Aus Stadt und Kreis Haiw
IkumLL clu
Eine Mutter schreibt uns: Mitten im Alltag überrascht dich der Gedanke: wenn heute di« Siegesglocken läuten würden — könntest du dann bestehen? — Ist das nicht wie am letzten Muttertag? Da lag eine Karte mit den steilen Schriftzügen der Erstkläßler neben meinen Blumen: „Der besten Mutti der W e l t!" Und da war ich nahe daran, im ersten Augenblick beschämt zu sein lind ich fragte mich selbst: Bist du wirklich immer und in allem die beste Mutti der Welt gewesen? —.''Und das Vertrauen des Kindes hat mich so tief erschüttert, daß ich mir von neuem gelobt habe, ohne jeden Dank und ohne Entgelt das ganze Leben lang weiterzuschasfen und zu sorgen bis zum letzten Tage meines Atems.
So ist es wohl auch mit diesem Krieg. Unsere Männer, Väter und Söhne erfüllen ihre Pflicht bis zum letzten Atemzug. Auf sie wartet die Heimat am Ende mit ihrem schönsten und stärksten Dank. Ihnen werden wir einmal aufrichtigen Herzens sagen können, daß sie die besten Soldaten der Welt gewesen sind. Und wir in der Heimat? Du und du, wir alle, werden wir einmal das Recht haben, unseren zurückkehrenden Soldaten offen ins Auge schauen zu dürfen: Auch ich habe mitgekämpft.
Auch ich habe mein Teil geschafft und entbehrt und habe durchgehalten mit dem ganzen Herzen. Werden wir das einmal können, wenn all die Kämpfer vor uns stehen und fragen: Das tat ich für dich — was tatest du für mich?
4l«ch ist es Zeit, den Sinn zu ändern. Jeder Tag wartet auf uns mit einer Fülle von Arbeit und Pflichten, und jeder Tag, den wir in der Heimat mit fröhlichen: Herzen und Mut überwunden haben, ist für unsere Feinde eine Niederlage, die sie nicht mehr entgelten können. Was der Soldat mit seinen Waffen erreicht, das erreichen wir Mütter in der Heimat mit dem Herzen und dem unerschütterlichen Mut. — Man weiß doch, wie 's ist im kleinsten Raum, den wir beherrschen: daheim. Klingt unser Lied durch die Küche, dann kann gar- nichts mehr im Hause traurig sein. Und geht unser Mut bis zum Ende, dann kann das Ende nur gut werden. Aber um ganz froh sein zu können, müssen wir vielen Wünschen still entsagen und manche Sehnsucht einschließen in unsere Seele. Aber das holen wir alles wieder heraus, wenn der Tag gekommen ist, wo unsere Männer und Söhne wieder zu uns kommen und sagen: Du warst die beste Mutter der Welt. Und dir und deinen Kindern zuliebe ba- ben wir gesiegt! Wirst du dann bestehen kön-
kung im Gaststätten- und Beherbergungsge- werbe angeordnet, die am 1. Novemb ei dieses Jahres in Kraft tritt. Sie betrifft di« Preise für Essen, Wein-, Kaffee- und Teeausschank, Unterkunft usw. Dort wird bestimmt baß Wein-Schorle mindestens 50 v. H Wein enthalten muß und den Preis von 60 Pfg. je Viertelliter nicht überschreiten darf
Oer Rundfunk am Wochenende
Samstag. Netchsvrogramm: IS bis 18 Ubr: Zwei frohe Stunden zum Wochenende: IS bis 18.16 Ubr: Mittelineerskizzcn: 20.20 bis 21 Ubr: Zeitgenössische Musik: ab 22.30 .Ubr: Beschwingt« Weisen. — Deutschlandsender: 17.10 bis
18.30 Ubr: Konzert: 20.18 bis 22 Ubr: Konzertver- anstaltung der Berliner Philharmoniker.
Sonntag. Reichsprogramm: S bis 10 Ubr: „Schabkästlein" mit Eugen Klüpfer als Sprecher:
11.30 bis 12.30 Ubr: TaS Breslauer Runüiunk. orchester spielt: 14.30 bis 18 Ubr: Märchcnspiel ..Rotkäppchen": 18 bis 18.30 Ubr: Filmmusik: 18 bis 18 Ubr: Klingende Grübe für Front und Hei-
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mat: 18 bis 19 Ubr: Die Wiener Philharmoniker bringen Werke von Mozart und Hugo Wolf: 20.28 biS 22 Ubr: Operette von Heinz Hentschke: „Hoch- zciisnacht im Paradies". — Deutschlandfen» Ser: 18.30 bis 18.88 Ubr: Solistcnmusik: 18 bis 19 Ubr: Unterhaltsame Charakterstücke: 20.18 bis 21 Ubr: Blumenlicder klassischer Komponisten: 21 bis 22 Ubr: Aus Over und Operette
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Morgen öffentliches Liederfingen
Anläßlich" der 2. Reichsstraßensammlung stellen sich am Sonntag neben den Männern und Frauen der DAF. auch die Calwer Gesangvereine mit einem „öffentlichen Liedersingen" in den Dienst des Kriegswinterhilfswerks. Es singen der „Calwer Liederkranz" und ein Schülerchor der Deutschen Volksschule Calw von 11—12 Uhr auf dem Marktplatz und der „Eisenbahnsingchor" von 11.15—12.15 Uhr auf . Sem Bahnhofvorplatz. Die Bevölkerung ist zum Besuch dieser Lieocrstunden herzlich eingelaoen.
Wer andern eine Grube gräbt...
Ter Volksmund sagt von dieser verächtlichen Sorte Mensch, daß sie in die hinterhältig vorbereitete Grube selbst hineinzufallen pfleg«. Er trifft damit nicht nur den Nagel auf den Kopf, sondern gibt auch dem gesunden Gefühl der Abneigung Ausdruck, das man gemeinhin für Leute empfindet, die auf krummen Wegen unlautere Ziele verfolgen. Zu den letzteren zählen auch die anonymen Briefschreiber. Diese glauben, im Kriege ihr gewissenloses Treiben ungestört fortsetzen zu dürfen und entwickeln dabei sogar eine gewisse Vorliebe für Wehrmachtdienststcllcn. Hier laufen leider immer wieder Briefe mit Anzeigen und Bezichtigungen ein, die aikderen Volksgenossen Schaden, zumindest aber Unannehmlichkeiten und Verdruß bringen sollen.
Der beste Ort für anonyme Schreiben ist noch immer der Papierkorb gewesen. Heute hat man indessen — besonders bei der Wehrmacht — Gründe, solche Briefe etwas näher unter die Lupe zu nehmen. Sehr zum Leidwesen der Denunzianten selbst, denen es dann unnachsichtlich an den Kragen geht. Daß di« Justiz heute mit solchen trüben Zeitgenossen kurzen Prozeß macht und mit gutem Recht nicht das mindeste Verständnis für ihre Entschuldigungen und Ausflüchte aufbringt, hat erst kürzlich wieder eine Verhandlung in Leonberg gezeigt. Das dortige Amtsgericht verurteilte einen anonymen Briefschreiber we- ,en wissentlich falscher Anschuldigung und Ver- eumdung zu 3 Monaten Gefängnis.
Solche Strafen sin- eine scharfe Warnung an jene, glücklicherweise nur vereinzelten und oft mißleiteten Volksgenoffen, denen das Scham- abgcht, sich der anonymen Anzeige zu
«dienen. Mögen sie in Stunden der Versuchung immer an das alte Sprichwort denken: Der schlechtste Kerl im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant!
„Der verkaufte Großvater"
Volkstheater Calw
Das ländliche Spiel vom verkauften Großvater ist eine derb-komische Angelegenheit aus Oberbayern. Ein alter fuchsschlauer Sonderling, der es versteht, durch profitliches Sich- dummstellen, durch Dickfelligkeit und gespaßige Narreteien andere hereinzulegen, ohne dabei der unverwüstlichen Güte seines Vaterherzens etwas zu vergeben, demonstriert handgreiflich, wie man durch „Lebensweisheit" ein „Glückspilz" wird. Seine Schläue hilft dem Sohn, den durch einen rücksichtslosen Händler gefährdeten, verschuldeten Hof retten und dem Enkel zu einem Mädel mit dicker Mitgift. Der knitze Alte haut seinen skrupellosen Partner gründlich übers Ohr, sorgt dafür, daß dieser neben der Schande auch noch den Spott zu tragen hat und präsentiert sich zum Schluß als wahres Prachtexemplar eines Großvaters.
Joe Stöckel läßt als Spielleiter nicht nur die lustige Handlung flott und ungemein ergötzlich vorüberziehen, das Leben eines ganzen Dorfes mit Menschen und Getier ist in diesem fröhlichen Film eingefangen. Und die Welt der Berge blickt auf das komische Unwesen der Menschlein, auf ihr deftiges Festen, Lieben und Treiben herab. Josef Eichhcim spielt den Großvater so, daß man ihm den närrischen Alten wirklich glaubt. Dem verschlagenen Händler gibt Oskar Sima lebensnahe Züge. Winnie Markus, Carl Wcry, Erna Fentsch, Wastl Witt, Erhard Sicdel und Albert
Janschek sind in den weiteren, tragenden Rollen glücklich bemüht, die natürliche Note dieses ländlich-heiteren Films zu wahren, so- daß man beim Beschauen ungetrübte Freude empfinden kann. — Im Beiprogramm ein empfehlenswerter Kulturfilm und die neue Deutsche Wochenschau. kr. n-vs sci-e-ie.
Morgen spricht Or. Goebbels
zur deutschen Jugend und Elternschaft
Am morgigen Sonntag findet die Eröffnung der I u ge n d f ilm stu nd en der Hitler-Jugend 1942/43 im Ufa-Palast am Zoo in Berlin statt, auf der Reichsminister Dr. Goebbels zur deutschen Jugend und zur Elternschaft sprechen wird. Der Rundfunk überträgt die Kundgebung in der Zeit von 10.15 bis 11 Uhr über alle deutschen Sender.
Rähmittel aus Sonderabschnitt I
Die Reichsstelle für Kleidung weist darauf hin, daß als Nähmittelabschnitt auch der Sonderabschnitt I der zweiten Reichskleiderkarte gilt. Bis zum Ablaufder Gültigkeitsdauer der zweiten Reichskleiderkarte am 31. August 1943 hat also auch der Sonderabschnitt I Gültigkeit. Wie bei den anderen Nähmittelabschnitten der zweiten Reichskleiderkarte hat die Abgabe der Nahmittel an Verbraucher ohne Abtrennung eines Vunktabschnittes zu erfolgen; eS ist »n»«NLsfig. v«,
Nabmitteln abzulehnen, weil hierfür Ivmstt, nicht eingenommen werden dürfen.
Preissenkung in Gaststätten
Die Preisbildungsstelle des Wiirtt. Wirt- schaftsministeriums hat eine, neue Preisftn-
Dienstnachrichten. Zu Steuerassistenten ernannt wurden die ap. Steuerassistenten Huber und Burkhardt bei dem Finanzamt Neuenbürg, Hegel bei dem Finanzamt Altensteig und Schnepf bei dem Finanzamt Herrenberg.
Bitte um Lesestoff für Frontlazarette! In herzlichen Worten dankt« wieder der Führer einer Einheit im Osten für den laufend von der DRK.-Kreisstelle Calw an die Verwundeten gesandten Lesestoff! Monatshefte aus jüngster Zeit (auch ganze Jahrgänge) sowie Illustrierte Zeitungen werden ständig auf der DRK.-Kreisstelle Calw, Landratsamt, Markt- plätz, Zimmer 15, entgegengenommen, größere Pakete auf Anmeldung abgeholt.
594.61 RM. Gesamtergebnis der Kindersammlungen. Bei der DRK.-Kreisstell« Calw gingen aus Kindersammlungen in diesem Jahr insgesamt 447.11 RM. zu Gunsten des Deutschen Roten Kreuzes ein, während 147.50 Reichsmark bei der NSB.-Kreisamtsleitung von den Kindern abgeliefert wurden.
Am Sonntag Jugendfilmstunde. Am Sonntag wird tm „NnlkstN-gter Calw" eine Ju- gendsjlmstunde der Hitlerjugend durchgeführt. Es werden hierbei die Reden von Reichsminister Dr. Goebbels und des Reichsjugendführers übertragen.
Wochenvienftplan der HI.
HI. Standort Calw. Sonntag: 9.45 Uhr Antreten zur Jugendfilmstunde.
HI. Gef. 1/401. Samstag: Sämtliche Scharführer der Gef. treten um 20 Uhr im Dienstzimmer an. — Sonntag: Gefolgschaftsappell. Antreten der Scharen Handelsschule um 8 Uhr vor Bau 6. Antreten der Scharen Calw und Alzenberg um 8.15 Uhr auf dem Markt- Platz (Winterdienstuniform). Pflichtdienst!
Zeder Spargroschen Hilst zum Endsieg
Von V/altker keilile, Präsident des >Viirtt. Barkassen- und Oiroverbandes
»Das richtige Sparen hat ebenso volkswirtschaftlichen Sinn, wie es Vorteile für den Sparer selbst hat. In unserer nationalsozialistischen Wirtschaft ist das, was dem Ganzen dient, auch immer am besten für jeden einzelnen", so umriß Bernhard Köhler das Wirkliche Wesen des Sparerfolges. War es schon im Frieden ein Ausfluß weiser Planung und Vorsorge des gesunden Instinkts und der Ueherlegung, auf Ausgaben zu verzichten, um später sich und der Familie etwas Besseres zu gönnen, so gilt das ganz verstärkt während des jetzigen Freiheitskampfes. Man hat sich im persönlichen Bedarf ans das Unaufschiebbare zu beschränken, außerdem bleiben zahlreiche Verbrauchsgüter jetzt nicht greifbar. Je mehr wir von dem Ertrag unserer Arbeitsstunden unverbraucht zurücklegen und über die Sparguthaben bei den Sparkassen, Banken, Bausparkassen und Lebensversicherungen der deutschen Kriegswirtschaft zur Verfügung stellen, um so mehr wächst der Spielraum für die Herstellung von Kriegsgütern. Jeder "Spargroschen hilft auf diese Weise wirklich unmittelbar mit zum Endsieg. Wir stellen erarbeitete Kaufkraft für höhere Zwecke zur Verfügung. Die nicht verbrauchte Kaufkraft gehört auf Sparbücher.
Der Sparfleiß des deutschen Volkes als felsenfester Vertrauensbeweis hat sich während des Krieges fortgesetzt verstärkt. Allein während des ersten Halbjahres 1942 wuchs der Zuwachs an Spareinlagen um rund 10 Milliarden Mark. Deutschlands Sparkonto erreichte bereits etwa 65 Milliarden Mark und hat sich damit gegenüber der Vorkriegszeit etwa verdoppelt.
Württembergs sprichwörtliches Spar- sireben bekundet sich hierbei eindrucksvoll. Wir zählen beispielsweise allein bei den öffentlichen Sparkassen unseres Gaues vom 1. Januar bis 30. September 1942 schon 421,1 Millionen Mark Zuwachs an Spareinlagen oder 23 v. H. gegen 427 Millionen Mark Erhöhung im ganzen Jahr 1941. Die Sparguthaben stehen mit 2,282 Milliarden Mark wert jenseits der 2-Milliardcn-Grenze; die gesamten Einlagen verstärkten sich um 484 Millionen Mark auf 2,787 Milliarden Mark oder über 21 v. H. An Eisernen Spargeldern, die stetig wachsen, waren bis Ende September bei den Sparkassen allein 17,2 Millionen Mark eingezahlt.
Wer beute spart, sorat für seine Kauffähia-
keit nach dem Endsieg und erhöht tatsächlich seine Kaufkraft für die Güter, die wir jetzt nicht anschaffen können, bis sie uns nach dem Sieg ausreichend preiswürdiger uied bester zur Verfügung stehen. Das Eiserne Sparen erleichtert den Lohn- und Gehaltsempfängern die Möglichkeit, ihre Kaufkraft zu horten, damit sie später verstärkt und vorteilhaft zum Zuge kommen kann. Dreieinhalb Millionen Gefolgschaftsmitglieder sparen monatlich schon rund 70 Millionen Mark eisern. Ihnen bieten sich besondere Vorteile durch Freiheit von Steuern und Sozialverstche- rungsbeiträgen für die Mittel zum Eisernen Sparen. Neuerdings verbreitet sich das Eiserne Sparen dadurch, daß ab 1. Januar 1943 der Mindestbetrag herabgesetzt worden ist auf
5 Mark monatlich oder 1 Mark wöchentlich, statt bisher 13 oder 26 Mark monatlich, 3 oder
6 Mark wöchentlich. Hiermit sammeln sich für den einzelnen steigende Sparkonten an, die ihn später seine zurückgestelltcn Bedürfnisse befriedigen lassen. Wir denken auch nicht zuletzt an die Ausstattung und Wohnungseinrichtung, die Soldatenbräute ersparen »vollen.
Irgendein Sparziel verfolgt jeder und sei es nur allgemein die Sicherung der Lebensführung. Er erstrebt aber auch, sagen wir, dereinst den Staubsauger, daS- eigene Haus, den Kleingarten, die Reise nsw. Im Bausparen legt er den Zweck vertraglich fest. Dabei brauchen die Summen nicht nur zum Hauserwerb gelangen, sie können auch für Instandsetzungen, Umbau usw. Verivendet werden. Wenn jemand heute statt zu sparen, irgendwelche noch greifbaren Lnxussachen überteuert und qualitativ minderwertig erwirbt, beraubt er sich selber seiner Kaufkraft. Er wirft das Geld zum Fenster hinaus und hat nur einen Scheinwert erstanden, denn die Ersparnisse unseres Volkes sind wertvollstes Volksvermögcn. Sie stehen unter der Ar- üeitshoheit der Nation. Jegliche Gefahr des Mißbrauchs der Spargroschen durch internationale Geschäftemacher ist durch das Recht auf Arbeit und die Arbeitswährung beseitigt. Im übrigen verbürgt die gesamte Kraftan- -spannung des Volkes, vor allem aber der Einsatz unserer Wehrmacht, allein die Sicherheit. Darum haben alle jeden überflüssigen Groschen auf Sparguthaben anschreiben zn lasten, wozu jetzt mit besonderem Nachdruck die Spar wo che vom 26. bis 3l. Oktober auffordert. Was die Heimat erspart, wird der Front reichlich gegeben.
Assüpzerasr ksutnsn1s Aergkofj
Roman von Eustel Medenbach 22. Fortsetzung
Maria Paulowna wartet. Sr« ist ihre Angst, noch immer nicht ganz los geworden. Da hebt er sie auf und trägt sie in das kleine Zelt.
In ihren von süßen Träumen umrankten Schlaf dringt nicht das Stampfen der Pserde, das Rauschen des Windes. Sie halten sich noch im Schlaf fest umschlungen und sind eins.
Mit roten Zungen streichelt das Feuer über das kleine Zelt. Die Sterne singen ihr leisestes Lied. Alles ist Schweigen und Einsamkeit.
Wochenlang sind sie jetzt schon unterwegs.
Wenn sie. wieder einmal nach langer Fahrt ein elendes Dorf erreichen, dann bleiben sie oft tagelang, weil Maria Paulowna einfach nich, mehr weiter kann und sich erst erholen mutz.
Sie haben den Jrtisch überschritten unü wenden sich nach dem Balkaschsee, den sie aber reckits liegen lasten. Nach langen Wochen erreichen sie endlich ein größeres Dorf. Man warnt sie, weiterzuziehen.
Berghoff fragt warum. Die Leute zucken mit den Schultern. „Kosaken!" Bsrghoff sucht nach einem Führer, der es ermöglichen könnte, trotzdem durchzukommen. Nach langem Zögern wird ihm endlich ein Name genannt. „Muda."
Wer ist Muda? Muda ist ein Mongole, der das Gebirge kennt wie kein anderer. Der sein eigenes Leben wie einen Heldengesang erlebt. Sein Kopf steckt voller Gedichte und Sagen über die Raubzüge seiner Väter. Die Männer hören ihm zu, wenn er in seiner Hütte sitzt und erzählt. Die Frauen und Mädchen preisen ihn den Tapfersten und Mutigsten.
Muda war fünfmal verheiratet und unzäh- ligemal schwer'verwundet, als er seine Bande quer durch die schlafenden Kosaken brachte. Er selbst erschlug mit eigener Hand mehr als fünfzig Kosaken, und keiner der Feinde fiel außerhalb eines ehrlichen Kampfes. Die meisten jest ner Verwandten sind im Kampf gefallen, und ihre Kinder ehren ihn, wenn er zu ihnen kommt.
Das ist Muda, dessen Name man Berghosf flüsternd nennt. Er geht zu ihm hin.
Berghoff betrachtet ihn aufmerksam und ist ein klein wenig enttäuscht. Muda ist nur ein wenig über mittelgroß und schmal. Sein Gesicht ist hager und durchfurcht, seine Stirn ist niedrig und breit, seine Nase breit und sein Mund voll und beweglich.
Di« Augen sind schmal aber lebhaft und besitzen einen harten schimmernden Glanz. Das rst Muda, der Mongole.
In der warmen Stube sitzen sie sich schweigsam gegenüber. Muda weiß, warn" Fremde zu ihm kommt. Er weiß alles, was rn den Dörfern und in der weiten Steppe vorgeht.
Sie trinken Tee und Schnaps und rauchen einen ausgezeichneten Tabak, der nicht in Ruß-
ist.
Dann bringt eint junge Frau einen großen Braten von einem erst geschlachteten Schaf, Das Fleisch ist sehr zart Und gut zubereitet. Berghoff ißt wenig, Muda große Mengen davon.
Rach dem Esten läßt der Mongole seine Hunde herein. Es sind große, starke Tiere, die auf den Mann dressiert sind. Berghoff steht, daß sie der ganze Stolz ihres Besitzers sind uno spart nicht an Lob über ihre Starke, ihre Schönheit, und den seidigen Glanz ihres Felkes. Muda ruft den Hunden ein Wort zu. Si legen sich an seine Seite, und ihre klugen Augen verstehen alles.
,T)u willst über das Gebirge?" fragt Muda plötzlich mitten aus einem anderen Ges-^üch heraus und sieht Brr, Z? dunDrnmend an.
„Weißt du, daß das mit zwei Frauen fast unmöglich ist?"
„Man hat mir gesagt, daß Muda das Un, mögliche möglich macht", 'entgegnet« Berghoff und ist froh darüber, daß sich jetzt endlich das Gespräch dem entscheidenden Pu nkt zu wendet.
„Die junge ist wohl deine Frau, und die andere ihre Dienerin?" fragt Muda.
«Ja."
„Man hat mir gesagt, daß deine Frau sehr schön sein soll", sagte der Mongole und streichelt zärtlich die Köpft seiner Hunde. „Es müs- ftn wohl triftige Gründe sein, daß du ihrer Schönheit die Anstrengungen einer so weiten Reise zumutest?"
„Wir sind auf der Flucht vor der Revolution. Vor dem Mord", erwiderte Berghosf ehrlich und sucht im Gesicht des anderen zu lesen.
Mudas Gesicht verrät nichts, was er denkt.
„Man hat mir weiter gesagt, daß nur Muda, der Mongole, uns sicher über die Grenze in Sicherheit bringen kann. Deshalb bin ich bier."
Der Mongole lächelt. „Die Leute sprechen viel." Er beginnt von etwas anderem zu sprechen und kommt mit keinem Wort aus den Zweck von seines Gastes Besuch zurück.
Nach drei Stunden geht Berghosf. Anscheinend ist sein Gang vergebens gewesen. Er weiß es nicht. Muda begleitet ihn bis vor das Haus und will heute abend Berghoffs Besuch erwidern. Berghosf sagt, daß er sich sehr darüber freut und geht niedergeschlagen zu Maria Paulowna, um ihr von der Ergebnislosigkeit seines eigenen Besuches bei Muda zu erzählen.
Der Tag vergeht in einer quälenden Ungewißheit. Spät am Abend kommt Muda. Berghoff trinkt mit ihm eine halbe Flasche Rum aus und spricht über gleichgültige Dinge.
„Der Weg über das Gebirge ist sehr beschwerlich", sagt Muda plötzlich zu Maria Paulowna. Es ist das erstemal, daß er sich persönlich an sie wendet.
„Aber wohl kaum beschwerlicher als die weit« Strecke, die wir bis hierher zurückgelegt haben",. entgegnet« Maria Paulowna und ge- winnt wieder Hoffnung.
„Der Weg führt mitten durch das Gebiet dei Kosaken. In diesem Jahr haben sie ihre Zelte noch weiter -südlich ausgeschlagen. Ls ist sehr wahrscheinlich, daß wir mit ihnen zusammen-
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I von 19.19 dis 7.27 Uhr >