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Polen auSwanbern: da ist doch noch Geist und Le­ben, während hier zu Land der Geist immer mehr abnimmt. I» einer einzigen polnischen Kreisstadt von Z400 Körpern zählte man neulich 80 Brannt- weinschenken, alle reich bedacht mil Geist von allen Farben. Weil auf den Dörfern die Scbnapsschen- kcn nicht mehr geduldet werden, ziehen die Wirihe in die Stadt, und die Gäste haben den Vortheil, daß, bis stc wieder nach Haus zur Frau kommen, Alles wieder in Ordnung ist.

Aus dem Meimarische». Wenn unsere Univer­sität eine Frau wäre, so stand es übel um sie, denn eS ist des Redens von ihr kein Ende; noch schlim­mer wär's, wir ich neulich 'mal träumte, wenn sic nach dem Buche Esther die Frau des Königs Ahas- vcrus wäre, der sie verstieß, weil sie nicht mit Spek­takel auftreten wollte, und der den Haman groß machte, bis der Grimm über ihn entbrannte. Aber sie ist keineFrau, und das Gerede macht ihren Ruhm nur größer. Da hatte z. B- einer über Halle her (in den Halleschen Jahrbüchern) gesagt sie sei ge­altert und habe Runzeln im Gesicht; die renomir- testcn Lehrer scyen in die Jahre gerückt und ein fremdländischer oder wenigstens frischer Nachwuchs käme nicht fort, weil die Profefforcnsöhne im We­ge lägen. Darum stürbe das Leben ad von oben her hätte man nichts gethan, um co festzuhaltc» oder zu verjüngen. Der ist aber gut gefahren! Ein an­derer, welcher Haare auf den Zähnen hat, ist in der Oberpostamiezeiiung von Franksurt über ihn hcrgcfallen und hat ihn so getroffen, daß er schwer­lich wieder aufstehcn wird. Schlag auf Schlag mit zweischneidigem Schwerte, der Sieg ist nicht zwei­felhaft. Wir aber freuen uns des tüchtigen Käm­pfen für Recht, Ehr' und Ruhm, denn wir sind stolz auf unsere Universität als die Perle unseres Landes.

Wer ein heiteres Weibcrgcsicdt sehen null und zu Haus keins finden kann, der darf nur auf un­fern Wald gehen da stcht der Flachs so herrlich wie feit Jahren nicht, und die Männer haben gute Tage.

Die Bauern in Rußland sangen an, rasch vor­wärts zu schreiten oder zu rutschen. In der Nacht zum 17 . Juni kam's den Bauern in Fcdoiemka vor, als bewegte sich das Ben und das Haus. Als sic hcraueliefen, sahen sic, daß das ganze Thal sich losgeriffen und gesenkt hakte und langsam nach der Wolga hinunterrutschle. Hie und da stürzie ein Haus, das unterwegs ansties, ein und an der Stelle eines Sees kam ein Hügel zum Vorschein. Das Marscbiren des Thals dauerte fast LTage und am ü. Juli saß Alles wieder fest.

Die s» Millionen, welche die englische Bank bei -er französischen geborgt hat, solle» nothdürftig z« einem Bein zureichen, und man sicht sich nun nach

den drei andern um, da keine Bank auf einem Bein stehen könne. Viele schütteln bedenklich den kauf­männischen Kopf und treten »eben Hinalts.

In Coburg hat's sehr unruhige Auftritte gcge- den. Die Reformfreunde trugen Fahnen mit In­schriften herum, man versuchte cs, sic ihnen zu neh­men und darüber gabs blutige Händel. So mel­det die Zeitung von Coburg in Qbercanada.

In Kissingen war in diesen Tagen großer israe- ' litischcr Congrcs. Die ganze Familie von Roth­schild aus Paris, Frankfurt und London war da, und um sic, als ihre Sonne, hatten sich die Plane­ten und Monde des ganzen deutschenJudenhimmels versammelt, um sich,zu stärken in dem Vorsätze, solchem hohen Verbilde möglichst nachzufoigen. Die Kissinger sollen bei dieser Gelegenheit von dem Ober­meister auögelernt bekommen haben und sind nu» Gesellen.

Wie dfe Sprache verschieden ist: was wir kn Deutschland blau nennen, heißt in England heilig, z. B. der blaue Momag, de» jeder Schustergescllr kennt und ehrt. Die Chartisten in England hatte» nun den Einfall, einen ganzen Monat zu-faullen- zen und hießen Las den heiligen Monat. Es wur­de» große Volksversammlungen darüber gehalten und alle Stimmen bis aufEine waren für de» hei­ligen Monat, die eine hatte der Beutel und behielt die Oberhand. Wenn der Beutel nicht wäre, wür­de die halbe Welt blau und heilig.

So scheußlich der Vorfall im Mecklenburgischen ist, wo die unmenschlichen Bauern ihre» unmensch­lichen Gutsherrn mißhandelt und gclödtct haben, so hat er doch auch sein Guics gehabt. Man be­merkt, daß die Gutsherrn in Böhmen wo die Bauern bisher mit Frohnen überladen waren, viel schonen­der und milder geworden sind.

In Hanovcr hat man eine Diebsbande entdeckt, zu welcher angesehene Leute gehörten. Ein wohlha­bender Bürger aus der Vorstadt Linden, der mehre Häuser besitzt, stand an der Spitze und man fand bei ihm gleich nach der ersten Haussuchung ganze Kisten voll Silberzeug, die in den Boden eingelas­sen waren,, und unter andern auch die Effecten ei­nes Kaufmannsdiencrs, dessen Leiche vor 14 Tage» aus der Leine gezogen wurde.

ff- Im Bad zu Tharand hat ein Wirtb zuerst seine junge Frau und dann sich selbst getödtct.