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Zimmer, erkundigte sich höflich mich dem Befinden de° Kranken und bat ihn: er möchte nicht zürnen, daß man ihn so lange ohne Bedienung gelassen; allein cs habe sich etwas Trauriges hier im Hause ereignet.
„Es betrifft doch nickt den gute» Cilli?" fragte Herando ängstlich, den» eine trübe Ahnung war schnell in seiner Seele aufgestiegen.
Ihr habt es leider crrathen, lieber Herr! antwortete der Diener. Dock erschreckt nicht! Wir hoffen, Gott werde noch Alles zum Besten lenken.
„Was ist geschehen, Freund? Rede, erzähle mir Alles; reiffc mich aus der tödtenden Ungewißheit. Was ist dem armen Cilli widerfahren?"
Ec ist plötzlich erkrankt! lautete die Antwort des Dieners. Als er Euch vorhin verließ, begab er sich in sein Zimmer. Eine Stunde darauf wünschte Donna Eugenia mit ihm zu sprechen und ging selbst, ihn zu rufen. Aber wie groß war ihr Schreck, als sie ihn bewußtlos auf dem Fußboden liegen sah. Ihr Geschrei lockte den Gemahl, eine Dienerin und mich herbei. Wir legten den armen Eilli aus sei» Ruhebett nieder und waren gemcin- scbafflich bemüht, ihn ins Leben zurückzurufen. Aber unser Bemühen war lange vergebens. Endlich gelang cs dem. herbeigeholten Arzte, den Ohnmächtigen durch Stärkungsmittel zu erwecken. Doch die Gefahr ist noch nicht vorüber, und der heilkundige Dlaurc gicbt nur bedingte Hoffnungen. Zu Eurer Wartung, edler Herr, bin ich jetzt hier; denn der gute Cilli', der jetzt selbst der größten Vorsicht und Sorgfalt bedarf, kann nun nicht mehr Euer Psteger seyn.
,.O Gott, warum bi» ich noch so matt und an dieses Krankenlager gefesselt," rief Herando schmerzvoll: „baß ich dem Redlichen nicht Gleiches mit Gleichem vergelten kann! Doch wozu mich »och schonen, wenn die Wflicht der Dankbarkeit ruft! Lehrte doch die Verzweiflung mich schon das Lebe» verachten — warum sollte ich jetzt säume», es in die Schanze <zu schlagen, wo ei» höheres besseres Gefühl mich treibt! Der feste Wille wird mir Kraft geben; und swennjich auch bald erliege, — was verlier' ich denn, das ich nicht schon aufgc- geben hätte. Unterstütze mich, wackrer Freund! ich will aufstehen, scy mir behülflich und führe mich zu dem kranken Eilli."
„Nein, lieber Herr, das darf noch nicht geschehen. Mir ist ausdrücklich anbefohlen, darauf zu
halten, daß Ihr noch einige Tage de- Ruhelager hütet. Ihr seyd noch zu schwach. Jede unzcitige Anstrengung bringt Luch in die sgrößte Gefahr, und umsonst wäre Alles, was hier für Euch gt- than worden. In Eurem jrtzigen Zustand könnet Ihr dem armen Cilli nicht nützlich seyn!
Herando machte noch Einwendungen und wiederholte seine Bitte. Aber der gewissenhafte Diener blieb fest und ließ sich nicht erweichen. Der Ritter mußte nachgebcn; aber er beschloß im Stil? 1e», seine,Kraft zu prüfen, sobald man ihy einige Zeit allein lassen würde. Dies geschah gegen Abend und kaum hatte der Wärter das Gemach verlassen, so versuchte Montalegrc aus dem Bette zu steigen und zu gehen. Aber er mußte sehr bald zu seinem bitter» Weh erfahren, daß sein Wille seiner Kraft weit vorangeeilt scy, und daß der Arzt, so wie die besorgten Gastfrcimde wohl Recht gehabt hatte», ihm noch einige Tage Ruhe anzucmpfchlen. Denn er war kaum ein paar Schritte gegangen, als er zusammensank. Mit Mühe und unter Schmerzen schleppte er steh langsam auf sein bequemes Lager zurück. „So kann ich denn," sagte er traurig: „weiter; nichts thuss, als für Dich bclcn, armer guter Cilli!" ^
Und dies thassrr auch recht oft und mit innigem Gefühl. Aber ach, die Nachrichten', die er von nun an täglich über Len Krankhcitszustcmd seines treuen Pflegers einzvg, waren nicht tröstlich.
Am sechsten Tage erhielt Herando von dcm maurischen Arzte die Erlaubniß, aufzustehen, und im Zimmer umherzuwandcln. „Dann darf ich ja auch wohl meine» Frcund Cilli besuchen ?" war des Ritters erste Frage.
Aus den Abend wird man Dich zu ihm führen! sagte der Maure i» einem sehr ernste» fcicrlichcn Tone, und aus de» Zügen seines Gesichts sprach eine unverkennbare Wchmuth.
Herando blickte ihn forschend'an und eine furchtbare Ahnung erwachte i» seinem Innern- „Der gute Jüngling ist wohl sehr krank?" fragte er auf's Neue mit bebender Stimme.
Jetzt nicht mehr! erwiederteder Maure. Montalegrc ließ sich durch die Doppelsinnigkeit dieser Antwort täuschen und schöpfte wieder Hoffnung. „So wird er also mit mir zugleich genesen!" rief er wieder erheitert: „v wie freu' ich mich, ihn wieder zu sehen."
(Fortsetzung folgt.)