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Irierii'ied äer Oroüe un6 seine ^etivvestei' VViikelmine
Nie Vertraute seines Herren? auel, in sturmkevexten Lriexsjalirdo
Ein Mensch, mit Sem Friedrich der Grobe stets ganz eng verbunden gewesen ist. war seine Schwester Wilüclminc. die sväter durch Heirat Markgräfin von Bayreuth geworden ist. Sie war von Jugend ans seine Vertraute und blieb es iür Leben lang. Nur ein einziges Mal erfubr dieses Verhältnis eine Trübung, die aber von kurzer Dauer war: als ihr Bruder während dcS zweiten Schlesischen Krieges den ^Verdacht batte, sie neige der Kaiserin Theresia von Oesterreich zu. Dem herzlichen Gcschwistcrtum Friedrichs und Wilbelmines gilt ein besonders schönes Kavitel in dem hervorragenden Buch „Friedrich der Grobe" von Universitätsvrosessor Dr. Elze, das neuerdings auch in einer FcldvostauSgabe erschienen ist. Wir drucken eS im folgenden ab. weil eS Friedrich den Groben menschlich nabe zu bringen versteht und weil in dem in ihm enthaltenen Briefwechsel mit seiner Schwester Gedanken angeschlagen sind, für die wir heute besonders aufgeschlossen sein dürften.
Biegt man in den Potsdam er Gärten Friedrichs des Großen vom zweiten Rundweg beim Neuen Palais in einen unscheinbaren, baumlosen Nebenpfad ein, so bietet sich ein besonderer Anblick dar. Weite Wiesen dehnen sich hin zu dichten Baumwänden, über die zur Linken die kroiMgeschmückte Kuppel des Neuen Palais schwarz emporragt, und zur Rechten steht ein zierlicher, offener Säulentempel aus weißem Marmor vor leuchtendem Grün. Es ist so, als stünde ein Denkmal königlicher Machtneben dem eines königlichen Herzens, und was der Anblick zeigt, ist auch Wirklichkeit. In dem „Tempel der Freundschaft" steht das Bildwerk, das Friedrich- der geliebtesten Schwester Wilhelmine. der Markgräfin von Bayreuth, errichtet hat.
„Sie sind mein einziges Gut, all mein Glück und Trost", so schrieb Friedrich, als er vom Tode der Mutter in den Unglückswochen von Kolm tief getroffen war. Die Schwester schrieb: „Ihr Schicksal wird über das meine entscheiden; ich werde weder Ihr Unglück noch das meines Hkuses überleben. Sie können darauf rechnen, daß es mein fester Entschluß ist. Aber nach diesem Geständnis lassen Sie sich bitten, denken Sie an die klägliche Lage Ihrer Feindin, als Sie vor Prag standen. Das Glück hat sich für beide Parteien plötzlich gewendet. Dieser Wechsel kann sich wiederholen, wenn man am wenigsten daran denkt. Cäsar fiel in die Knechtschaft der Seeräuber und wurde Herr der Erde. Ein großer Geist wie Sie findet Hilfsmittel, auch wenn alles verloren ist, und die Raserei kann unmöglich andauern. M blutet das Herz, wenn ich an die unglücklichen Preußen denke. Welch entsetzliche Barbarei spricht aus all
den Grausamkeiten, die man begeht! Ich empfinde das alles ganz wie Sie, lieber Bruder. Ich kenne Ihr Herz und Ihr Mitgefühl für Ihre Untertanen. Ich leide tausendmal mehr als ich sagen kann, aber die Hoffnung verläßt mich nicht . . ."
Nicht nur im Persönlichen war die Schwester die Vertraute. Wie in einem seltsamen Spiegel mußte der König seine Geschicke sehen, wenn er las:
„Liebster Bruder! Mein einziger Trost in meinem^Leben ist. Ihnen mein Herz öffnen zu können. Freude und Ruhe sind ganz daraus verbannt. Kann mir auch ein Schatten von Ruhe bleiben, während Sie Anstrengungen und Gefahren ausgesetzt sind? Wieviel Gedanken mache ich mir nicht über Ihre jetzige Lage, die Verblendung der Menschen und die Eitelkeit alles Irdischen! Nach den vom Feinde ausgestreuten Gerüchten sollen Sie ein Ehrsüchtiger sein, für den die Eroberung Europas nur eine Kleinigkeit ist. Die ganze Welt Ml nicht groß genug sein, um Ihre Ehrsucht zu stillen. Sie würden den Anfang mit Deutschland machen, um danach alle übrigen Mächte zu unterwerfen. Auf Grund dieser schönen Verdächtigungen fällt ganz Europa über Sie her. Man verteilt Ihren Nachlaß im voraus und freut sich über Ihre Verluste. Warum hat die Vorsehung, als Sie den Menschen das Denkvermögen gab, ihnen nicht die Gabe verliehen, richtig zu denken? Wären sie in dieser glücklichen Lage, die Dinge bekämen bald ein anderes Antlitz. Man sähe in Ihnen nur einen philosophischen König, der sich einzig damit beschäftigt, sei neu Untertanen Glück und W 0 hlstand zu verschaffen. Man sähe in Ihnen einen Fürsten voller Menschlichkeit, voller Abscheu gegen die Grausamkeit und die so schlimmen Folgen des Krieges, und schließlich einen Fürsten, der entschlossen ist, seine Rechte zu wahren und sein Volk zu verteidigen. Ach, lieber "Bruder, würde man Ihr Herz kennen, wie ich cs kenne, hätte man Ihre Gespräche über die Größe anhören können, man würde Ihnen bald gerechter. Das Schicksal großer Männer ist, vcrf 0 lgt und beneidet zu werd e n. Dieser Regel unterliegen auch Sie, aber Sie werden sich über Haß und Neid erheben, nnd alle Nnglücksschlägc. die Sie treffen, werden Sie durch einen glücklichen Ausgang noch größer machen, als Sie im Glück gewesen sind ... Dann würden Sie bald in Ihrer freundlichen Einsamkeit von Sanssouci sein, den Frieden Ihrer stillen Klause genießen, die Felder des Parnaß bestellen, und Ihre alte Schwester würde dort ihren Bruder Wiedersehen, der ihr lieber ist als das Leben."
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Friedrich hatte geschrieben: „Man muß das sein, wozu uns die Geburt beim Eintritt iii die Welt gemacht hat. Ich glaubte, als König gezieme es mir, wie ein Herrscher zu denken, und ich habe es mir zum Grundsatz gemacht, daß der Ruf eines Fürsten ihm wertvoller sein soll als das Leben."
In einem besonderen Zeugnis der Geschwisterliebe hat Friedrich ein vollständiges Bild feiner Düsterkeit, seiner Bescheidung m Staat und Pflicht, seiner Anschauungen und seiner einsamen Größe hinterlassen. Es ist der Brief an Wilhelmine von Bayreuth vom 17. Sep-, tember 1757 aus Erfurt, wo der König mitten in der tiefsten Erschütterung den kaum begreiflich großartigen Zug begann, der ihn noch rm gleichen Jahre am 5. November zum Sieg bei Roßbach über die Franzosen und die Rcichsarmee und am 5. Dezember zum Sieg bei Leuthen über die Oesterreicher führte. Jetzt aber bestanden allseits Aushilss- und Auswegmöglichkeiten. Das Einmalige. Unwiederholbare der Uebereinstimmung der besonderen Lage von Prag bis Kolin mit dem Dasein und dem Wagnis eines mächtigen Mannes war vorüber und der Schicksalsaugenblick bestand nicht mehr, weder außen in der Welt noch innen in Friedrich. Her Brief lautet in der Uebersetzung so:
.^kerpsleben b. Erfurt, 17. September 1757.
Meine sehr liebe Schwester! .
Ich finde nirgend Trost als in Ihren lieben Briefen. Mag der Himmel soviel fugend und soviel heroische Empfindungen vergelten. Seit dem letzten Brief, den ich Ihnen schrieb, hat sich mein Unglück nur noch gehäuft. Es scheint, daß das Schicksal all seine Wnt und all seinen Zorn über den armen Staat entladen will, den ich regiere. Die Schweden sind in Pommern eingerückt; die Franzosen find in vollem Marsch, um die Gebiete von^Naade- burg und Halberstadt zu überschwemmen. Von einem Tag zum andern warte ich auf Nachricht aus Preußen über eine Schlacht; das Zahlenverhältnis der Kämpfer ist 25 MO zu 80 000.- Die Oesterreicher sind in Schlesien einmarschiert, wohin der Herzog von Bevern ihnen folgt. Ich bin hier vorgegangen, um mich auf bas Corps des verbündeten Heeres zu werfen, das geflohen ist und sich hinter Eisenach in den Bergen verschanzt hat, wohin Hm zu folgen und es dort anzugreisen alle Regeln der Kriegskunst mich hindern. Sobald 72 mich nach Sachsen zurückziehe, wird der UW Schwarm nur folgen. Ich bin fest ent- lAossen, über das Corps des feindlichen Ge- herzufallen, der sich mir am meisten nayert, einerlei, was alles daraus wird.
le^n^Kinrde noch den Himmel für bie segnen. Wenn er mir
Denen'!« ^werstdaß ich mit dem bofUlnn Ls.kkLx.-Ha nd falle. Wenn diese ,estehen"^>a^^^^' h werden Sie mir zu »iner hart wäre, vor r>°»
wer Gesellschaft von Verrätern
den Füßen zu kriechen.
denen erfolgreiche Verbrechen den Vorteil gewähren. mir das Gesetz vorschreiben zu können.- Wie, meine geliebte, unvergleichliche Schwester, wie könnte ich die Gefühle der Rache und des Grolls gegen alle meine Nachbarn unterdrücken, unter denen nicht einer ist, der nicht meinen Sturz beschleunigt hätte und meinen Nock teilen möchte? Wie kann ein Fürst einen Staat, den Ruhm seines Volkes, seinen eigenen Nus überleben? Mag ein Kurfürst von Bayern sich wie ein Sklave der hochmütigen Herrschaft des Hauses Oesterreich ausliefern und eine Hand küssen, die seinen Vater unterwarf — ich verzeihe es seiner Jugend und Unfähigkeit! Aber ist das ein Beispiel, dem ich folgen soll? Nein, meine teure Schwester, Sie denken zu edel, um mir so feigen Rat zu geben.
Soll die Freiheit, dieses köstliche Vorrecht, in diesem 18. Jahrhundert den Herrschern weniger teuer sein, als sie es den Patriziern Roms war? Und wo steht es. daß Brutus und Cato die Hochherzigkeit Weitertreiben sollten als Fürsten und Könige? Standhaftigkeit ist, sich dem Unglück en t g eg e nz u fiel len; denn nur Feiglinge beugen sich unter das Joch, tragen geduldig ihre Ketten und erdulden still die
Der König ist geschlagen, aber nicht niedergeschlagen!
Am Abend des IS. Zun! 1757, an dem Friedrich der Große die Schlacht von Kolin verloren hatte, sahen ihn seine abziehenden Soldaten vor einem böhmischen Bauernhaus sitzen, - müde, abgekämpft und tief in Gedanken. Aber noch am selben Abend sprach der König das große Wort: „Jedermann muß feine Unglücksfälle haben, da muß man sich mit einem Herzen von Erz rüsten . . .' Und zwei Tage später schrieb er an Moritz von Anhalt-Oessau: „Oas Herz ist mir zerrissen, allein ich bin nicht niedergeschlagen und werde bei der ersten Gelegenheit suchen, die Scharte auszuwetzen'
Bedrückung. Niemals, meine teure Schwester, kann ich mich zu solcher Schande entschließen. Die Ehre, die mich hundertmal im Kriege mein Leben einzusetzen trieb, hat mich für geringere Dinge als diese hier dem Tod aegen- übcrgestellt. Das Leben ist sicherlich nicht der Mühe wert, sich so sehr daran zu klammern, vor allem, wenn man Voraussicht, daß es künftig nur eine Kette von Mühen ist, nnd daß man sich von Tränen wird nähren müssen. Schmerz ist ein Hundertjahr, Tod nur ein Augenblick. Folgte ich nur meiner Neigung, hätte ich gleich nach der unseligen Schlacht, die ich verlor, ein Ende gemacht; aber ich empfand, das würde Schwäche sein, und daß es meine Pflicht war, das entstandene Unglück wieder gutzu machen.
Meine Hingebung au den Staat ist erwacht; ich habe mir gesagt: Nicht im Glück ist es selten, Verteidiger zu finden, sondern im Unglück. Ich habe es mir zum Ehrenpunkt gemacht, wieder Ordnung zu schaffen, was mir zuletzt noch in der Lausitz gelungen ist. Aber kaum bin ich hierhergeeilt. um mich neuen Feinden entgegenzustellen, fo ist Win- terfeldt in der Nähe von Görlitz geschlagen worden und gefallen, rücken die Franzosen in das Herz meiner Staaten ein und blockieren die Schweden Stettin. Nun bleibt mir nichts Gutes mehr zu tun; es sind zuviel Feinde. .Gelänge es mir auch, zwei Armeen zu schlagen — die dritte würde mich erdrücken.
Aus dem beigefügten Brief sehen Sie. was ich noch vorhabe; es ist der letzte Versuch. Dankbarkeit und Anhänglichkeit, die ich für Sie empfinde, unsere Freundschaft, die wie alter Felsen ist und sich nie verleugnet, zwingt mich, aufrichtig gegen Sie zu handeln. Nein, meine göttliche Schwester, ich werde Ihnen keinen meiner Schritte verbergen. Sie von allem vorher unterrichten; meine Gedanken, das Innerste meines Herzens, alle meine Entschlüsse. alles wird Ihnen offen und beizeiten bekannt sein. Ich werde nichts überstürzen, aber ebenso wird es mir unmöglich sein, meine Gesinnung zu ändern.
Hla» miLÜ sieti ei» elieroes Herr: ansekakke»
Es ist richtig, daß die Angelegenheiten der Königin von Ungarn nach der Schlacht bei Prag gefährdet erschienen; aber sie hatte mächtige Verbündete und noch große Hilfsquellen; ich habe weder das eine noöy das andere. Ich würde durch ein einzelnes Unglück nicht niedergeschlagen sein, habe ich doch so viele ertragen: der Verlust der Schlachten von Kolin und Jägersdorf in Preußen, der unglückliche Rückzug meines Bruders und der Verlust des Zittauer Magazins, der Verlust aller meiner Provinzen m Westfalen, das Mißgeschick und der Tod Wintcrfeldts. der Einfall nach Pommern, ins Magdeburgische und das Halberstädter Land, die Preisgabe durch meine Verbündeten; und trotz alledem stemme ich mich noch gegen das Widerwärtige, so daß ich mein Verhalten bis jetzt von jeder Schwache frei glaube: Ich bin fest entschlossen, noch gegen das Unglück zu kämpfen; aber gleichzeitig bin ich ebenso entschlossen, meine Schande und Schmach meines Hauses nicht zu unterzeichnen.
Das ist es, liebe Schwester, was im Tiefsten meiner Seele vorgeht, und es ist die Generalbeichte, die ich Ihnen über das ablege, was mich gegenwärtig bewegt.
Was Sie betrifft, unvergleichliche Schwester, so habe ich nicht das Herz. Sie von Ihren Entschlüssen abzubrinaen. Wir denken gleich, und ich könnte nicht in Ihnen Gesinnungen verurteilen, die ich alle Lage hege. Das Leben ist uns von der Natur als Wohltat gegeben; sobald es das nicht mehr ist, ist der Vertrag
zu. Ende, und jeder ist Herr darüber, sein Unglück im Augenblick, den er für richtig hält, zu enden. Ein Schauspieler, der auf der Buhne bleibt, wenn er nichts mehr zu sagen hat, wird ausgepfiffen. Im ersten Augenblick beklagt man dre Unglücklichen; die Welt wird bald ihres Mitgefühls müde, menschliche Bosheit sitzt über sie zu Gericht, man stellt fest, daß sie sich alles, was ihnen geschah, selbst zugezogen haben, man verdammt sie und schließlich verachtet man sie.
Nichts als Sie allein bleiben mir in der Welt, was mich hier noch festhieltc; meine Freunde, meine liebsten Verwandten sind im Grabe; kurz, ich habe alles verloren. Fassen Sie den Entschluß, den ich gefaßt habe, so machen wir zusammen unserem Mißgeschick und unserem Unglück ein Ende, mögen dann die, die auf der Welt bleiben, die Sorgen auf sich nehmen, die ihnen auferlegt werden.
Das sind, anbetungswürdige Schwester, traurige Betrachtungen; aber sie entsprechen meiner gegenwärtigen Lage. Man wird wenigstens nicht sagen können, daß ich die Freiheit meines Vaterlandes und die Größe meines Hauses überlebt hätte, und der Zeitpunkt meines Todes wird der der Gewaltherrschaft des Hauses Oesterreich werden. Aber was liegt daran, was geschehen wird, wenn ich nicht mehr bin? Mein Gedächtnis wird nicht vom Unglück belastet sein, das nach meinem Leben eintritt, und man wird, wenn auch zu spat, erkennen, daß ich mich bis zum Ende der Unterdrückung und Versklavung meines Vaterlandes entgegenstellte. und daß ich nur
durch Feigheit derer stürzte, die die Partei ihrer Tyrannen nahmen, statt sich mit ihren Verteidigern zu verbinden . . ."
Friedrich hat nach Prag und Kolin Niederlagen überwunden und Siege erfochten. Ruhm und Ehre seines Staates hat er gewahrt mit einer Heldenhaftigkeit, die nahezu ohne Beispiel ist. „Wir können unglücklich sein, aber nicht mehr ehrlos", so hatte er wie in einem Aufatmen nach Roßbach an die Schwester geschrieben, aber auch im Bereich der Taten sah er fortan mit dem Glorwürdigen zugleich das Fragwürdige, und über Europa hat er im Widerstand triumphiert um den Preis immör größerer Welt- uud Menschenferne:
„Wir alle müssen uns mit dem Gedanken trösten, daß unser Jahrhundert in der Weltgeschichte Epoche machen wird, und daß wir Zeugen der außerordentlichen Ereignisse gewesen sind, die das wechselreiche Schicksal seit langem hervorgerufcn hat. Das ist viel für unsere Neugier, aber wenig für unser Glück. Kurz, liebe Schwester, dieses Gesindel von Kaisern, Kaiserinnen und Königinnen zwingt mich dies Jahr noch zum Seiltauzen. Ich tröste mich darüber m der Hoffnung, diesem oder jenem mit der Balancierstange eins aus die Nase zu geben; ist das aber geschehen, so muß Man wahrhaftig an Frieden denken. Was für Menschenopfer! Welch entsetzliche Schlächterei! Nur mit Schaudern denke ich daran. Was es aber auch geben möge, man must sich ein ehernes Herz anschaffen und sich auf die Metzeleien vorbereiten die das Vorurteil als heroisch hinstellt, die aber, von nahem gesehen, stets grauenhaft sind . . "
So schrieb er anfangs 1758 und hat noch fünf Jahre bis zum äußersten kämpfen müssen und gekämpft. Als die Schwester Wilhelmine am 14. Oktober 1758 starb, war der König völlig vereinsamt, denn solches Gcschwi- stertum konnte ihm, der auch die nächsten Freunde verloren hatte, niemand ersetzen. Ein Gedicht das er in den Todestagen ihr noch schickte, zeigt, wie das spätere Denkmal, der Tempel der Freundschaft, gemeint war:
... Wenn Delphi, Kolchis in der Blütezeit
So selt'ne Tugend einst bei sich gefunden.
Die heiligen Städten. Blumen rings
umwunden.
Und Völker hätten Opfer dir geweiht...
Die Schwester aber hatte schon Jahre zuvor dem Bruder eirmestanden: „Lebten wir noch in der Sagenwelt, ich hielte Dich nicht für meinen Bruder, sondern kür eine Gottheit, die zum Glück'der Sterblichen gesandt ist; denn du erheb st dich über das Menschliche."
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Bei Leuthen war es. In fast verzweifelter Lage beschloß Friedrich der Große die beinahe dreimal stärkere österreichische Armee in ihren vorzüglichen Stellungen „gegen alle Regeln der Kriegskunst" anzuareifen. Er hatte seine Generale und Stabsoffiziere instruiert und fürsorglich seinen letzten Willen aufgesetzt. Dann ritt er durchs Lager und begrüßte die Truppen.
„Nun, Kinder, wie wird eS morgen ausschauen? Der Feind ist doppelt so stark wie wir", sagte er zu den Pommern.
Da rief einer: „Das laß nur gut sein, Fritz, die haben ja keine Pommern darunter."
„Ja, freilich", lachte der König, „sonst könnte ich ;a die Bataille gar nicht wagen. Nun schlaft gut. Morgen also schlagen wir den Feind!"
Und eS wurde sein schönster und größter Sieg.