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auch die Sachen, welche sie bei sich führten, beliefen sich nicht so hoch. Wenn man ihnen nur aber eine längere Frist gönnen möchte, so würden sie'gcwiß nicht nur das geforderte Lösegeld, sondern auch noch mehr für meine Loelaffung bezahlen.
Aber meine Gegenvorstellung fruchtete nichts. „Wenn bis zur bestimmten Zeit," sagte der Haupkmann kalt: „die tausend Dukaten nicht in meinen Händen sind, so wirst Du wie jene Frau, deren Leiche Du gesehen hast, ermordet, oder Du wirst das Weib eines meiner Banditen! Längere Frist gestatte ich nicht. Morgen mit dem Frühsten haben wir einen neuen Raubzug vor, und dann muß ich über Dich völlig im Klaren sehn. Nun kein Wort mehr! Setze Dich und schreibe — denn jede Minute ist kostbar !"
Ich gehorchte schaudernd, und es läßt sich denken, daß ich meine Freunde um schleunigste Hülse bat. Als ich die Feder »ieder- legte, nahm der Häuptling das Blatt, durch- laS es, und nickte als Zeichen seiner Zufriedenheit mit dem Kopfe. Dann setzte er sich neben mich hin, und schrieb unter meine Worte noch folgende Zeilen:
„Beim Teufel! ich halte mein Wort, so wahr ich ein rechtschaffener Bandit bin. Darum schafft das Geld herbei. Und noch eins! Wird einem von den beiden Burschen, die den Brief bringen und die tausend Dukaten von Euch in Empfang nehmen sollen, nur ein Haar gekrümmt, so stirbt Eure Freundin, die in meiner Gewalt ist, des marter- vollsten Todes. Darnach richtet Euch! — Ieronimv."
Er ließ mich diese Nachschrift lesen, machte den Bnefzu, und sagte zu der bleichen Frau: „Lorctta, gib dieser Donna ein Glas Wein zu trinken." Und zu mir sich wendend, fuhr er fort: „Du kannst Dich, wenn Du ermat- t el bist, immer ein wenig schlafen legen; ich werde Dich schon rufen, wenn eS Zeit ist!" Darauf gieng er hinaus.
Mit einem Blicke, in dem Schauder und Verachtung sich mischte, sähe ich dem frechen Spötter nach. „Arme Signora!" sagte die
blasse Frau, als wir allein waren : „ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen, daß Sie durch den bereitwilligen Eifer Ihrer Freunde aus den Händen dieser Räuber erlös't werden möchten, damit Ihnen nicht ein Schicksal bevorstände, wie das der ermordeten Frau auf dem Berge, oder das meiuige!" Sie sprach die letzten Worte mit sehr gepreßter Stimme, und wandte sich sogleich ab. Ihr Ton hatte so etwas Gutmüthiges und Rührendes, daß ich trotz der eigenen Augst von dem innigsten Mitleid für die Leidende ergriffen wurde.
So sind Sie. auch nicht aus freier Wahl hier ? fragte ich sie thcilnehmend.
„Ich wurde gefangen, wie Sie," gab sie zur Antwort; „aber meine feindselig gesinnten Brüder wollten oder konuten den für meine Auslieferung geforderten Preis nicht zusammen bringen. Ich hatte nun die Wahl,
! eines gewaltsamen TodeS zu sterben, oder, da mich Jeronimo hübsch fand, dessen Weib, oder wahrer gesagt, Buhlgesährtin zu werden, dann Von einer priesterlichen Einsegnung ist bei den Ehebündniffcn der wilden Waidbrüdcr nicht die Rede. Die Furcht vor einem gräßlichen Tode ließ mich das Letztere wählen, aber ich habe meinen Kleinmuts», der mich der Schande Preis gab, schon schwer bereut. Ach, wohl mir, wenn ich nicht mehr lebte!"
Ich war tief ergriffen von dem schreckst', chcn Schicksal der Armen. Und ist denn Flucht ganz unmöglich? fragte ich sie leise.
„Niemals ist man hier ganz unbewacht." antwortete sie. Und wehe der Unglücklichen, die man bei einem solchen Versuche ertappte. Mit den ausgesuchtesten Martern würden die Unmenschen sie hinrichten."
(Fortsetzung folgt.)
Auflösung SeS Räthsels in Nro. 57. Thurm, i. Muth. 2. Hut. z. Rum. 4. Der U r. 5. Dir Uhr. 6. Ruhe.