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Zwei politische Gefangene, die den kurzen republika­nischen Traum m der Pfalz mit 14 und 16 Jahren Zucht­haus in Paffau büßen sollten, kamen auf dem Transport nach Nürnberg und mußten hier in ein Krankenhaus ge­bracht werden. Als aber andern Morgens der Arzt die Patienten besuchen wollte, waren sie verschwunden, und hatten in der Eile den Weg durchs Fenster, statt durch die Thür genommen und wenn der Aufseher Lust hatte, so konnte er an dem Stricke, der aus dem dritten Stockwerk hing, ihrer Spur folgen.

Hildesheim, 25. Nov. In einer von mindestens 2000 Männern besuchten Volksversammlung ist gestern eine energische Erklärung gegen den Durchmarsch soge­nannter BundeSerekutionstruppen beschlossen, in welcher die Erwartung ausgesprochen wird, daß die Kammern, falls die Regierung den Durchmarsch einer fremden Ar­mee von kroatischen, slavonischen und dalmatischen Sol­daten durch unser Land gestatten und den hannov. Staats­bürgern irgend Lasten oder Abgaben damit auferlegen sollte, nach §. 102 des VerfassungsgescheS vom 5. Sept. Rechenschaft fordern werden.

Dresden, 25. November. Heute Morgen sah eS sehr kriegerisch aus in unserer Stadt. Waren schon ge­stern eine Menge Munitionswagen in der Richtung nach Pirna und Königsstein abgegangen so rückten heute Mor­gen die ganzen Pontons aus, wohl ein stundenlanger Zug, der d'esäbe Straße einschlug und gar kein Ende nehmen wollte. Mit den hiesigen Bäckern sind bedeutende Brod- lieferungskontrakte abgeschlossen worden.

Weimar, 25. November. Die Truppen der sächsi­schen Fürstenthümer sollen mobil gemacht werden; es heißt, daß sie sammt und sonders 50,000 Mann ins Feld stel­len sollten.

Die Noch an der bayerisch-hessischen Grenze wird immer größer. Die Quartierträger sind nicht im Stande, die Lebensmittel aufzutreiben, welche die Bundestruppen brauchen und müssen selbst dabei zum Theil Hunger und Kummer leiden, wenn die Soldaten sie nickr einladen. Bei den Oestreichern fehlt es noch dazu an Geld, so daß sie schon jezt auf bayerischen Kredit leben, der nicht grave sehr groß ist.

Preußen soll nun doch gesonnen scyn, Kurhessen nach dem Wunsche Oestreichö aus strategischen Gründen zu räumen.

Die preußischen Truppen, die sezt aus Baden zu­rückkehren, haben einen Orden mitbekommen, der ihnen schöner steht, als der Roche Adlerordeu. Der Gemeinde- ralh und die Bürgerschaft von Karlsruhe haben ihnen nämlich zum Abschied ein recht gut verfaßtes Dankschreiben mitgegeben, worin sie bekennen, Preußen sei tue einzige deutsche Macht gewesen, die Baven und das deutsche Va­terland von innerer Zerrüttung und Auflösung gerettet und Ordnung wieder hergestellt bade; die preußischen Truppen bätten einen Grad der Bildung und Gesittung bewäort, wie er nur aus der innigen Verbindung des Heeres nu dem Volke zu erklären sei und dadurch Größeres bewirkt, als die Gewalt fe vermocht hätte; so hätten die Trup­pen durch geistige und sittliche Tüchtigkeit dem Preußischen Namen ein unvergängliches Denkmal in den Herzen bee badenschcn Volkes gegrünter, und zwischen dem Norden und Süden Deutschlands eine Verbindung herzestellt, die keine Wendung der Politik zerstören könne. Auch dem P.inzen von Preußen und dem General v. Schreckensteiu

danken sie in guten Worten für das viele Freundliche und Gute, das sie Stadt und Land erwiesen. Der Prinz darf den Burger-Orden unbedenklich mitten unter die rothen und schwarzen Vögel und Kreuze hängen, mit denen seine Brust bedeckt ist, und wir wissen einen Ort, wo ihm der Orden hoch angerechnet wird.

Während jezt die Mütter überall für das große Frie- densfest, den heiligen Christ, rüsten, rüstet die halbe Welt zum Krieg. Für den Scherz, das heißt zur bloßen Dro­hung wärs doch zu v'.el, und wenn die Pferde und die Geister einmal ln Lauf kommen, sind sie schwer wieder anzubalten. Mancher Reiter sitzt jezt schon nicht mehr recht büqelfcst und die kleinen Kosakenpferde sind die schl-mmsten beim Aufhalten. In Preußen schiebt man die großen Rüstungen aus die Begeisterung, in Württemberg auf den 'Mangel an Begeisterung; Oestreich will seine kleinen Papiere in Deutschland an Mann bringen und es kommt ,hm auf ein paar Dutzend Millionen mehr »oder weniger nicht an; es geht in Einem dahin. Bayern muß sich als europäische Großmacht beweisen, Frankreich ist nicht ganz abgeneigt, wenns seyn soll, das linke Rheinufer anzunebmen, und rüstet neue 80,000 Mann, um an dem bewaffneten Frieden Theil zu nehmen. Die Finanzminister aller Länder sehen aber lieber einen kurzen Krieg, als den langen bewaffneten Frieden den Winter hindurch.

Die Kriegerischen in Preußen weisen auf die Thron­rede und auf die fortgebenden Rüstungen hm. Die Pro­vinzen sind zu Waffenplätzen geworden, die Festungen wer­den eifrig armirt und verproviantirt, die Garde wird bei Berlin zusammengezogen, der Prinz von Preußen hat ei­nen kriegerischen Tagesbefehl an sie erlassen, der König will sich selbst an ihre Spitze stellen. Für den Fall eines Feldzuges hat er sich ein eisernes Zelt machen lassen und aus seiner Dienerschaftein militärisches Haus" gebtldei.

In Koblenz wäre ein kleiner Junge von sieden Jah­ren fast auf der Straße verbrannt. Er trug Streichhölz­chen in der Tasche; diese entzündeten sich auf der Straße, seine Kleider geriethen in Brand, und ob er gleich jäm­merlich um Hülfe rief, hatte doch Niemand den Math und die Geistesgegenwart, die bellen Flammen zu löschen, bis endlich zwei Gardelandwehrmänner hinzueilten und das Feuer mir - den Händen erstickten. Sie verbrannten sich zwar sehr arg, doch wurde der schwer beschädigte Knabe noch gerettet.

Koblenz, 28. November. Die folgende Nachricht, für die gegenwariigcn Umstande von Belang, ist mir auö guter Quelle zugegangen. Man geht nämlich damit um, außer der jetzt schon einberafenen Landwehr ersten und zweiten Aufgebots noch 80 Landwchrbataillone sofort mo­bil zu machen. Da es jedoch zur Einkleidung der neuen Mannschaften augenblicklich an den erforderlichen Unifor, men fehlt, und solche Nicht sogleich zu beschaffen sind, so würden jene vorerst ein Uederhemd mit einem Gürtel erhalten.

Wir reihen Vorstehendem den Auszug aus einem Privaischreiben eines jungen würtremdergischen Gewerds- mannes auS Görlitz vom 24. November l. I. an, welches uns zur Benützung gefälligst uberlassen wurde, dieses Schreiben bestätigt die hohe Begeisterung, weiche die Be- vückerung Preußens beseelt. ES heißt darin:Riesen­mäßig lhürmt sich das Gewitter aus, das auf zwei Sei­ten ui dieser Gegend hereinzubrecken sich anschickt, es werden aber auch auf dieser Seile mächtige Rüstungen