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sich recht bald mit dem Neckar zu vereinigen. Auf beiden Setten des Thale« sind die lustigen Hügel mir Bäumen und zum Theil mtt Reden bepflanzt» Hat man das Dorf Jcstugen hinter sich, so erblickt man recht« aus der Höhe Hoheiientrkngen, von welchem erzählt wird, vast um daS Jahr 1Z92 zehen Eoetleute die Besitzer dieser Burg zu gleicher An gewesen scpen. Diese lebten gar friedfertig bei einander und erfreuten sich so vieler Kinder, daß. wenn sic an heiligen Tagen den lieben Gott an heiliger Stätte zu verehren in Procession Paar und Paar Hingiengen, die rrstern schon zur Kirche eingezogen waren, während die letztem die Burg erst verließen. Diese Kirche aber ist im Dorfe Entringen; und es lohnt sich der Mühe, sich im goldenen Anker daselbst eine Zeitlang zu verweilen und bei einem guten G-iase vaterländischen Weins sich auch nur an dem Aeußern des majestätischen Got teshause« zu ergötzen.
Je weiter man über da» Dors Kalh hinaus, nach Westen kommt, desto erweiterter wird der Gesichtskreis. DaS Auge kann sich nicht genug waidcn an der mit'Dörfern und lieblichen Auen materifchschön geschmück- »en Gegend. Aut dem Vorsprunge einer Hügelkette erblickt man aus einmal Burg- ruinen und die Stadt Herrenberg. Sehr alt ist diese Stadt und hat im Laufe der Zeiten schon Manches erfahren»
Im Jahr tz?;2 wurde sie mit der Burg Rohrau und rtz Dörfern um 40,000 Pfund Heller an den Grafen Eberhardl H. von Würtemberg verkauft. Im Jahr 1525 wurde sie von dem schwäbischen Bunde erobert und bald darnach, noch in dem nämlichen Jahre von den aufrührerischen B^^n> Vre mit 25 000 Mann vor die Stadt gerückt waren, erstürmt. Im Jahr 154» wurde sie von Spaniern beseht. wUHe- bis zum Jahr >55l zum größtenVerdruße und Schaben der Herrenberger sich dort verweilten»
Im dreißigjährigen Kriege und zwar im Fahr >6z4 wurde Herrenberg vonKaiscrlichcn Kriegsvölkern eingenommen und geplündert.
und im Jahr r6z4 brannte die Stadt bi» auf wenige Hauser ab.
Herrenberg liegt cm wenig uneben^ am Fuße des Hügels, auf dem die Burg stund. Von deren hohen Zinnen herab die Ritter in das fruchtbare Gau und an die blauen Berge der buchenreichen. Alp iw nebelgrauer Ferne ßchauten»
Jetzt steht an der Stesse der Ritterpala- sie ein bescheidene« Häuschen, wo Wcin und Bier den Durstigen labt. Wo einst der Ritter große Sporen klirrten, da dufter nun unter Hunderten von Blumen und Küchengcwach« sen der Rittersporn, und wo einst muthigr Rosse schnoben d» werden jetzt Kegel geschoben»
Von der Burg herab führen steinerne Stufen in die Stadt, über die der schönen Kirche mächtiger Thurm seine glänzende Kuppel erhebt. Der Platz um die Kirche ist mit Bäumen besetzt, und im Innern derselben erblickt man viele Gemälde, Bildhauerarbetten und Grabschristen.
Der Marktplatz und seine Umgebung ist sehenswerth.
Eine frequente Slraße geht durch die Stadt, die mit einer berühmten Post versehen ist. Handel und Verkehr scheint sehr lebhaft zu sepn.
Fruchtbare Aecker, fette Wiesen mit Bäumen, und angenehme Gatten umgeben die Stadt, die dem Erzähler dieses je länger, je lieber wurde, und dem bei seinem Scheiden von dort einer rieselnden Quelle beblümter Rand mitgab in seine Heimath — ein liebliches Vergißmeinnicht.
Ein Student der die Absätze an seinen Stieseln abgelaufen, kam zu einem Schuhflicker, und redete ihn folgendermaßen an: „O du flrGiger Wiederherstcller baufälliger lederner Füße und Beinscheiden! Hefte mir doch zwei Halbzirkel auf die meinigen!" Der Schuhflicker sah ihn verblüfft an und sagte: „Ich verstehe den Herrn nicht, soll das deutsch scyn?" Wollte der Student seinen Zweck erreichen so mußte er reden wie andere Leute.