LS8-

Heidenstadt der Schwarzen das süße, schmackhafte Evan­gelium verkündigen; man konnte schwarze unv weiße Mis­sionare einträchtig an einem Joche den Pflug des Evan­geliums durch die steinharten Gefilde hinziehen sehen; man bewunderte die stämmigen tapfern Afrikaner und sah ihre gewaltigen Waffen zum lezten Male in demselben Augen­blicke blitzen, als sie ihnen von dem kleinen David Hinte­rer mit dem Schwert des Wortes entrissen wurden: Wer das Schwert mmmt, soll durchs Schwert umkommen; wir schauderten vor den gräßlichen blutigen Verfolgungen, de­nen die dort bekehrten Neger in Bälde ausgesezt find, und staunten beschämt vor ihrem Heldenmutb. Zum Schluß bekräftigte der Redner seine Worte durch tue Mitteilun­gen eines ausführlichen Briefs von David Hinterer. Der lezte Redner, Dr. Barth, knüpfte an den ersten Bortrag wieder an und zeigte, wohin es kommen würde, wenn wir das begonnene Missionswerk liegen lassen würden. Zuerst wies er darauf hin, daß wir von Christo nirgends einen Befehl zum Liegenlassen des begonnenen Werkes haben, wohl aber zum Forimachen. Durch Zahlen bewies er, wie viel in den lezten 50 Jahren auf dem Misfionsfeld gear­beitet worden sep, und weil heute von drei Missionen die Rede gewesen sey, von der Heiden-, Innern- und Juden- Mission, so wolle er noch zum Schluffe eine Geschichte er­zählen. Zu der Zeit, als Napoleon fernen Krieg gegen England führte, sey ein Knabe aus England in der Nähe von den feindlichen Soldaten gestrandet und zum Kriegs­gefangenen gemacht worden. Dieser Knabe verlor zuvor seinen Vater, der beim Fischfang ein Opfer des Meeres wurde. Dann habe die Witlwe ihrem einzigen Sohne das Versprechen abgenommen, me sich von Andern zum Fisch­fang verleiten zu lassen. Die Mutter aber wurde krank und sie hatten miteinander nichts zu essen. D«e Noth trieb den Knaben, seiner Mutter Nahrung zu verschaffen, er entlehnte einen Kahn und fuhr auf die hohe See. Anfangs ging es gut, dann kam er immer weiter hinein und konnte zulezt nicht mehr umkehren. Als er eben auf dem Meere umhergetrieben wurde, kam er «n die Nähe der französi­schen Flotte und wurde ohne Weiteres zum Gefangenen gemacht. Seinen Kahn mußte er zurücklaffen und im frem­den Lande wohnen, wo er der Sprache unkundig war. Er weinte, wenn er über das Meer hmüberschaute und an seme Mutter dachte. Eines Tages machte er einen Ver­such zur Flucht, band sich hergeschwemmte Bretter zu ei­nem Floße zusammen und ruderte seiner Heimath zu. Da wurde er von Napoleon selbst aus dem Meere erblickt, der ihm ein Schiff nachschickte und zu sich bringen ließ. Na­poleon erkundigte sich durch einen Dolmetscher über die Schicksale deS armen Knaben und erbarmte sich (was nicht oft vorkam) des Knaben. Er gab ihm die Freiheit und schenkte ihm Gelegenheit zu seiner Mutter zurückzukehren. Dazu gab er ibm noch drei Goldstücke mit folgender Bestim­mung: eines um die Schuld für den verlorenen Kavn zu zahlen, das andere für deine Mutter und das drme für dich. Von diesen drei Goldstücken machte dann der Red­ner eine sinnreiche Anwendung auf die drei besprochenen Missionen. Derselbe Redner verrichtete noch bas Schluß­gebet. Die Gäste von Nah und Fern schieden mit rest­lichen Eindrücken und die Scherflein, die sie zurückließen, betrugen: 147 fl.

Der Stuttgarter Korresp. der Karlsruher Zkg. meldet unter dem 4. September: Nachdem der Referent ynd der Korreferent ihre Arbeiten beendigt haben, hielt -er Staatsgerichtshof gestern wieder eine Sitzung. So

viel über den Stand der Dinge verlautet, soll der Prä­sident und mit ihm drei der Richtee der Ansicht scyn, die dem Herrn v. Wächter-Spittler zur Last gelegte Aner­kennung der Foneristirung des Deutschen Bundes bei Seile zu lassen, wogegen die übrigen Richter ihn nichl ohne Rüge schlüpfen lassen wollen. In nächster Woche soll nun dem Vernehmen nach die öffentliche Sitzung statt­finden, deren Resultat der angeschuldigte Depart-mentSchef deS Aeussern ziemlich ruhig entgegensehen kann, da es sich jezt nur noch um eine mehr oder minder leicht ausgespro­chene Mißbilligung handeln kann. Viel schwerer durfte der AuSspruch des StaatsgenchtShofs für bas jetzige Mi­nisterium in die Wagschale fallen, da dieses den Deutschen Bund völlig anerkennt, wahrend einer seiner Vorgänger im Amre nur dessen Forteristenz zugegeben hat und schon deshalb von der Kammer angeklagt wurde, daher wird diesem Ministerium gar Nichts übrig bleiben, als mit dem Auflösungsdekret in der Tasche die neue LandeSverfamm- lung zu eröffnen. Was alsdann geschehen muß, ist un. schwer zu errathen. Das Ministerium will nicht oktroyi- ren, folglich bleibt ihm Nichts übrig, als zu den alie» ! Kammern zurückzugreifen und mit diesen die oft prodirte Revision der Verfassung durchzuführen zu suchen. Ob aber LleS nicht gewagter ist, als die Oklroyirung einer Verfassung, kann nur der Erfolg lehren. So wie die Stimmung jezt ist, würde die ministerielle Ansicht bei einer Umfrage nicht die Majorität erhalten, und zwar schon aus dem Grunde, weil das Ziel auf die>e Weise abermals in weitere Kerne gerückt wird, wahrend man mit der Okroyi- rung auf einmal daran stünde, und man dann endlich Zeit fände, sich mit dem materiellen Wohle deS Volkes zu deschafngen, wozu vor lauter Verfassungsenlwürfen und Kämpfen noch gar kein Ministerium gelangen konnte.

Vom 9. September. Der Ltaatsgenchtshof hat heute Frhr. v. Wächter-Spittler vollständig freigesprochen. Der deutsche Bund ist als thatsachlich und rechtlich anerkannt.

Der Verfassungs-Entwurf, welchen das Ministerium der nächsten Laneesversammlung vorlegen wird, ist erschie- neu, Preßfrecheil, Vereins- und Versammlungsrechr, Be waffnungSrecht sind darin anerkannt, die Einführung der Civilehe zugesagt, die Standesvorrechte und aller Lebens« verband für aufgehoben erklärt, auch jedem religiösen Glau- bensbekenntniß politische Rechte gewährleistet.

Folgende Anklagen werten bei dem Schwurgerichts- Hof in Tübingen zur Verhandlung kommen. Montag den 16. September gegen den vormaligen Stiftungspfleger Christoph Friedrich Eipper von Mönchderg wegen Rest­setzung, Dienstag den 17. September gegen Robert Cold von Wolfenhausen, vormaligen Pfarrverweser in Oderjct- tingen, wegen Majestatsbelcidigung, Mittwoch den 18. September gegen den Fürsten Konstantin von Wald-^ burg-Zeil - Trauchburg zu Zeil wegen Beleidigung der. Ktaatsregierung, Donnerstag und Samstag den 1921. September gegen den Weingärtner Thomas H ö s ch le von Roilenburg wegen Tödtung, Montag und Dienstag de» 23. und 24. September gegen den Maurer Andreas Schlei­cher und den Metzger Bernhard Aikele von Reutlingen wegen Raubs, Mittwoch und Donnerstag den 25. und 26. September gegen den Sonnenwirth auf der Birken­felder Ziegelhütte Karl Friedrich Wahl von Pforzheim wegen Brandstiftung, Samstag den 28. September ge^en den Maurer Johs. Wulle und den Maurer JohS Hirn l von Lustnau wegen Raubs.