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machen, wenn man hört, daß ein großer, schwer mit Holz beladener Leiterwagen weggeschwemmt wurde. " tz: »dringen, Oberarms Horb, den 30. Mai. Es sey mir erlaubt, Ihnen einen kurzen Bericht des gestrü- gen Nachmittages mitzutheilen, der für die Bewohner des ganzen sogenannten Zigeuner-Thales denkwürdig ist und bleibt. Das Gewitter mit furchtbarem Hagel war vorüber und wir erholten uns so eben von dem ersten Schrecken, als sich plötzlich von Schietingen her eine weiße Staub- Wolke, das ganze Thal breit, erhob. Wir wußten nicht, was dieß seyn sollte, doch bald hörte man Wasserrauschen und Gekrach der Balken, setzt sab man, wie Wafferflutben herabstürzttn, immer Fuß hoch steigend, so daß uns kein Zweifel mehr blieb, daß ein Wolkenbruch gefallen seyn müsse, der die fruchtbarsten Verheerungen angcrichtet. In den ersten Wellen kamen Hübner, Gänse, Enten, später Pferde und Hornvieh, Kästen, Bettstücke, ganze Waldbäume mit den Wurzeln, Bretter und Holz, Alles untereinander. Schaurig war es anzusehen, wie das Hornvieh und Pferde mit den Wellen rang, bald die Füße, bald den Kopf zeigte und sammervoll brüllte; wir retteten was wir konnten, worin besonders unser braver Müller mit seinen Leuten that, was in seinen Kräften stand, namentlich bac er meh­rere Stücke Vieh aufgefangen, doch manche sind auch er­trunken und noch nicht wieder aufgefunden, wahrscheinlich ganz verunglückt und zerrissen worden, denn heuie sah man auf den Wiesen Hunde, welche an den Eingewciden solcherThiere fraßen. Was man noch lebend aufgefangcn hatte, wurde heute geschlachtet und dahier verkauft. An den Häusern hat es bei uns weniger Schaden verursach-, alö an Feldern, die arg beschädigt und verwüstet wurden, so daß mehrere Jahre erfordert werden, bis sie wieder im Stande sind. Heute erst kann man ersehen, was Verhee­rung durch Wasser beißt: An den verschiedenen Stellsal- len unseres Steinachbaches liegt und hängt vieles Holz und Hausrath, Wagentbeile und sonstiges Geschirr; auf den Wiesen aber Schutt, Steine und eine solche Menge Hagel, daß man sich keinen Begriff davon machen'kann. Wir haben einen solchen Hagelkörner - Haufen nur der Merkwürdigkeit wegen abgemessen, er beträgt in seiner Länge über 50 Fuß, ist 15 Fuß breit und 3 Fuß rief; und so liegen über eine Stunde lang zu beiden Seiten des Thales viele hundert Hausen, nicht zu gedenken der­jenigen, welche das Wasser mitnabm. Am gräßlichsten Hai aber das Wasser in dem Thalabschnitt zwischen unserer Ge­meinde und der Markung von Schieringen zehauset. Dort im Wald flößte dasselbe Felsenblöcke von l012 Cent- nern auf die Wiesen herab , so daß jetzt, wo vorher ein üppiger Wieswachs war, der Boden 6 Fuß tief fort- und dafür Steine hergeflößt sind; dort im Walde liegen viele große Bäume sammt Wurzeln ausgeriffen quer über den Weg, viele tausend Roßlasten Swine hinter sich; es ist kaum möglich, aber dennoch wahr, das Wasser spielte mir Felsenstücken wie Kinder mit Kieselsteinen.

Unterthalheim, den 29. Mai. Heute Nach­mittag hatten wir ein furchtbares Hagelgewitter, welches unser Thal von Oberthalheim, Salzstetten und Altheim und weiier hinauf mit Waffermaffen anhaufte, die alle Niederungen überschwemmten, und große Verheerun gen an Gebäuden und Feldern anrichtccen. Unser Orrsvor- stand wollte von diesem Ereignisse persönlich Anzeige beim Oderamte Nagold macken, konnte aber nur bis Schwün­gen gelangen, weil dort die gräßlichste Verwüstung durch einen Wolkenbruch ihn hinderte, weiter zu gehen. So

»den geht das Gerücht, daß ein Kind in den Fluchen ge­sehen worden sey; möge seine Rettung^ gelingen.

Schietingen, den 31. Mai. Unfern Ort hat rm furchtbares, jedes Menschengedenken überreichendes Un­glück ereilt, das zu beschreiben keine Feder vermag. Letz­ten Samstag Nachmittag zogen dunkle Gewitter-Wolken über unserer Waldhöhe zusammen, die immer dichter wurden, Blitz auf Blitz folgte, der Donner wurde immer stärker, aber kein Regen wollte sich zeigen, bis endlich eine solche Menge Hagel fiel, daß alles weiß davon wurde; dieß war jedoch nur das Vorspiel von dem, was folgte. Em sonst ganz seichtes, manchmal ganz vertrocknetes Wasserbächlein, welches von der Höhe des Waldes unserem Ort zufließt, wurde zum reißenden Strom; es brachte viele Klafter Bürgerholz, die im Walde aufgestellt wardst, entwurzelte Baumstämme und Stemmassen in unfern Ort, welche alle Ausgänge verstopften. Nun batte das Wasser seinen na­türlichen Weg verloren und mußte sich einen neuen durch den Ort suchen; in dieser Zeit stieg es 20 25 Fuß hoch, so daß es in die zweiten Stockwerke drang und dort alles verwüstete und wegschwemmte. Das Holzwerk und die Stemmassen stießen an die Häuser und Scheuern, welche wie Kartenblätter umfielen und den Flurhcn zur Beute wurden; fürchrerlich war das Jammern und Geschrei der Einwohner. An ein Retten irgend eines Gegenstandes war gar nicht mehr zu denken. In einem Hause war ein hochbelagrer Greis mit seinem Enkel, als das Haus stück­weise aufgelöst wurde, der Enkel rettete sich auf das Dach und blieb dort sitzen, bis das Haus einfiel, er kam un- ! verzehrt davon, wahrend sein Großvater vor seinen Augen im zusammenstürzenden Hause sein Leben verlor. In einem andern Hause war eine Frau, um Hülse rufend, doch konnte ihr Niemand beispringen; ihr Haus brach zusam­men und versank in den Wellen, sie selbst klammerte sich an einen Balken fest und wurde fortgerissen; erst gestern früh wurde ihr verstümmeltet Leichnam bei Pfrondorf, drei Stunden von hier, in der Nagold aufgefunden; sie hinterhaßt einen armen Waisen und einen in Amerika sich befindenden Mann, und wurde heute in Mindersbach beerdigt. Einem andern Mann riß es die Scheuer vom zusammen- gebauren Hause, so wie einen Schopf weg und nabm sei­nen ganzen schönen Viehstand fort. Ein kleines Wohn­haus ist sichtbar, in welchem das Wasser den umern Stock und den Slubenboden, so wie alle Effekten mitnabm, wäh­rend sich die Einwohner nicht flüchten konnten, ihr Haus doch dem Einsturz drohte und sie die fürchterlichste Todes­angst ausstanden. Nach und nach sind auf diese Weise zehn Gebäude demolirt und weggeschwemmt worden, viele andere sind stark beschädigt, mehrere müssen abgebrochen werden, nur wenige sind unverletzt geblieben. Das Was­ser lobte furchtbar und kochte wie ein Strudel, Alles in sich verschlingend, was nur beweglich war. Einige Gas- Mi sind nur dadurch vom gänzlichen Verderben geschützt worden, daß sich Waldbäume und Balken der zusammen­gestürzten Häuser quer vor denselben auftbürmien und so ven Waffermaffen den Weg versperrten. Der Ork sieht furchtbar verwüstet aus: wo sonst Häuser und fruchtbare freundliche Hausgärten waren, sind nun Stein- und Schloßenhaufen, welche heute noch aus den zweiten Stock­werken der Häuser geschafft wurden. In alle Ställe, Scheuern und Keller drang das Wasser und der Schlamm ein. Pferde und Rindvieh machten sich auf die hintern Füße und streckten die Köpfe in die Höhe, um dem Wasser zu entgehen, ihr Gebrüll war gräßlich, und ein Zittern