den Minier 12 fl., wird aber ärme­ren fleißigen Schillern Ibe>livc>se nack­gelassen. An diejenigen, welche durch Fleiß. Fortschritte und Beiragen fick ouszeichnen, weiden Preise bis zum Betrage von 12 fl. ausgetbeilt. > Die Anstalt zählte in den ersten Jahren b>s auf 100 Schüler und da­rüber. In den lezten Wintern sank die Zahl durch die gänzliche Stockung aller Baugeschäste dis auf 70 herun- § ter, hat sich aber >m lezten Kursus wieder auf 79 erhoben, unter denen ! 69 Bauhandwerker, 3 Z-mmermaler,! i 2 Geometer, 2 Mühlenbauer, 1 Gäri- i ner, 1 Müller und 1 S'.lberarbeiter! j waren. Etwa ein Drittel derselben!

sind aus Stuttgart und der Umgegend, die übrigen aus entfernteren Landes- theilen.

Samstag den 15. d. M. wurde der heurige Winterkursus wie gewöhn­lich mit einer öffentlichen Prüfung und der darauf folgenden Preisver» »Heilung durch einen Kommissär des K. Studienraihs unter Theilnahme der städtischen Behörden und mancher andern Gönner und Freunde der An­stalt geschlossen.

Die mündliche Prüfung, wie die in den Zeichnungssälen ausgestellten zahlreichen Arbeiten und Zeichnungen der Schüler gaben rühmliche Belege für den wahrhaft angestrengten Fleiß und die guten Fortschritte der wackern Jünglinge dabei konnte denselben mit wenigen Ausnahmen von dem Vorstand und den Lehrern der An­stalt, welche selbst mit dem lebhafte­sten und aufopferndsten Interesse ih­rer Aufgabe sich widmen, das ebenso erfreuliche Zeugniß eines bescheidenen, geordneten und sittlichen Betragens ertbeilt werden.

Es sprach sich daher auch unter allen Anwesenden eine ungetheilte Zu­friedenheit und die Ueb erzeugung aus, daß die Anstalt durch ihren geviege-- nen Unterricht auf die technische Aus­bildung und Befähigung, und durch ibre gute Schulzucht auf die sittlich ehrenhafte Haltung unserer so wich­tigen Baugewerkc einen woblihätigen Einfluß äußern müsse, und jeee Auf- munierung und Uinerstiitzung verdiene.

Bei der Preisverrhellung erhielten 1) Preise die ordentlichen Schüler: Norbert Schotter von Biberach, Gott- lkeb Hofacker von Stuttgart, Carl Rau von Gesungen, O.A. Urach, HerrmaiinGauß von Hcllbronn, Hert­mann Müller von Stuttgart, Fried­rich Müller von Gaisburg, A.O.A. Stuttgar', Friedrich Wilhelm Winter von Neuenbürg und Wilvelm Knies von Cannstatt. 2) Belobungscharten die ordentlichen Schüler: Albert Weitz