Der Hände viele waren hierauf bemüht, den gröblich ausgetretenen Wundarzt aus dem königlichen Kranken­zimmer zu entfernen und in ein Seirenkabinel zu verse­tzen. Als hier alle mir Vorwürfen auf den Schweigsamen emstürzten, plahre bei diesem die längst schon im Innern flammende Bombe.

Auf daS gebohnte Tafelwerk nieder klatschte der zusam- meugeschlagenen Hur. Ein deftiger Griff an die Schläfe und nach dem Nacken schickten jenem die beiden falschen Seitcnlvcken und den Haarbeuiel nach.

Zum Teufel mir Euch und Euerm Wüste! rief Neil, rndeß unter seinen ungestüm zerrenden Händen die Närhe des engen Rockes krachten Mich wie ein neugeborneS Kind einzuschnüren und zu windeln, ritz, ratz, die kheuren Manschetten blieben stückweise an seinen Fingern hängen Sucht Euch einen Affen aus die Weste flog vom Leibe den Ihr nach Euerm Belieben anpuhen könnt, Schuhe, Strümpfe und Beinkleider sanken unter Neit'S Ungestüm zu Boden, der in ungleich kürzerer Zeit, als vorhin die Hofbetienten bedurft hatten, seine Umwandlung bewirkte.

Mittlerweile sagte der Monarch zu seinem ganz bestürzten Leibdiener: Hollcufcr! Du hast mir einen Wahn­witzigen statt eines ArzteS zugeführt.

Ach, Ew. Majestät, klagte Holleufer, noch ganz ver­steinert bin ich vor Schreck und Entsetzen. Der Mensch war erst vollkommen vernünftig und nur dann, als wir ihm die Hofkleidung anlegteu, begann er, sich ungeberdig zu zeigen. Wenn Ew. Majestät geruhen wollten, aller- gnädigst zu erlauben, daß der Mensch noch einmal und zwar in seiner schlichten AütagSkleidung vor Ew. Maje­stät erscheinen dürfte, vielleicht ... soll man nicht Alles versuchen, um die großen Schmerzen Ew. Majestät mög­lichst zu lindern?

Zn dem Augenblicke, wo Neit das königliche Schloß zu verlassen sich anschickte, sah er sich von seinem Gönner Holleufer zurückgeholt und beschworen, die vorige Scene nickt zu wiederholen, sondern seine ganze Kunst aufzubie- ten, um dem bohe» Patienten genug zu rhun. Gehorsam angclobend und folgsam wie ein Lamm schritt Neir dem Diener nach.

Wie steht'--? redete ihn der Monarch huldvoll an, ist Er nun gescheit! worden?

Ew. Majestät, versetzte Neit unter einer tiefen, ehr­furchtsvollen Verneigung, ick habe den Narren zugleich mit seiner Kleidung ausgezoqen.

Hierauf unterzog sich Neu der genauen, kunstgerech­ten Untersuchung des kranken, königlichen Beines. Das, was er hierauf anvrtnete, wurde von den darum befrag­ten Leibärzten wenigstens als unschädlich anerkannt, wenn sckon ste keine Besserung davon erwarteten. Neit aber blieb wahrend der Behandlung ssincS königlichen Patien­ten fast unausgesetzt im Scklosse, um jede etwaige Ein­mischung Anderer zu verhüten.

Nachdem der nach Paris gesendete Eilbote dreizehn Tage ausgeblieben war, kehrte derselbe mit dem Gutachten der Fakultät zurück, welches dahin lautete, daß das kranke Bein, bewandten, höchstgefährlichen Umständen nach, sofort abzunchmcn scy. Zugleich war aber die Befürchtung ausgesprochen, daß diese Maßregel bereits zu spät kom­men und des Königs Leben verwirkt seyn dürfte. Der­selbe aber befand sich, Dank Neits zweckgemäßer Hcil-

weise, bereits außer aller Gefahr und auf dem vollen Wege der Besserung. (Fortsetzung folgt.)

Frau Kartoffel.

Ein Mährcheii.

Ich weiß ein stattliches Haus, das ist von vielen Leuten bewohnt, die schon seit uralten Zeiten darin ein- und ausgehen: da wird geweint und gelacht, und da wechselt Glück mit Plagen ab. Zn diesem Hause hat ein altes Mütterlein gekocht, gebacken und gebraten, den Tisch gedeckt und scrvirt. Es war eine treue Magd noch aus der alten Zeit, von HauS- und Nachbarsleuten Frau Kar­toffel genannt. Ein stilles Mütterlein ohne prunkendes Ge­schmeide, war sic ganz zufrieden mit ihrem schlickten All­tagskleid; sic war unbeachtet, ungcchrt, oft verspottet, oft vergessen, den ganzen Tag am Herd, und Nachts in der schlechtesten Stube geschlafen. Kaum gönnte man ihr ei­nen freundlichen Blick, wenn sie die Speise auf den Tisch brachte, kaum hat ihr zuweilen ein armer Mann verstoh­len die Hand gedrückt.

Geschlecht an Geschleckt ging vorbei, dock blieb die alte Hausmagd als Erbstück allen künftigen Erben getreu. Aber eines Tages, eS war gerade Mittagszeit, was ge­schieht? Wie Alle um den Tisch sitzen, und Jeder nach der Schüssel sieht, da war sie leer, da halten alle nichts zu essen, denn unser gutes Mütcerlein, Frau Kartoffel lag krank darnieder. Es ist kein Wunder, daß die viele Arbeit ihr die Kraft gelahmt hatte, nachdem sic so uner­müdlich fürs ganze Haus geschafft. So ging es einige Tage, und man dachte koch bald mit Sorgen an den Zu­stand der armen Patientin. Jedermann brachte Mittel zu ihrer Heilung in Vorschlag, die Wtrthschafr stockte im ganzen Hause, die Arbeitslust erlahmte, und man sähe wohl ein, daß kein Hofköck die Kunst so gut verstünde, alle Welt zu speisen, wie Frau Kartoffel, und nun erst erscholl ibr Lob aus Aller Munde. Die Armen und die Bettler durchstreiften jammernd die Straßen und drohten schon mit Mord und Tod, wenn man die Gute sterben lasse. Die Herren des Hauses saßen rathlos an deren Krankenbett in der feuchten Kammer; die Doktoren schüt­telten die Perrücken und konsulnnen vergeblich ; die Herren des Raths vereinten sich, um bei so schwierigem Falle das Wohl des Staates zu berarhcu. Täglich verlangte man Bulcrins über das Befinden der Frau Kartoffel. Die höch­sten Stände, sogar der König, ließen sich täglich darnach erkunden. Alles fürchtete sich vor dem Geruckc des Hun­gertuchs. Die Herren der Feder und des Buchs, die Pfaffen, Küster und Priester, die Könige und die Mini­ster. Die Frau Kartoffel ist aber zur Stunde noch im­mer krank und matt; doch laßt uns hoffen, daß sie durch Gottes Segen bald wieder gesunde, weniger um der Vor­nehmen, als um der Armen willen! Die schlichte Magd, sie kockt für Euch, für Euch steht sie in Asch' und Ruße; sie wirrhschaftet für Arm und Reich. O, thuer vor der Armen Buße!

Der berühmte Chemiker Balkwill in London will bemerkt haben, daß die Krankheit der Kartoffeln durch eine Art grüner Fliegen, so groß wie unsere Hausfliegen, entstanden sey. Dieselben zerfressen die Blätter und ent­leeren eine grünliche Flüssigkeit, worauf in zwei Tagen die Krankheit sehr verbreitet vorhanden war.