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freundschaft ist ihre Haupttugend. Wer, ein Opfer der türkischen Tyrannei, ein Acht bei ihnen sucht, wird mit aller Sorgfalt, welche der Freundschaft oder dem Unglücke gebührt, ausgenommen. Wohnung, Kost, Kleider, Alles wird ihm angewiesen. Der geringste Betrug vernichtet den guten Ruf. Don Kindheit auf an Mäßigkeit und Unei­gennützigkeit gewöhnt, haben die jungen Mainottcn keinen Begriff von Geldspekula- tionen; für sie hat nichts Werth als die Achtung ihrer Mitbürger und die Tugend, die einzigen Schatze freier Menschen. Die mainottischen Weiber scheinen den Muth der Lacedämonier geerbt zu haben. Wahrend eines Krieges mit den Türken verlassen die Männer ihren Posten nie, und die Frauen bringen ihnen nicht nur Proviant und Mu­nition, sondern theilen auch ihre Gefahren. Wird ein Mann schwer verwundet, so ergreift.- tzie Gattin seine Waffen und fliegt zur Rache.» Theocari sah im letzten Kriege ihren Sohn vor ihren Augen todt niederstürzen. Sie Haßte sein Schwert und rief:Schlummre, mein Kind, ich übernehme deinen Posten." »Sie zeichnete sich auch durch Geistesgegenwart und Todesverachtung aus. Irene, am Knie.t scharf verwundet, schrie dem staunenden Feinde zu:Kann ich nimmer arbeiten, so werde ich Kinder aufziehen, die mich rachen." Helene, seit Kurzem Ehefrau, fand ihren Mann am rechten Arm getroffen. Die Kugel blieb im Fleische stecken; sie sog das Blut aus der Wunde, brachte allmählig die Kugel mit der Zunge loS, reichte sie dem Danken­den hin und sagte:Hier, sende sic dem Feinde zurück!" Die Töchter begeistert das Beispiel der Mütter. Die junge Samata trug ihrem Bruder Pulver und Provision zu, als er gerade zwei Säbel zog. um zwei Türken zu bekämpfen; sie ergriff sein Gewehr und schoß einen nieder, während er einen zu Boden streckte. Bei einem Volke, das immer unter den Waffen ist, sind Feige selten. Wird ein Feigherziger entdeckt, so klagen ihn die Weiber zuerst an, selbst nach seinem Tode. Fällt ein Mainotte im Streit, so lassen ihn seine Gefährten liegen, bis zu Ende der Schlacht. Dann begraben sie ihn gnd bringen seine Kleider seiner Familie.

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An den Blutstreifen erkennen Frau, Mutter oder Schwester leicht, ob er die Wunde von vorn oder hinten erhielt; im ersten Fall beweinen sie den Nühmlichgefallenen; im zweiten verbrennt man seine Kleider, und Niemand, wer es auch sei, darf je seiner im Gespräch erwähnen.

Die Stuttgarter Nonne.

An einem Abend, wechselnd hell und dunkel, Trieb mich ein Sehnen in'S Geräusch hinaus; Der Sterne lieblich zitterndem Gefunkel, Schwamm Luna's unvollendet Licht voraus.

Da sah ich plötzlich in dem Silberscheine Ein schlanke? Wesen mir vorübergchn;

O Theure!" rief ich;Abends und alleine. Wie können Sie sich dieses unterstehn

Doch schweigend ging die Züchtige vorüber, (Ein schwarzer Schleier deckte ihr Gesicht) Sie blickte seitwärts in den Mond hinüber. Und achtete auf meine Frage nicht.

Die sieht ja aus wie eine Klosternonne," (So lispelte ich halblaut vor mich hin)

Da sah ich und zu meiner größten Wonne, Den schwarzen Schleier schnell zurücke ziehn.

Ich folgte nun wie Kammerhcrren pflegen Mit halb hinausgebog'ncm Oberleib,

Um auf'S Nccognosciren mich zu legen.

Der holden Schlanken nach zum Zeitver­treib.

Die Dame ging in abgemess'nen Schritten Die längste Straße in der Stadt hinauf; Nur eins schien mir nicht ganz nach keuschen Sitten;

Sie hob entsetzlich hoch das Nöckchen auf.

Und plötzlich stand sie still vor einem Hause, Recht klein und niedlich wie ich glaube grün.

Hier sprach sie hier ist meine stille Klause, Hier ist eS, wo ich stets zu finden bin."

Itzt zog ich langsam meinen Hut vom Kopfe

Und machte ihr ein tiefes Kompliment;

Ich sah im Schatten mich mit einem Zopfe Und dachte gut, daß dich hier Niemand kennt.

Engel.