scbon die letzte auf Erden — aber durch Bitten und Fichen seinen Sinn ändern zu wollen, das wagte sie nicht, denn die fromme Stimme ihres Herzens sagte ihr. trotz dem Sturme ihrer Seele: der edle Ludwig kann ja nicht anders!
Nur um eins beschwor sie ihn: daß er nicht zu früh von ihr scheiden und noch wenigstens ein halbes Jahr an ihrer Seite verweilen möge, damit sie seine Nähe in wehmülhigcr Freude recht genießen und einen langen, schmerzlichsüßen Abschied von ihrem Licbcsglücke nehmen könne. Gern sagte der Herzog dieser Bitte die Gewährung zu, denn sie stimmte ja auch mit seinen Wünschen überein.
Von nun ckn sah man das edle fürstliche Paar fast nie getrennt. Oft saßen die treuen Liebenden in einer Laube des Schloßgartens, und freuten sich der noch glücklichen Gegenwart, der Gunst des Augenblickes dankend; doch jedesmal mischte sich sanfte Trauer in diese stille Wonne, denn sie konnten sich nie der trübe» Gedanken an die Zukunft erwehren, die drohend wie ein furchtbares Ricsenbild auf sie heranzuschrcilcn schien. Da versuchten sic durch den Zauber der Töne ihre wunden Herze» zu erheben, und Ludwig ergriff dann oft die Laute und sang aus den Liedern des wackern Minnesängers Otto von Bottenlaub:
War' Christuslohn nicht allzusüße.
Ich ließe nicht die liebe Gattin mein.
Die ich viel tausendmal von Herzen grüße; Mein Himmelreich, das soll sie scyn!
Mein Himmel ist nur wo sic wohnt allein, Herrgott, so gib mir Deiner Hülfe Schein, Daß ich noch ihr und mir erkämpf' die Gnade De«».
Und Katharina crwiederte dann mit ihrer sanften silberhellen Stimme:
Er sagt, sein Himmel das sc» ich.
Und ich Hab' ihn zum Gotte mir erkohren.
O daß er nie von meiner Seite wich!
Herrgott vcrgieb, und zürne nicht,
Er ist zur Freude mir geboren,
Mich tröstet seiner Augen Licht.
Des Herzens Rnd', mein Wunsch, mein Glück, Mein ganzer Reiebthum ist verloren,
Kehrt er nicht einst aus heil'gem Land zurück.
So verging dem zärtlichen Paare ein Tag der schmerzlichsüßen Wonne nach dem andern, und immer näher und näher rückte die Zeit heran, welche die bittre Trennungsstunde hcrbeisührcn sollte.
Vollrath von Pogreli hatte unterdessen seinen Bruder Franz nach Bneg gebracht, der sich bald durch sein hciircs Wese» und durch die treuste Beobachtung seiner Pflichten die volle Zuneigung des Herzogs und seiner Gemahlin erwarb. Jedermann liebte den schönen freundlichen Pagen mit dem schwarzlockigen Haar und dem sanften anziehenden Blicke, und eS mögt« am ganzen Hofe nur Einer seyn, der ihm nicht von Herzen wohiwollke. Dieser Eine war Seyfried von Tempelfeld, auch ein Edelknabe im Dienste der Herzogin. Er glaubte, der neue Ankömmling werde ihn aus der Gunst der
.-Herzogin verdrängen; und er hatte so ganz Un- recht nicht, denn Franz wußte sich bald beliebt zu machen, und Katharina wäre ihm schon allein dcß- wcgen gewogen gewesen, weil ihn ihr Gemahl in der letzten Zeit seiner Anwesenheit ihr empfohlen hatte.
Schrecken und Trauer verbreiteten sich sowohl am herzoglichen Hofe, als auch in der ganzen «tadt Bricg, als die bisher noch gehcimnißvolle Nachricht kund wurde: der geliebte Landesherr werde sei» Reich verlaffen und »ach dem Morgen» lande pilgern. So groß war die Anhänglichkeit der wackern Leute an ihren Herrn, daß sich der Magistrat und die ältesten Bürger gleich nach er- . sehollener Botschaft auf das Schloß begaben, und ! den Herzog fußfällig baten: er möge doch seinem treuen Volke ein solches Herzeleid nicht anthun. Der ! gute Ludwig war bis zu Thräne» gerührt und ver- ^ sicherte den Biedermännern: daß nur ein, seinem sterbenden Vater geleistetes Gelübde, ihn bestimmt hätte, sein theureS Land zu verlaffen, und daß er, so schwer «s ihm auch ankomme, jetzt endlich diesen Schwur erfüllen, muffe. Mit Bctrübniß gingen die Abgesandten zurück und allgemeines Wehklagen erfüllte Stadt und Land. An Sonn- und Festtagen waren die Kirchen voller als je, denn jeder Unterthan betete jetzt mit frommem Herzen zum Himmel: daß er de» edlen Landesvater beschirmen möge auf der weiten gefährliche» Rcise, damit der Aligelicbte bald zu seinen Kindern zu- rückkehrcn könne.
Endlich erschien der Tag der Trennung. Groß war der Schmerz des liebenden, herzoglichen Paares, groß die Bctrübniß der ihm ergebenen Hof- lcute und treuen Bürger. Katharina schien zu vergehen in schwerem Leide. Zehnmal nahm sie Abschied von dem geliebten Gcmahle und wollte nebst ihrem Kinde in das einsame Kloset zurückge- hcn, um dort sich auszuweincn; aber eben so oft kehrte sic wieder um, umschlang mit neuer Heftigkeit ihren theuren Gatten und benetzte seine Wange» mit ihren heißen Thräne». Die immer sich erneuernde Lual erschöpfte endlich ihre Kräfte und bewußtlos glitt sie aus Ludwigs Armen auf den weichen RasenTeppich nieder. Der tief erschütterte Herzog benutzte diese Ohnmacht, um sich, was doch endlich geschehen mußte, von der Theuren loszu- reißcn; er küßte noch einmal die blaffen Wanzen seines einzig geliebten Weibes, empfahl die Arme der Sorge und Obhut ihrer Dienerund Dienerinnen, drückte noch einmal den liebliche» kleine» Sohn an sein Vaterherz, ihn still und mit schmerzlichen Gefühlen segnend, schwang sich dann auf sein Roß und sprengte, begleitet von seinem treuen Stallmeister Vollraih und einigen Knappen, zum Burg- thore hinaus. Unzählbare Thiäncn stoffen, tausend Glückwünsche wurden ihm von seine» Briegern nachgcrufen.
(Fortsetzung folgt.)